Endlich! Der Klimawandel kredenzt uns edlen Emschertal-Wein aus Dortmund
Historisches Ereignis in Dortmund. Wir zitieren aus einer Pressemitteilung der Emschergenossenschaft: „Der erste seit dem Mittelalter in Dortmund angebaute Wein ist gekeltert und abgefüllt“.
Da staunt man offenen Mundes. Seit vielen Jahrhunderten gab’s hier keinen ortswüchsigen Rebensaft mehr – und jetzt sind wir ergriffene Zeitzeugen, wenn die Weinseligkeit endlich fröhliche Urständ’ feiert, und zwar mit einem Gewächs, das da diesen klingenden Namen trägt: „Neues Emschertal – Phoenix 2014“. Viel mehr noch: Besagte Emschergenossenschaft, sonst hauptsächlich für Abwasser zuständig, will künftig eventuell weite Teile des (weitgehend renaturierten) Flusslaufs als Weinbaugebiet nutzen. O Täler weit, o Höhen…
Glorreiche Zukunft für die Stadt
Statt zu rätseln, wer denn just heute die allererste Flasche des neuen Weißweins bekommen hat (es war Dortmunds OB Ullrich Sierau, dem es halt dienstgradmäßig zusteht), schwelgen wir lieber in Phantasien über die – zumindest in önologischer Hinsicht – glorreiche Zukunft der einstigen Freien Reichs- und Hansestadt.
Wahrscheinlich wird Dortmund schon in wenigen Jahren in einem Atemzug mit Bordeaux oder wenigstens Rüdes- und Heppenheim genannt werden. Demnächst wird es hier wohl rauschende Winzerfeste geben, bei denen strahlende Weinköniginnen gekürt werden. An lieblichen Hängen wachsen dann die Trauben für edle Sorten wie „Hörder Haldenglück“, „Wambeler Goldtröpfchen“, „Scharnhorster Liebfrauenmilch“, „Borussen-Riesling“, „Nordstädter Nachgärung“ oder „Asselner Auslese“. Da kräuseln sich schon vorab die Lippen des Kenners.
Robuste Rebensorte
Apropos Dortmunder Wein. Vor zwei oder drei Jahren habe ich mal beim Griechen um die Ecke einen quasi im Blumenkasten und eher spaßeshalber selbst kultivierten Wein probieren dürfen. Gewiss, es hatte was vom unverhofften Biss in eine Zitrone. Aber das muss ja gar nichts heißen. Heute hatten wir wieder rund 28 Grad im Schatten, die Reben gedeihen sicherlich prächtig. Folglich muss das Deutsche Weininstitut schon bald seine hoffnungslos veralteten Landkarten der deutschen Weinlagen ändern. Nordwanderung im Weinbau, so lautet das Stichwort.
Der erste Weinberg Dortmunds umfasst übrigens bislang 150 Quadratmeter mit 99 Reben (erste Ausbeute: 35 Liter Wein) und befindet sich am Nordufer des erst vor wenigen Jahren künstlich geschaffenen Phoenixsees, welcher nicht nur als „Tatort“-Kulisse Berühmtheit erlangt hat. Früher stand auf diesem Areal das Stahlwerk, das rein zufällig so hieß wie die robuste Rebensorte: Phoenix. Welch‘ wunderbare Fügung.
Angelegt wurde die kleine Anhöhe, um die (nicht durchweg unerfreulichen?) Folgen des Klimawandels in der Region zu studieren. Unser Vorschlag: Resultate sollten am besten gleich der „Klimakanzlerin“ gemeldet werden, die den Dortmunder Wein natürlich auch mal verkosten muss. Womöglich wird sie anschließend ein gutes Wort in Brüssel einlegen, und es werden EU-Subventionen für den Weinanbau in die Stadt fließen. Kurzum: Wir süffeln uns herrlichen Zeiten entgegen.