Am Morgen

Es ist nur wenig Zeit vergangen.
Eben räkelten sie sich noch auf weichen Matratzen, spürten die Ausläufer ihrer Träume und schauten mit zerzaustem Haar in bleiche Spiegel. Jetzt sitzen sie hier mit anderen Gesichtern.
Keine Spur mehr von nächtlichen Verfolgungen, Schlaflosigkeit, Lust.

Sie reden über das Wetter, beklagen die Politik, erzählen von Filmen, die sie am Vorabend gesehen haben. Manche verbergen ihr Gesicht hinter Zeitungen, andere zupfen an Frisuren herum. Jenseits der Scheibe rennen, stolpern, warten die anderen. Einige halten Mobiltelefone an gerötete Ohren.

Die drinnen sitzen, schauen nach draußen.
Gleich werden auch sie sich einreihen. Uhren werden hervorgeholt, ungläubig angeschaut, dann schnell wieder aus dem Blickfeld verbannt. Die Bedienung spielt Melodien auf der Tastatur der elektronischen Kasse. Draußen werden Busmotoren gestartet.
Aus der Kaffemaschine zischt heißer Dampf. Schaumkronen werden mit pulverisierter Schokolade bestreut.
Ein älterer Herr schaut hinter seiner Zeitung hervor. Sein Kopf bleibt starr, aber seine Pupillen wandern aufgeregt hin und her.
Ein junges Paar küsst sich zum Abschied…

Stefan Dernbach ( LiteraTour ) ©2011

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Über Stefan Dernbach

Freier Autor, soweit man von Freiheit sprechen kann Prosa & Lesungen Journalismus Bloggen Fotografie Vorläufiger Exil-Ort: Siegen
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1 Antwort zu Am Morgen

  1. ChaLi sagt:

    Jaja, aber WOOO?

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