Familienfreuden XXIII: Schnipp-schnapp, Pony ab!

Haare sind bei uns im Moment ein höchst sensibles Thema. Fiona, die lange zu den Sinead O’Connors unter den Kleinkindern gehörte und mit schöner Regelmäßigkeit in der Stadt mit „Oh, was für ein süßer Junge!“ angesprochen wurde, hält – möglicherweise auch deswegen – jetzt ziemlich viel auf ihre Langhaarmähne. Was die Frage aufwirft, wer die guten Strähnen bearbeiten darf.

Salonzauber: Fiona beim Friseur (Bild: Albach)

Normalerweise ist das Ganze ziemlich einfach: Wir kennen unseren Coiffeur schon so lange, dass er im Grunde zur Familie gehört, zumal er zum Zwecke des Haarschnitts sogar zu uns nach Hause kommt. Eine weitaus bequemere Praxis als das, was eine gute Freundin mit ihrem Sohn erleben musste: Sie hatte ihn, als er noch sehr klein war, immer schlafend zum Friseur gebracht, wo dieser auf Zehenspitzen die „Matte“ stutzte. Bis der Trick irgendwann nicht mehr funktionierte und das Kind leider wenig Zutrauen zu dem Herrn mit der Schere hatte, den er ja offiziell bis dato noch nicht kannte.

Fiona hingegen war längst mit unserem Haus- und Hof-Schneidemeister vertraut, als auch ihre Haare fallen mussten. Für sie gab es dann immer einen Riesen-Schokoladen-Cookie, für den Rest Kuchen, ein bisschen Geplaudere – und dann schnipp-schnapp, Haare ab.

Chewbaccas Verwandte

Unser Friseur war aber kürzlich krank, leider auch länger. Als wir schließlich vor Weihnachten alle aussahen wie Chewbaccas Verwandte, war der Zustand nicht mehr tragbar. Geschlossen wanderte die Familie zu einem Salon in unserer Nähe. Für Fiona eine völlig neue Welt.

Gebannt blätterte sie mit mir in den Frauenzeitschriften („Die sieht toll aus! Oh, die ist sooo schön! Ich möchte gern aussehen wie dieeee!“), bis drei sehr freundliche und auch im echten Leben sehr hübsche Haarschneiderinnen vor ihr standen (es war gerade recht leer).

Unserer Tochter wurde ein kunterbunter Kinderumhang umgeworfen, der Stuhl einen halben Meter hochgepumpt und der Sirenengesang gestartet: „Bist Du aber süß!“ flöteten die Damen. „Und sooooo schöne Haare hast Du!“ Fiona strahlte wie der Weihnachtsstern, die Friseurinnen auch. Als ihr am Ende noch eine prächtige Flechtfrisur zuteil wurde, für die ich mir die Finger verrenkt hätte, und ein Lolli in ihren Händen lag, war mir klar, was kommen würde: „Ich will immer hierhin. Immer!“ rief sie begeistert beim Verlassen des Ladens.

Ein Stück Familiengeschichte

Das Beweisfoto: Chewbaccas Verwandtschaft (Bild: Albach)

Ich muss nun einschieben, dass Fi einen Pony hat. Genau den, den mysteriöserweise ziemlich viele kleine Mädchen tragen. An dem Schnitt scheint sich auch seit Jahrzehnten nichts geändert zu haben: Ich selbst hatte als Kind genau den gleichen, dichten Vorhang über der Stirn hängen (siehe Beweisfoto). Ich kann mich nicht entsinnen, wann die Entscheidung gefallen ist, auch unsere Tochter in diese Föhnreihe einzugliedern – noch, wer sie getroffen hat. Jedenfalls waren die drei Damen vom Salon beim Schneiden des guten Stücks sehr behutsam vorgegangen. Was zur Konsequenz hatte, dass Fi schon zwei Wochen später nicht mehr allzu gut durch ihren Pony sehen konnte.

Selbst ist die Friseurin

Bei Normen und mir hingegen saß noch alles bestens. Ein Friseurbesuch zwischendurch war mir zu aufwändig. Ich kaufte also eine Haarschneideschere. Mein letzter „Selbst ist die Frau“-Versuch war allerdings nicht so gut gelaufen. Fionas Tagesmutter hatte damals sofort den Ursprung des neuen Schnitts erkannt und trocken kommentiert: „Sag Deiner Mama, nächstes Mal soll sie mit Dir zum Friseur gehen.“ Deswegen bemühte ich YouTube. Zu dritt schauten wir gebannt einer Schweizerin zu, die dank ihres Dialekts und Gemüts ein bisschen länger brauchte, bis sie zum Punkt kam. Als sie aber einen Ikea-Gefrierbeutel-Clip an ihren Pony heftete, damit er nicht schief würde, waren wir begeistert.

Fiona wurde vor den Spiegel gesetzt. Handtuch drum. Clip dran. Augen zu. Schnipp. Zitter. Schnapp. Pony ab. Blinzel. „Jaaaaaa!“, rief Fi, als sie sich sah und startete einen Freudentanz. Auch ich fiel nicht in Ohnmacht. Ich bin sogar versucht, nochmal mit Fiona bei der Tagesmutter zu klingeln.

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