Eine Lehrerin im Jahre 1852

Gelegentlich hört man Eltern kleiner Jungen klagen, dass nicht nur im Kindergarten, sondern auch in der folgenden Grundschule ihr Sprössling fast ausschließlich dem Wirken von Erzieherinnen ausgesetzt sei. Dabei gibt es Lehrerinnen an Schulen noch gar nicht so lange.

Auch im Hattinger Rathaus hatten nur Männer das Sagen. (Foto Pöpsel)

Auch im Hattinger Rathaus hatten nur Männer das Sagen. (Foto Pöpsel)

Beispielhaft berichtet zu diesem Thema Gerhard Solbach im Märkischen Jahrbuch über die erste Lehrerin in Hattingen, und die kam erst vor gut 160 Jahren in den Schuldienst. Im „Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg“ vom 9. Oktober 1852 wird in der Abteilung Personal-Chronik erwähnt: „Die Schulamts-Candidatin Caroline Weyland aus Iserlohn ist zur Lehrerin an der evangelischen Elementar-Schulanstalt zu Hattingen, Kreis Bochum, provisorisch ernannt worden.“

220 Kinder in einer Klasse

Diese Elementar-Schule war bis 1858 in einem der Fachwerkhäuser am historischen Kirchplatz untergebracht. Die Klassen waren bereits seit den 40-er Jahren überfüllt. Einer der Lehrer habe zeitweise 220 Schulkinder in einer Klasse unterrichten müssen, und deshalb beantragte der Schulvorstand, eine weitere Klasse einrichten zu dürfen und die Zuweisung einer sechsten Lehrkraft. Diese Stelle bekam jenes erwähnte Fräulein Weyland mit ihrer Ernennung am 21. Juli 1852. Sie war damit die erste Lehrerin in Hattingen, und in anderen Gemeinden der Region ging es mit der Zulassung von Frauen in den Schuldienst ähnlich zu.

Caroline Weyland hatte ihre Ausbildung in der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth erhalten, der von dem evangelischen Theologen Theodor Fliedner begründeten Lehranstalt bei Düsseldorf. Die neue Lehrerin erhielt 120 Taler im Jahr als Gehalt – eine Summe, die für männliche Lehrer mit Familie zu gering gewesen wäre. Für ein unverheiratetes Fräulein hielt man die Summe jedoch für ausreichend, und so argumentierte der Schulvorstand auch ganz offen, dass man eine Lehrerin erbeten habe, weil sie billiger war. Allerdings versprach man dem Fräulein, dass sie bei Bewährung im Amt mit einer „angemessenen Gehaltserhöhung“ in einigen Jahren rechnen könne.

Auch Caroline Weyland hatte bis zu 120 Kinder in einer Klasse zu unterrichten. Zeitgleich mit ihrer Anstellung war auch für die unteren vier Klassen die Trennung nach Geschlechtern eingeführt worden. Die vom Schulvorstand versprochene Gehaltserhöhung bekam sie aber trotz Gesuch nicht bewilligt, weil der Schulvorstand davon ausging, dass „sich die Volksschullehrer in der Stadt durch Privatunterricht viel Geld verdienten“, wie Gerhard Solbach in seinem Aufsatz schreibt. Das sei aber wohl sehr übertrieben gewesen.