Denkwürdige Vokabeln (1): „Rechtspopulist“

Wieder einmal sorge ich mich – vermutlich ohne jeden Grund – um die Deutlichkeit der deutschen Sprache, sorge mich darum, dass sie da und dort einem Interessenmissbrauch unterliegt – vermutlich ebenfalls grundlos – sorge mich zudem, dass hinter dergleichen Missbrauch System stecken könnte – selbstverständlich auch ohne jeden Grund.

„Rechtspopulismus“ oder „Rechtspopulist“ – häufig gehört oder gelesen, nie ordentlich wahrgenommen oder selbst durchdacht. Was will diese sprachhistorisch noch frisch geborene Vokabel uns nur sagen? Also mir sagt der Begriff „Rechtspopulist“, dass es sich bei dergestalt bezeichneten Menschen um recht Rechte handelt, die indes im öffentlichen Meinungsbild nicht rechts genug sind, dass man sie mit dem „altertümlichen“ Faschist, Neonazi oder Nazi titulieren könnte. Jörg Haider im benachbarten Österreich wurde einst dieses Etikett verpasst, bisweilen wäre es auch für den deutschen Kollegen Jürgen Möllemann passend gewesen – allerdings eint beide der Umstand, dass sie von mittig einsortierten Parteien zwar skeptisch beäugt, jedoch nicht zurückgewiesen wurden. Schließlich wären oder wurden sie ja mal koalitionsfähig.

Beide sind nicht mehr, beide sozusagen Urväter des „Rechtspopulismus“, ihr definierender Begriff aber blieb. Und er änderte seinen Inhalt unmerklich. Merk- und denkwürdige Gestalten in den Niederlanden, in Dänemark, in Finnland oder auch Lendennachkommen des Herrn le Pen in Frankreich, sie alle hängen, in den Medien so beschrieben, dem „Rechtspopulismus“ nach. Also immer ein bisschen unterhalb der faschistischen Reizschwelle operierend.

Doch dann kam es zu Norwegens Breivik, der nicht nur wirres Zeug absonderte, sondern massenmordend auch noch Fanale in sein Land trompeten wollte. Auch diesen Menschen beschrieben die Medien als „Rechtspopulisten“. Da ich nun beim besten Willen nicht mehr erkennen kann, dass diesem Mann ein Handeln unterhalb irgendeiner Reizschwelle unterstellt werden darf, muss ich annehmen, dass große Teile der bundesdeutschen Medien Begriffe vollkommen unbedacht, unüberlegt, unkritisch benutzen. Ich werde sowohl die Medien als auch die Vokabel „Rechtspopulismus“ auch fortan kritisch begleiten. Muss ich mir Gedanken um mich machen…?

Abschnitt aus dem Duden-Universalwörterbuch (Foto: Bernd Berke)