Beschädigte Welten: Uraufführung am Schauspiel Köln

Die Zutaten sind gut, das Rezept ist originell, trotzdem schmeckt das Chili ein wenig langweilig. Woran liegt das bloß? An den Schauspielern jedenfalls nicht: Sie schlüpfen in der Uraufführung „Die Welt mein Herz“ von Mario Salazar am Schauspiel Köln in zahlreiche unterschiedliche Rollen und beweisen ihre extreme Wandlungsfähigkeit.

Dabei verfährt Regisseur Rafael Sanchez nach dem Prinzip des cross-gender-acting: Männer spielen Frauen, Frauen spielen Männer, aber manchmal bleiben sie auch, was sie sind.

Liegt es an der Story? Sie ist tatsächlich etwas verwickelt, springt von von einem Diner in New York, in dem sich junge mexikanische Einwanderer treffen und von einem besseren Leben träumen, in eine argentinische Favela, wo diese Hoffnung noch ein wenig unwahrscheinlicher erscheint. Hier bleiben nur Prostitution, Gewalt und das gegenseitige Belauern von Hure und Zuhälter, Mutter und Kindern, Mann und Frau.

Einen weiteren Handlungsstrang bildet die Welt von Steve und Janine in Stendal und anderswo bzw. im Netz, ihre Mails kann man per Video-Projektion mitlesen. Sie haben ihr Kind umgebracht und können das nicht verkraften, deswegen fliehen sie voreinander in alle möglichen Länder, wo sie dann den Mexikanern begegnen. Aber nur kurz.

Tatsächlich sind die mäandernden Handlungsstränge nicht wirklich ein Problem, denn sie geben dem Stück so eine „globale“ Atmosphäre, ein Empfinden eines gleichzeitigen Geschehens in verschiedenen Zeitzonen und unterschiedlichen prekären Milieus. Denn beschädigt sind diese Welten alle, in die wir hineinblicken.

Vom Lebenskampf und ökonomischen Sorgen zermürbt, verroht auch die Innenwelt dieser Figuren; die Enttäuschung macht sie bitter und resigniert, hart gegen sich und andere, die Hoffnung nimmt ab wie der Mond und dann wird es dunkler. Es flimmern nur noch geisterhafte Figuren (oder ist es das tote Kind?) durch die Tiefen des Netzes, projiziert an die Bühnenwände.

Als verbindende Idee hat Salazar die Phantasie entwickelt, dass die Mexikaner in der Wüste von Nevada in ein Loch durch den Mittelpunkt der Erde hindurch fallen und in Stendal wieder rauskommen und dort auf Steve und Janine treffen und dann – passiert eigentlich nix. Müsste jetzt was passieren?

Jedenfalls ist die Szene lustig gespielt in einer Art kindlichem Impro-Stil. Witzig sind auch die Szenen, (den Handlungsstrang hatte ich fast vergessen) in denen sich die beiden alten dementen Damen aus ihrem Leben erzählen: Erinnerungsmäßig geht da allerdings einiges durcheinander. Auf jeden Fall ist die eine Omi die Geliebte vom Ehemann der anderen gewesen: Erfrischend zu sehen, dass Alter nicht vor Zickigkeit, Sex, Bosheit und Humor schützt. Vergessen hilft dabei, die Dinge von der leichten Seite zu nehmen.

Also: Warum ist das Chili nicht so ganz scharf? Ich weiß es nicht, seht selbst…

Tickets und Termine:

www.schauspielkoeln.de