TV-Nostalgie (10): „Fury“ – eine Zeitreise in die Kindheit

Von links: "Fury", Joey, Jim und Pete (Screenshot aus http://www.youtube.com/watch?v=mDZ2uXULqy0)

Von links: „Fury“, Joey, Jim und Pete (Screenshot aus http://www.youtube.com/watch?v=mDZ2uXULqy0)

Ach, schon der Vorspann führt einen mitten in die Kindheit zurück. Wie der kleine Joey mehrmals „Fuuuuury!“ ins weite Land hinaus ruft. Wie der schwarze Hengst dann endlich angaloppiert kommt und neben dem Jungen mit den Hufen scharrt. Und dann der legendäre Satz: „Na, Fury, wie wär’s mit einem kleinen Ausritt?“

1959 hatten meine Eltern ihren erstes Fernsehgerät gekauft, natürlich winzig und schwarzweiß. Seit dem 5. Oktober 1958 lief „Fury“ im Deutschen Fernsehen. Es war eine meiner allerersten TV-Erfahrungen. Wenn ich heute einige Episoden wiedersehe, ist das eine sentimentale Zeitreise.

Es geht um Moral und Anstand

Joey (Bobby Diamond) war als angeblich schwer erziehbarer Waisenjunge auf die „Broken Wheel“-Ranch von Jim Newton (Peter Graves) gekommen. Nicht nur der Junge muss „gezähmt“ werden, sondern auch ein wildes schwarzes Pferd namens „Fury“. Das aber gelingt niemandem besser als eben Joey. Nach dieser Probe wird er von Jim adoptiert und macht unentwegt Fortschritte – und mit ihm (so die deutliche Absicht und Hoffnung) die Kinder vor den Fernsehapparaten. Man sollte und konnte sich mit diesem Joey identifizieren.

Der Verfasser dieser Zeilen vor einigen Jahren bei gepflegter "Fury"-Lektüre (Bild: Privat)

Der Verfasser dieser Zeilen vor einigen Jahren bei gepflegter „Fury“-Lektüre (Bild: Privat)

Vor allem werden allerlei Moral- und Anstandsfragen durchgespielt und erörtert. Immer gilt es etwas zu lernen. Dabei geht es nicht so sehr um rationale Einsichten, sondern vor allem um die „innere Stimme“ des Gewissens, ja den Instinkt, der selbstverständlich in Reinkultur von „Fury“ verkörpert wird.

Ein ungemein kluger Hengst

Bei den vielen Abenteuern, die zu bestehen sind, spielt natürlich „Fury“ eine herausragende, oft entscheidende Rolle. Das Mindeste ist, dass der Hengst bei akuter Gefahr Alarm wiehert. Oft aber greift das ungemein kluge Pferd auch direkt ins Geschehen ein, indem es böse Menschen von ihrem schäbigen Tun abhält oder die Guten durch gezielte Stupser darauf hinweist, wohin sie sich wenden müssen.

Drei „Fury“-Folgen – jede rund 25 Minuten lang – habe ich mir noch einmal angeschaut: „Lebensfreude“, „Der starke Mann“ und „Ein alter Indianertrick“. In der zuerst genannten Episode geht es um Furys Sohn, der als „halbstarkes“ Tier zum nützlichen Mitglied der Pferdewelt erzogen werden soll. Dieser pädagogische Anspruch, der natürlich indirekt auch Joey betrifft, wird überdeutlich zur Sprache gebracht. So heftig könnte man heute nicht mehr den Zeigefinger schwenken.

Winke mit dem Zaunpfahl

„Der starke Mann“ dreht sich um gewaltlose Duldsamkeit als vorbildliche Haltung, die tollen Indianertricks beherrscht ein hinkender Junge, der einen Pferdedieb zur Strecke bringt. Auch hier winkt das Drehbuch mit dem Zaunpfahl.

„Fury“ spielt zwar nicht im klassischen Wilden Westen, sondern in der Gegenwart der 1950er und 1960er Jahre mit Auto und Telefon. Doch da draußen auf der Ranch stehen immer noch die alten Werte zur Debatte. Auch sind wir hier noch in einer nahezu lupenreinen Männerwelt. Jim Newton hat keine Frau, sondern mit dem alten Pete (William Fawcett) einen Koch und Haushälter, der nach damaligem Verständnis gleichsam eine Mutterrolle für Joey übernimmt.

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Vorherige Beiträge zur Reihe: “Tatort” mit “Schimanski” (1), “Monaco Franze” (2), “Einer wird gewinnen” (3), “Raumpatrouille” (4), “Liebling Kreuzberg” (5), “Der Kommissar” (6), “Beat Club” (7), “Mit Schirm, Charme und Melone” (8), „Bonanza“ (9)