Aus alten Zeitungszeiten: Was Rapunzel mit der Rundschau zu tun hatte

"Rapunzel"-Sammelbild von 1957. (Foto: Bernd Berke)

„Rapunzel“-Sammelbild von 1957. (Foto: Bernd Berke)

Durch Zufall habe ich jetzt einen Satz Märchenbilder gefunden, der generell an bessere Zeiten im hiesigen Zeitungswesen und speziell an die Vergangenheit der Westfälischen Rundschau (Dortmund) erinnert.

Die Bildchen, die seinerzeit als Quittungen für den Bezug der „Rundschau“ ausgehändigt wurden, stammen aus den Jahren 1957 und 1958. In jenen Zeiten erschien das Blatt nicht nur bis weit hinauf ins Emsland, sondern auch noch in großen Teilen des Ruhrgebiets; vom Dortmunder Umland und Südwestfalen ganz zu schweigen.

Ausweislich der Quittungen kostete ein Monatsabonnement der Westfälischen Rundschau (WR) damals 4 Mark, ab 1958 waren 4,50 DM fällig. Man sprach noch von Zeitungsboten, erst etwa seit den 70er Jahren hieß es offiziell „Zusteller“ (wie man Auszubildende statt Lehrlinge sagte). Das klang wenigstens nicht so knechtisch, obwohl die frühestmorgendliche Arbeit davon allein auch nicht leichter wurde.

Die Rückseite des obigen Sammelbildes (Foto: Bernd Berke)

Die Rückseite des obigen Sammelbildes (Foto: Bernd Berke)

Die vorliegende Serie hat 16 Teile und steht also für 16 Monate Zeitungstreue, die ehedem noch Jahrzehnte hielt. Es handelt sich um das Märchen „Rapunzel“, das in Bild (Vorderseite) und Text (Rückseite) nacherzählt wurde. Gut denkbar, dass, in notgedrungen ziemlich bescheidenen Jahren, viele Kinder die Kärtchen tatsächlich gesammelt und sich schon auf den Folgemonat gefreut haben.

Jedenfalls dürften auch diese Bilder ein wenig zur „Leser-Blatt-Bindung“ beigetragen haben, was man von einer profanen monatlichen Abbuchung nicht behaupten kann. Doch es führt kein Weg mehr zurück.

Seit dem 1. Februar 2013 erscheint die Westfälische Rundschau bekanntlich nicht mehr als Zeitung mit eigener Redaktion, sondern als zombiehaftes Phantomblatt mit zugekauften Fremdinhalten. Umso schmerzlicher sind solche Erinnerungen.

P.S.: Hat das Institut für Zeitungsforschung (Dortmund) eigentlich auch solche kleinen Schätze in seiner Sammlung?

P.P.S.: Den müden Scherz, dass Märchen meistens in der Zeitung selbst stehen, den ersparen wir uns, ja?

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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