Ros*in*enmontagsgruß – Gendern will gelernt sein

Gerd*a Frauholz
(Foto: Gerd Herholz)

Liebe Frau*innen und Männer*innen, liebe Männ*innen und Frauende, liebe Närrinnen und Narrhalesen,

heute am Rosenmontag möchte ich mich vordergründig zwar vor allem an die Männ*innen unter Ihnen wenden, aber selbstverständlich sind Frauende und Kind*innen immer mitgemeint.
Unumstritten, es ist höchste Zeit, dass Frauenzimmer, ja eigentlich alle weiblichen Räume und Welten sprachlich deutlich sichtbar werden! Ihnen, den Frauen, soll und muss von nun an die Hälfte des Himmels gehören – und die Hälfte der Erde und Hölle sowieso.

Als beherzte/r Fürsprecher*in des globalen Feminats („Ihr Wunsch wird mir zum Befehl!“) möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass bei der gendergerechten Betonung des Weiblichen in der deutschen Sprache das Männliche schon aus folkloristischen Gründen nicht ganz verloren gehen sollte – obwohl es dafür sicher gute Gründe gäbe.

Nehmen wir zum Beispiel nur eine Formulierung wie „den Anstifter*innen und Täter*innen dieses Verbrechens muss der Prozess gemacht werden“. Gelesen wie gewünscht durchaus eindeutig zweideutig; rein akustisch allerdings hören wir da allein noch die weiblichen Formen der Vokabeln „Anstifter“ und „Täter“ heraus, wir hören also nur „Anstifterinnen und Täterinnen dieses Verbrechens muss …“. Da hilft auch eine kleine Stolperpause vor den „innen“ wenig. Und die männlichen Formen der Dativ-Deklination, also „Anstiftern“ und „Tätern“ gehen klanglich gänzlich verloren, so als ob den „AnstifterN und TäterN dieses Verbrechens“ nicht auch der Prozess gemacht werden müsste.

Halten wir fest: Schreiben und Hören desselben Satzfragments führen zu völlig unterschiedlichen Verstehenshorizonten: Mal gehen die Männer halb unter, mal ganz.

Zu Unrecht versenkt werden männliche „Anstifter“ und „Täter“ auch im Plural. Durch den weiblichen bestimmten Artikel „die“ werden sie zu „die Anstifter“ und „die Täter“. Diese ungerechte Verweiblichung der männlichen Mehrzahl sollten sich Frauende schlicht verbitten. Es wäre also höchste Zeit, auch im Plural männlichen Gruppen den bestimmten Artikel „der“ zuzuordnen: „Der Anstifter und der Täter vieler Verbrechen können ihrer Verantwortung nicht entkommen.“ Nun weiß auch der/die/das Letzte, wer gemeint ist. Und bitte kommen Sie mir jetzt nicht mit Haarspaltereien zu biologischem und grammatischem Geschlecht, zum komplexen Verhältnis von Sexus und Genus (nicht zu verwechseln mit „Genuss“). Wollte man und frau da alles berücksichtigen, kämen die wohl in Teufel*innens Küche.

Dennoch, eine Person, die einmal gelernt hat, Sexismus in der Sprache zu sehen, kann nicht der-/die-/dasselbe bleiben, das ist klar. Zunehmend irritieren mich aber auch andere diskriminierende Etikettierungen, etwa von Tier*innen oder Kind*innen. Immerhin, es gibt im Singular z. B. die Formen „der Hund“ / „die Hündin“, aber wieso die ganze Art dann wieder als (d-e-r) Hundeartige oder d-i-e Hundeartigen bezeichnet wird, ist nicht nachvollziehbar. Ich schlage deshalb eine gendergerechte Differenzierung aller Wörter im Singular / Plural vor: „der Hund / der Hunde“ sowie „die Hündin / die Hündinnen“. Die ganze Art könnte man vielleicht als „Hund*innen“ bezeichnen?

Über die weitere Deklination vieler Begriffe muss von linguistischer Seite gründlich nachgedacht werden. Wo der Mann im Plural sich dem weiblichen Artikel nicht weiter unterordnen will, darf zum Beispiel auch alles Weibliche im Genitiv nicht länger von einem „der“ regiert, ja unterjocht werden. Nieder mit einer Formulierung wie „die Schönheit der Frau“. Es muss natürlich heißen: „die Schönheit die Frau“ oder wie mittlerweile immer öfter als Graswurzelgendern im Rahmen lebendiger Sprachgestaltung zu hören ist: „die Schönheit von die Frau“.

Ein letzte Anmerkung, ja fast ein Seitenhieb noch wider das Sächliche. Es ist nicht einzusehen, dass wir weiterhin etwa „das Kind“ sagen. Hier wird durch den sächlichen Artikel das Kind versachlicht, es wird zur Sache. Die Folgen solcher Depersonalisierung sind heute überall zu sehen, etwa in der katholischen Kirche. Also bitte in Zukunft explizit nur noch geschlechterdifferenzierende Singular- / Plural-Formen verwenden: „der Kind / der Kinder“ und „die Kind / die Kinder“.

Ich hoffe, ich habe ein wenig zur aktuellen Debatte beitragen können.
Wenn Sie tiefer in die Materie einsteigen wollen, empfehle ich aus der 3sat-Mediathek die Kulturzeit-Extra-Sendung „Streit ums Gendern“. Mir war danach ein wenig schwindlig, aber Sie sind ja jetzt durch diesen Beitrag besser vorbereitet.

Für heute mit freundlichen Grüßen
Ihre
Gerd*a Frauholz