Zum Tod von Manfred Krug – „Liebling Kreuzberg“: Das Glück des Müßiggangs im Kiez

Heute erreichte uns die betrübliche Nachricht, dass der Schauspieler Manfred Krug mit 79 Jahren gestorben ist. Aus diesem Anlass noch einmal ein Text über seine Erfolgsserie „Liebling Kreuzberg“, der erstmals am 29. November 2013 in der Revierpassagen-Reihe „TV-Nostalgie“ erschienen ist:

Vielleicht waren die 1980er Jahre die letzte wirklich fruchtbare Fernsehzeit. Damals liefen beispielsweise grandiose, ja unsterbliche Serien wie „Monaco Franze“, „Kir Royal“ – und „Liebling Kreuzberg“.

Ganz entspannt in der Kanzlei: Anwalt Robert Liebling (Manfred Krug). © ARD/Screenshot aus http://www.youtube.com/watch?v=3kHio8EwgBc

Ganz entspannt in der Kanzlei: Anwalt Robert Liebling (Manfred Krug). © ARD/Screenshot aus http://www.youtube.com/watch?v=3kHio8EwgBc

Manfred Krug als Anwalt Liebling war sozusagen die Berliner Antwort auf die genannten Münchner Edelserien. Die Autoren galten etwas in der literarischen Welt, sie erwiesen sich hier zudem als Schriftsteller, die ein Millionenpublikum auf hochbeachtlichem Niveau zu unterhalten vermögen: Die ersten drei Staffeln schrieb Jurek Becker, dann übernahm Ulrich Plenzdorf. Ach, das waren noch Zeiten, als solche Leute TV-Serien verfassten.

Dreitagebart und Schlapphut

Ich habe mir jetzt die allererste Folge vom 17. Februar 1986 noch einmal angesehen und mich dabei keine Sekunde gelangweilt. Der Folgentitel „Der neue Mann“ bezog sich nicht einmal in erster Linie auf Robert Liebling, obwohl der damals als Figur ja auch völlig neu war. Nein, um endlich seiner natürlichen Faulheit frönen zu können und mehr Zeit für die holde Damenwelt zu haben, sucht der Dreitagebartträger mit dem Schlapphut einen fleißigen Sozius für die Kanzlei – eben den „neuen Mann“ mit dem etwas seltsam klingenden Namen Dr. Giselmund Arnold (Michael Kausch). Der kommt – gleichsam ein Vorbote der Schwabenschwemme in Berlin – übrigens ausgerechnet aus Stuttgart.

Wie Berlin sich veränderte

Ein sinnreicher Kunstgriff. Durch den Kontrast zum neuen, überaus eifrigen Kollegen wird Liebling gleich so charakterisiert, wie es ein Soloauftritt schwerlich bewirkt hätte. Man bekommt nebenher nette Kostproben über den flapsigen Umgangston in der Kreuzberger Kanzlei und erste kleine Lektionen über den „Kiez“ an sich. Überhaupt ist es ja ein Glückfall und eine Gunst der historischen Stunde, dass „Liebling Kreuzberg“ noch im alten West-Berlin beginnt und dann die Zeit vor und nach dem Mauerfall begleitet.

Gleich mittendrin im prallen Leben

Nach der ersten Folge, die sofort mit einigen lebensprallen Fällen aufwartet, ist man jedenfalls gleich mittendrin im Geschehen. Schon sehr bald hat man die Figuren und das ganze Drumherum ins Herz geschlossen. Und man will unbedingt wissen, wie sich das alles weiter entwickelt.

Manfred Krug geht jedenfalls zumeist wunderbar tiefenentspannt durch all die kommenden Folgen. Ähnlich glaubhaft wie Helmut Fischer alias Monaco Franze, wenn auch persönlich und landsmannschaftlich anders getönt, verkörpert er das Glück des Müßiggangs und des erotischen Tändelns.

Bestimmt kein Zufall, dass solche Serien vor der exzessiven Handy- und Computer-Nutzung erfunden worden sind. Und auch von manchen Niederungen des Privatfernsehens wusste man damals noch wenig.

image_pdfPDF öffnen / Open PDFimage_printDrucken / Print
Visited 12 times, 1 visit(s) today

Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
Dieser Beitrag wurde unter Fernsehen und Hörfunk abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu Zum Tod von Manfred Krug – „Liebling Kreuzberg“: Das Glück des Müßiggangs im Kiez

  1. Matta sagt:

    Mich hat immer entzückt, wie er als Stoever zusammen mit Brockmöller (Charles Brauer) in jeder seiner Tatort-Folgen irgendwann irgendwo irgendwie ein kleines Keyboard hervorzauberte und irgendeinen (stets passenden) Titel musikalisch darbot …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert