„Hallo!“ – der Gruß für alle Fälle

Wie kam das nur und wann hat das eigentlich angefangen: dass alle Leute einander mit „Hallo“ grüßen?

Mh. Das fragt sich doch heute längst niemand mehr. Was aber so selbstverständlich anmutet, verdient es – frei nach Lichtenberg * – vielleicht gerade, nochmals zur Sprache zu kommen. Wobei wir uns einigermaßen kurz fassen wollen.

Ist es aus dem Englischen zu uns gewandert? Sehr wahrscheinlich. Ging es schon im Laufe der 1980er Jahre los, war es nach der „Wende“ oder erst in den Zweitausendern? Man weiß es nicht mehr so recht, obwohl man den Wandel doch erlebt haben muss. Ein blinder Fleck der Zeitgeschichte. Nicht, dass mir noch jemand behauptet, das „Hallo“ sei parallel mit der Hal(l)ogenleuchte aufgekommen. Je nun. Kalauer sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Auch das Skelett grüßt noch mit "Hallo". (Foto: Bernd Berke)

Auch das Skelett grüßt noch mit „Hallo“, sofern es nicht „Tschüssikowski“ sagt. (Foto: Bernd Berke)

Ziemlich plötzlich war es da und auch schon bald allgegenwärtig. „Hallo“ hat sich sozusagen hinterrücks eingeschlichen und nahezu grenzenlos ausgebreitet, als wäre es gasförmig. Kaum vorstellbar, dass diese sprachliche Gewohnheit eines Tages wieder verschwindet. Die ganz Cleveren grüßen seit einigen Jahren mit „Moin“. Ob sich das einmal auf breiter Front durchsetzen wird? Eher jedenfalls als „Grüß Gott“.

Übrigens: In vielen Fällen geht das „Hallo“ mit der Sitte des allgemeinen Ikea-Duzens einher. Ob es auch mit der Zunahme veganer Lebensweise zu tun hat, wird bei anderer Gelegenheit noch zu prüfen sein. Oder auch nicht. Abschweif-Schleife vorerst beendet.

Früher, in den analogen Zeiten, war das unscheinbare, wenig bedeutsame Wörtchen „Hallo“ eher auf Telefongespräche beschränkt. Nur selten gab es ein „großes Hallo“. Allenfalls taugte es als gezielter Zuruf, nicht aber als allgemein gültige Wortmünze für fast alle Wechselfälle des Alltags.

Wenn wir mal von den superlustigen Versionen „Hallöchen“ und „Halli hallo“ absehen, können wir feststellen: Wohin man auch kommt, überall schallt und schwallt einem „Hallo“ entgegen, das heißt: Oft wird es auch nur lustlos gemurmelt oder notdürftig hervorgequetscht. Zumeist aber soll es wohl immerzu wache Munterkeit signalisieren. Und junge oder jung geblieben sich wähnende Lockerheit (vulgo: Coolness) sowieso. Man beachte das geradezu adornitisch nachgestellte „sich“ im vorherigen Satz.

Aber wo war ich stehen geblieben? Ach so, ja:

„Hallo“ ist praktisch universell verwendbar, in allen Ländern kann man es – mitunter leicht variiert – einsetzen. Es will ja auch, wie schon angedeutet, gar nicht viel besagen. Das altbackene „Guten Tag“ mag ich vielleicht nicht jedem Deppen entbieten, aber mit „Hallo“ vergebe ich mir nichts. Es entbehrt jeder näheren Verbindlichkeit. Es ist ungefähr so wenig profiliert wie das weltweit häufigste Wort „okay“.

Allerdings kann selbst dieses Wörtlein verschiedene Tonfälle und Färbungen annehmen. Mit fragend intonierter Endsilbe heißt „Hallo“ ungefähr „Bist du noch bei Trost?“ Doch derlei zeitraubende Ausformulierungen ersparen wir uns heutzutage. Aber hallo!

P.S.: Jetzt, da der Text fertig ist, merke ich, dass ich das hingehauchte, hingeschluderte, ungemein lässige „Hi“ nicht gewürdigt habe… Wie konnte ich das nur vergessen?

P.P.S.: Über Abschiedsformeln zwischen „Servus“, „(uuund) Tschüs(s)“, „Tschüssikowski“ und Ciao (Tschau) reden wir eventuell ein andermal.

Und nun das Wetter…

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* Das berühmte Zitat von Georg Christoph Lichtenberg lautet: „Die gemeinsten Meinungen und was jedermann für ausgemacht hält, verdient oft am meisten untersucht zu werden.“