Fremdling auf der Erde – Bilder von Auguste Chabaud in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Paris behagte ihm nicht, in der Provence fühlte er sich auch nicht wohl. Auguste Chabaud (1882-1955) war ein Fremdling auf Erden. Jetzt zeigt das Wuppertaler Von der Heydt-Museum eine große Retrospektive mit 120 Ölbildern und 100 Zeichnungen – Wiederentdeckung einer vergessenen Nuance der Moderne.

Die Franzosen haben den Beginn der Chabaud-Renaissance verschlafen. Zwar richteten sie ihm 1992 in Graveson (bei Avignon) ein Museum ein, doch da hatte längst der Bochumer Galerist Alexander von Berswordt-Wallrabe die Bedeutung Chabauds erkannt und den Anstoß für die jetzige Schau gegeben.

In seinen besten Jahren, etwa um 1907, war Chabaud ein Meister der kühnen optischen Raffung: ein paar Striche, ein Auge – fertig war die Schafherde. Ein roter Hotelflur, zwei Türen, unter denen ein schmaler Lichtstrahl hervorscheint, ein Fuß auf der Treppe – ein Bild der Einsamkeit. Geradezu tolldreist auch die Draufsichten nach Art von Luftbildern, etwa auf Kampfarenen.

1899 war Chabaud aus seiner südfranzösischen Heimat nach Paris gezogen. Die Stadt, von der so viele schwärmen, gefiel ihm nicht. Mächtig muß er sich fortgesehnt haben. Immer wieder malt und zeichnet er jene kleinen und großen Fluchten: abfahrende Züge und in unbestimmte Fernen gleitende Seine-Schiffe, dazu Brücken, die immer aus dem Bild und damit aus der Gegenwart herausführen. Auch das nächtliche Paris mit seinen sexuellen Lockungen hat ihn wohl mehr gequält. Kokotten und Bordellszenen zeigt er in bedrohlich gleißendem Rot.

Und dann Südfrankreich. Welches Lodern, welche Helligkeit haben van Gogh, Matisse oder Bonnard dort gesehen! Nichts davon bei Chabaud. Fast immer lastet ein gewitterschwerer Himmel auf den Szenen des Landlebens, die wenigen Menschen huschen dahin wie Geprügelte.

Vielleicht lag es auch an den Umständen. 1917 hatte sich sein Vater das Leben genommen. Auguste mußte nicht nur den Bauernhof der Familie bewirtschaften, sondem auch acht Kinder ernähren. Als Greis hat er dann seinen Frieden mit der Welt geschlossen. Künstlerisch hat ihm das geschadet. Leider sogar rückwirkend, denn Chabaud machte sich über ältere Bilder her, um sie zu verbessern. Doch er hat sie verwässert.

Auguste Chabaud. Von der Heydt-Museum. Wuppertal (Turmhof 8). 30. Mai bis 18. Juli. Di-So 10-17, Do 10-21 Uhr. Katalog 45 DM.