Das Unheil der Liebe – Auftakt zu Luc Percevals Zola-Trilogie bei der Ruhrtriennale

Foto: C.Smailovic

Szene aus „Liebe. Trilogie meiner Familie 1“ (Foto: Carmin Smailovic)

Luc Perceval, seit Jahren Garant für außergewöhnliche Inszenierungen, baut für die Ruhrtriennale eine Trilogie nach dem Romanzyklus von Emile Zola, „Les Rougon-Macquart“ (1893). Teil 1 – „Liebe. Trilogie meiner Familie 1“ wurde jetzt in der Gießhalle im Landschaftspark Duisburg-Nord aufgeführt.

Man sitzt im Halbfreien, zwar ein Dach über dem Kopf, aber der Wind fegt etwas Wirklichkeit in die unglückselige Szenerie. Es geht im ersten Teil um Liebe und die ist in diesem Fall ein reiner Unglücksfall. Oder ist das Unglück programmiert? Wird man in Situationen hineingeboren? Sind Herkunft und Stand von vorneherein Schicksal, dem kaum zu entkommen ist? Das Thema klingt heutig und es wird in der Bildungsstatistik täglich betont.

Auf der Bühne gibt es ein Oben und ein Unten, allerdings bewegen sich die Figuren auf dem oberen kleinen Hügel immer am Rande des Abrutschens. Unten ist mehr Ruhe, herrscht halbwegs vornehmes Unglück. Wie ein verbeultes Schiff, festgeklemmt in unruhiger See, im Auf und Ab – zeigt uns die Szenerie Versatzstücke von Beziehungen.

Gabriele Maria Schmeide gibt die Gervaise, eine Wäscherin. Wenige glückliche Momente werden vom Überlebenswillen überdeckt, der sich ums Brot dreht, also ums Auskommen mit dem Einkommen. Da liebt man, wen man braucht und sie ist auf der ewigen Suche nach Glück, das anhält. Ihre Männer sind kein Halt, ihre Kinder kommentieren das zerrüttete Familienbild. Allein sie zu erleben in dieser Rolle, ist ein Erlebnis.

Die besser gestellte Familie des Dr. Pascal ist auf dem absteigenden Ast. Stephan Bissmeier vergöttert seine Ziehtochter vergöttert und gibt sein Geld gedankenlos für Schönes aus. Auch hier Unheil – Verzicht, Verzweiflung, Verstoß. Der Ruf ist hin und somit auch die Liebe. Welch ein Sittenbild!

Die Inszenierung ist gutes Stadttheater mit ausgezeichneten SchauspielerInnen des Hamburger Thalia-Theaters. Die Aufführung in der Gießhalle gibt dem Ganzen einen atmosphärischen Mehrwert. Moderner Schnickschnack findet nicht statt. Es ist, wie es war oder vielleicht immer noch ist. Paare verlassen das Stück in engerer Nähe als vorher. Haltet Euch fest und genießt die glücklichen Momente!

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