Gedanken zum Tod von Otto Sander

Otto Sander ist tot. Ein Schlag in die Magengrube, als ich das gelesen habe. Otto Sander, dieses Gesicht, diese Stimme.

Otto Sander hat mir bewiesen, dass man sich auch in eine Stimme verlieben kann. Als ich damals Oscar Wildes „Das Gespenst von Canterville“ hörte, da wusste ich zunächst nicht, dass ich Otto Sander lauschte. Ich war einfach verzaubert, von dem Kratzen, der Tiefe, diesem einzigartigen Klang, der die Geschichte zu Bildern formte. Otto Sander war schon mit seiner Stimme ein Schauspieler. „Das Gespenst von Canterville“ gehört seitdem für mich zu den Klängen, die Weihnachten einläuten.

Wirkung

Ich will hier nichts schreiben von Otto Sanders Biographie, seinen vielen Auftritten, mit wem und wann er gearbeitet hat – das können andere viel besser, das wäre anmaßend von mir. Ich kann nur schreiben über die Wirkung, die Otto Sander auf mich hatte.

Da gibt es zwei Worte, die für mich unbedingt zu ihm gehören: Tiefe und Authentizität. Otto Sander konnte selbst den kleinsten Dingen Bedeutung geben, nichts an ihm erschien banal oder oberflächlich. Das Gesicht, so voller Furchen, jede einzelne die Verheißung einer Geschichte, die Augen, so bodenlos. Das ist es, was ich nicht vergessen werde, die Stimme, das Gesicht.

An der Bar

Dann gab es noch diesen Abend, eine Lesung mit Benjamin von Stuckrad-Barre im Schauspielhaus Bochum. Er habe, erzählte der Autor, Otto Sander gerade an der Bar gesehen – vielleicht käme er ja später noch dazu. Immer wieder an diesem Abend erwähnte Stuckrad-Barre Otto Sander. Ich weiß gar nicht, ob er schlussendlich wirklich in den Saal, auf die Bühne kam, so lange ist das schon her. Aber im Grunde war das auch unnötig. Es war einfach dieses Bild, das blieb: Otto Sander, an der Bar, vielleicht rauchend, vielleicht ein Glas vor sich, vielleicht allein.

Danke für viele unvergessliche Momente.