Bilder einer leeren Rundschau-Redaktion

Der leere Newsdesk (Foto: Bernd Berke)

Der leere Newsdesk (Alle Fotos bis auf die WR-Doppelseite: Bernd Berke)

Heute, am 31. Januar 2013, ist der letzte Tag der Rundschau-Redaktion. Der allerletzte. Für immer.

Ab morgen werden – je nach Lokalausgabe – Journalisten von Ruhr-Nachrichten, Hellweger Anzeiger, Westfalenpost oder Lüdenscheider Nachrichten die leere Hülle mit dem Titel „Westfälische Rundschau“ füllen, während der überregionale Mantelteil vom zentralen Essener Newsdesk der WAZ-Gruppe geliefert wird. Da wird zusammengestoppelt, was nicht zusammen gehört. Nennt das Resultat Zombie, nennt es sonstwie; es ist allemal beispiellos in der bundesdeutschen Presselandschaft. Und es ist (ab Samstagausgabe, 2. Februar) nicht mehr die Rundschau – ganz egal, was vorne draufsteht.

Die leere Nachrichten- und Politik-Redaktion (Foto: Bernd Berke)

Die leere Nachrichten- und Politik-Redaktion

Der traditionsreiche Name der Zeitung, die erstmals am 20. März 1946 erschienen war, ist also fortan nur noch ein unsinniges Signal ohne wahre Bedeutung. Das Blatt ohne eigene Redaktion, mithin auch ohne eigenen Geist und eigene Meinung, wird als untotes Mischprodukt durch die Medienlandschaft geistern. Aber wie lange noch? Es hat offenbar schon in den letzten Tagen Abo-Kündigungen gehagelt. Und wenn die Menschen erst merken, was ihnen da künftig vorgesetzt wird… So leicht lässt sich der Westfale nicht „beim Bock tun“.

Der leere Konferenzraum (Foto: Bernd Berke)

Der leere Konferenzraum

Bei Durchsicht meiner alten Fotos, die ich in der Dortmunder WR-Zentraledaktion am Brüderweg aufgenommen habe, bin ich auf einen Stapel gestoßen, der mir ziemlich genau zur heutigen Atmosphäre zu passen scheint. Die Redlichkeit gebietet es, die Entstehungszeit zu markieren: Nach einem Desk-Spätdienst am 28. November 2008 war ich der letzte anwesende Redakteur und habe die ansonsten leeren Räume fotografiert; allerdings schon in dem Bewusstsein, dass ich die Zeitung kurz darauf – nach rund 30 Jahren – aus freien Stücken verlassen würde. Natürlich mit zwiespältigen Gefühlen, wie denn sonst? Obwohl ich also selbst die Entscheidungshoheit hatte, habe ich danach einige Monate gebraucht, um mich allmählich ins neue Dasein einzufinden.

Nochmals der leere Desk, auf der Bildschirmwand die fertig produzierten Seiten. (Foto: Bernd Berke)

Nochmals der leere Desk, auf der Bildschirmwand die fertig produzierten Seiten.

Das Privileg der Freiwilligkeit genießen die Kolleginnen und Kollegen, die ab morgen erst einmal ohne Erwerbsarbeit sind, leider nicht. Sie sind völlig überraschend und äußerst kurzfristig kollektiv vor die Tür gesetzt worden. Man kann allen nur wünschen, dass sie wieder rasch in neue Lebensspuren kommen und/oder die erforderliche Zwischenzeit mit einer Abfindung überbrücken können. Die freien Mitarbeiter haben nicht einmal diesen Trost. Es ist zum Heulen. Und zum Zürnen.

Leerer Redaktionsflur, 3. Etage (Foto: Bernd Berke)

Leerer Redaktionsflur, 3. Etage

Heute wirken die hier gezeigten Bilder wie ein Menetekel. Jedenfalls liegt, so finde ich, Melancholie wie Mehltau auf der menschenlosen Szenerie. Das Motto „Der Letzte macht das Licht aus“ ist oft und manchmal allzu flapsig strapaziert worden, aber hier stimmt es.

Wo Betriebsamkeit herrschte, gähnt nun die Leere. Wo rege debattiert, zuweilen ordentlich gestritten und geflucht, aber auch viel gelacht wurde, bleibt es nun gespenstisch stumm. Wo Aktualität drängte, stehen und liegen die Dinge jetzt nur noch zum baldigen Abtransport umher.

Die Bildschirmwand, nunmehr abgeschaltet (Foto: Bernd Berke)

Die Bildschirmwand, nunmehr abgeschaltet

Heute soll es zum Abschied am späteren Abend noch einen Redaktionsumtrunk geben. Spontan habe ich gedacht: „Da gehst du auch hin.“ Doch nein! Wenn man die letzten 14 Tage nicht im Inneren der WR erlebt hat, kann man sich auf die jetzige Stimmungslage schwerlich einschwingen, die ich mir als eine Art Verzweiflungseuphorie vorstelle. Na, wer weiß. Jedenfalls rufe ich heute aus gebührender Distanz, aber kollegial und freundschaftlich hinüber: „Prost! Auf die Zukunft. Bis demnächst mal. Macht’s gut!“

Aus besseren Zeiten: Beilage zum 60jährigen Bestehen der Westfälischen Rundschau am 20.3.2006 - Doppelseite mit Porträts der damaligen WR-Redaktionsmitglieder.

Aus besseren Zeiten: Beilage zum 60jährigen Bestehen der Westfälischen Rundschau am 20.3.2006 – Doppelseite mit Porträts der damaligen WR-Redaktionsmitglieder. Vor allem ab 2009 wurde die Personalstärke schon erheblich ausgedünnt.

_____________________________