Wer jetzt schon kräht, ist früher dran

Nach den Regeln der Tagfresser-Branche wird’s nun aber langsam Zeit für die Rückblicke aufs Jahr 2011. Spätestens kurz nach den Sommerferien heben die ersten Abgesänge an. Kurz danach sieht man dann die ersten Weihnachtsdekos in den Geschäften. Aber schleunigst!

Hurtig, hurtig, atemlos: Fukushima, Ehec, Norwegen, Finanzkrise. Eine Apokalypse nach der anderen, journalistisch allseits abgegriffen, in Kürze dann in der Wiederaufbereitungs-Anlage. Königs- und Fürstenhochzeiten hinzugeben, mit Kachelmann und einem Strauss Kahn würzen, umrühren, fertig. Dann noch Spocht und Wetter.

Zackzack, holterdiepolter. Auch Gedenktage werden inzwischen lange vor dem eigentlichen Datum aufgerufen und bekakelt – beileibe nicht nur im Sommerloch. Der 11. September 2001 jährt sich in mehr als einem Monat zum zehnten Male und wird bereits jetzt um und um gewendet. Der Mauerbau vor 50 Jahren (13. August 1961) wird seit Wochen verwurstet und gefleddert. Eine besondere Form der „Aktualität“: Wer jetzt schon kräht, ist früher dran und hat’s vor der Konkurrenz getan. Die wird sich ärgern – und aufrüsten, sprich: beim nächsten Mal noch früher loslegen. Welch ein überstürztes Brimborium. Welch ein selbstbezügliches, besinnungsloses Kreiseln.

Schon sehr bald werden die Leitmedien die Linien für 2012 vorzeichnen, Parolen ausgeben, Trends ausrufen. Die Meute wird sogleich hinterher hecheln, auch im Feuilleton. Man muss schließlich das aufgreifen, wovon „alle Welt“ spricht. Oder etwa nicht?

Einen schönen Tag wünscht noch

Die durchs globale Dorf gehetzte Sau.

(Bild: Bernd Berke)

(Bild: Bernd Berke)