Endlich Dortmund: Ruhrtriennale-Konzert in der Jugendstilhalle der Zeche Zollern

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MusicAeterna aus Perm beim Auftritt in der Dortmunder Jugenstil-Halle (Foto: Martin Steffen/Ruhrtriennale)

Es hat wirklich lange gedauert. 2002 fand die erste Ruhrtriennale statt, die Anfänge des Westfälischen Industriemuseums reichen in die 80er Jahre zurück. Doch erst in diesem Jahr haben die beiden kulturellen Großprojekte des Reviers intensive Berührung miteinander.

Das wohl berühmteste Gebäude des Museums, die jüngst renovierte Jugendstilhalle der Zeche Zollern in Dortmund-Bövinghausen, wurde zum Aufführungsort für ein bewegendes Konzert von „MusicAeterna“ aus Rußland. Neben viel Bochumer Jahrhunderthalle und Duisburger Landschaftspark und etlichen weiteren, vorwiegend im westlichen Ruhrgebiet gelegenen Spielstätten (was sämtlich nicht zu kritisieren ist) nun also endlich auch Dortmund. Und einmal mehr ist man geneigt, dem Intendanten des Festivals Johan Simons dafür zu danken, daß er keinen Spielstättentunnelblick entwickelt hat und sich dem ganzen Ruhrgebiet in erfreulicher Offenheit annähert.

Künstler aus Perm

Die Künstler kamen aus Perm, gelegen etwa 1150 Kilometer Luftlinie nordöstlich von Moskau (wie Wikipedia zu entnehmen ist). Doch die ersten Permer (sagt man so?) bei der Ruhrtriennale waren sie nicht, letztes Jahr schon spielte das Permer Opernorchester zu Simons’ „Rheingold“-Inszenierung druckvoll auf. Die Damen und Herren in ihren strengen, bodenlangen schwarzen Gewändern entstammen dem Permer Opernchor. Unter Leitung von Vitaly Polonsky widmen sie sich in der Formation „MusicAeterna“ („ewige Musik“) christlichen Chorgesängen und haben auf diesem Feld große Bedeutung.

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Vitaly Polonsky leitet den Chor MusicAeterna (Foto: Martin Steffen/Ruhrtriennale)

Mäßige Akustik

Am Anfang und am Ende des 90-minütigen Chorabends, den ein abnehmendes Tageslicht durch die großen Fenster der Maschinenhalle stimmig durchleuchtete, stand Thomas Tallis’ „Spem in alium“ (nur annähernd korrekt übersetzt als eine religiös grundierte „Hoffnung auf anderes“) – zu Beginn dargeboten aus der Ferne im hinteren Hallenbereich, am Schluß auf der Bühne direkt vor dem Publikum.

Fraglos entfalten Klangdarbietungen an verschiedenen Punkten in einem großen Raum, in Kirchen zumal, durch Hall und Echo unterschiedliche ästhetische Valeurs; die Maschinenhalle indes tat dem Vortrag aus weiter Ferne nicht gut. Sie ist eben nicht als Konzertsaal konzipiert worden, und etliches an Klang und Differenzierung verbröselte deshalb irgendwo zwischen nackten Wänden und funktionalem Stahlfachwerk der Deckenkonstruktion. Besser, noch ein Satz zur Akustik, war der Vortrag direkt vor Publikum, wenngleich auch hier der Raum an seine Grenzen stieß. Wäre der Chor eine Lautsprecherbox, würde man sagen, daß sie bei großen Lautstärken erheblich klirrt (fachlich: hoher „Klirrfaktor“). Vielleicht könnte man für anspruchsvolle Konzerte noch etwas nachbessern.

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Chorgesang bei abendlichem Tageslicht in der renovierten Halle (Foto: Martin Steffen/Ruhrtriennale)

Begeisternde Filmmusik

Wenn auch der mittelalterliche Gesang „Spem in alium“ von Thomas Tallis dem Abend seinen Titel gab, war doch ein anderes Werk eindrucksvoller: György Ligetis quasi zeitgenössisches „Lux Aeterna“, ein vermeintlich ununterbrochener Sangesklang mit verstörenden Höhenverschiebungen im Vierteltonbereich, die in ihrer ungleichmäßigen polyphonen Darbietung eigentümlich instabil wirken. Man kennt den Gesang aus dem Film „Odyssee im Weltraum“ von Stanley Kubrick, in dem der Raumschiffcomputer HAL Größenphantasien entwickelt und verrückt spielt. Eine kongeniale Filmmusik, dem Göttlichen nah.

Weitere Komponisten des Abends waren Henry Purcell und Alfred Schnittke, und ich bitte um Nachsicht, wenn ich mich wg. unzureichender Kompetenz nicht an einer weiteren Würdigung der Darbietungen versuche.

Das unvermeidliche Drumherum bei Konzerten an besonderen Spielstätten – Parkplatzsituation, Wegweisungen, Toiletten, etc. – war gut organisiert, kein Grund zu Klagen. Auch deshalb steht zu hoffen, daß es bei der nächsten Ruhrtriennale wieder Konzerte in der Zollern-Halle geben wird.

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