TV-Nostalgie (15): Robert Lembkes „Was bin ich?“ – die wunderbare Ruhe beim Beruferaten

Der Mensch braucht seine Rituale. Drum gab es auch Fernsehsendungen wie das heitere Beruferaten „Was bin ich?“ mit Robert Lembke (1913-1989).

Da lief alles immer nach gewohntem Muster ab, da gab’s keine sonderlichen Überraschungen; erst recht keine unliebsamen.

Robert Lembke mit "Schweinderln" (Screenshot aus http://www.youtube.com/watch?v=CherRLsSI6w)

Robert Lembke mit „Schweinderln“ (Screenshot aus http://www.youtube.com/watch?v=CherRLsSI6w)

„Welches Schweinderl hätten S‘ denn gern?“

Zwischen eingeschliffenen Formeln wie „Welches Schweinderl hätten S’ denn gern?“ und „Gehe ich recht in der Annahme, dass…?“ bewegte sich das Ratespiel in ausgesprochen ruhigen Fahrwassern. Die Teilnehmer blieben die ganze Zeit über fast reglos auf ihren Stühlen sitzen. Rein äußerlich betrachtet, war’s eine wunderbar windstille Ereignislosigkeit, die heute wohl kein TV-Sender mehr riskieren würde.

Ein bisschen Schadenfreude

Die wohldosierte, bestens erträgliche Spannung von „Was bin ich?“ entstand schlicht und einfach dadurch, dass man voller Vergnügen sah, wie sich das Rateteam abmühte, den jeweiligen Beruf zu erraten. Jeder gedankliche Irrweg steigerte die Schadenfreude. Der Beruf wurde zu Beginn eingeblendet und um eine „typische Handbewegung“ ergänzt. Wenn man wollte, konnte man in diesen Momenten die Augen schließen und danach vor dem Bildschirm mitraten. Es war Familienfernsehen der herzlich harmlosen Ausprägung.

Es war noch eine andere Arbeitswelt

Zum Schluss galt es jeweils noch, einen prominenten Gast anhand seiner (von Robert Lembke ausgesprochenen) Ja- und Nein-Antworten zu erkennen. Dazu mussten die Ratenden blickdichte Masken aufsetzen. Im Internet sind heute fast nur noch Ausschnitte aus diesem Promi-Raten aufzufinden. Das ist doppelt schade, denn ansonsten wurde ja so mancher seltene Beruf vorgestellt, der heute ausgestorben ist. Die Arbeitswelt (deren Schattenseiten natürlich nie kritisch zur Sprache kamen) war damals vielfach noch sinnlicher, körperlicher, fassbarer. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie heute etwa die zahllosen Computerberufe zu erraten wären – vielleicht mit der typischen Handbewegung beim Mausklick oder mit Wischgesten à la Touchscreen?

Simples Konzept – aber unverwüstlich

Kaum zu glauben, wie viele Jahre diese (sehr preiswert produzierte) Sendung überlebte. Das simple Konzept stammte übrigens aus den USA, Lembke hatte die Rechte in England erworben. Der Vorgänger „Ja oder Nein“ lief vom 2. Januar 1955 bis 1958, das eigentliche „Was bin ich?“ vom 11. Februar 1961 bis 1989 (!). Ohne Lembke und seinen milden Humor mit Münchner Timbre hatte das bis dahin unverwüstliche Spiel einen speziellen Reiz verloren. Bei allem seriösen Gerechtigkeitsempfinden ließ er auch schon mal fünfe gerade sein, wenn’s sein musste. Er sorgte halt auf unnachahmliche, sehr beruhigende Weise für die richtige Mischung. Weder die ARD noch andere Kanäle konnten den Dauererfolg später wiederbeleben.

Vom Staatsanwalt bis zum „Ratefuchs“

Langjährige Kontinuität auch beim Ratequartett: Es bestand über weite Strecken aus dem Oberstaatsanwalt Hans Sachs, der Fernsehansagerin Annette von Aretin, dem Schweizer TV-Unterhaltungschef Guido („Ratefuchs“) Baumann sowie der Schauspielerin und späteren Ärztin Marianne Koch, die sich mit der Ansagerin Anneliese Fleyenschmidt abwechselte. Sie bildeten alsbald ein eingespieltes Team, das auch ziemlich knifflige Rätsel löste. Falls nicht, so kamen maximal 50 Mark (10 mal 5 pro Nein-Antwort) ins Sparschwein. Ein solch mickriges Sümmchen können sich jüngere Millionärsquiz-Zuschauer heute kaum noch vorstellen…

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Vorherige Beiträge zur Reihe: “Tatort” mit “Schimanski” (1), “Monaco Franze” (2), “Einer wird gewinnen” (3), “Raumpatrouille” (4), “Liebling Kreuzberg” (5), “Der Kommissar” (6), “Beat Club” (7), “Mit Schirm, Charme und Melone” (8), “Bonanza” (9), “Fury” (10), Loriot (11), “Kir Royal” (12), “Stahlnetz” (13), „Kojak“ (14)