Familienfreuden XXII: Die Auswegloslösungsmaschine

Seit ich Ma bin, wünsche ich mir manchmal eine kleine Maschine: Sie wäre so groß wie ein Smartphone, hätte ein Mikrofon und an einer Seite einen Schlitz, aus dem kleine Druckwerke kommen können.

Heiß ersehnt: Die Lösungsmaschine für Situation, in denen Eltern Ratlosigkeit packt. (Bild: Albach)

Heiß ersehnt: die Lösungsmaschine für Situationen, in denen Eltern Ratlosigkeit packt. (Bild: Albach)

Immer dann, wenn ich mal wieder in eine Situation mit Fiona geriete, bei der ich nicht weiter weiß, würde ich das Maschinchen anwerfen, es ein paar Minuten mithören lassen und schwups – käme ein feiner, kleiner Zettel heraus mit dem ultimativen Ratschlag zur Lösung des Problems. Bis dieser Wunderapparat erfunden ist, müssen Normen und ich leider weiter improvisieren.

Die armen Nackten

Das Fiese ist ja, dass solche Situationen oft ohne große Ankündigung kommen. Ok, man merkt natürlich schon, wenn Fionas Stimmung fragil ist. Was aber zum tatsächlichen Ausbruch führt, ist unkalkulierbar, völlig unlogisch.

Es war im Urlaub. Wir hatten gerade gemütlich gefrühstückt, es ruhig angehen lassen und waren nun (zu bester Mittagssonne) am Strand angekommen. Der schönste Abschnitt wurde vorrangig von FKKlern besucht und obwohl wir selbst keine Freikörperkultur-Anhänger waren, fühlten wir uns dort wohl. Fi hatte die nackten Menschen beim ersten Mal lange beobachtet und schließlich gefragt: „Mama, sind die arm?“ „Nein, wieso?“ „Weil die nichts anhaben!“ „Das finden die Menschen schön.“ „Ach so…“ Diese Irritation war also längst ausgeräumt.

Flucht bei Ankunft

Diesmal aber sah uns eine ältere Dame ankommen und stand, kaum dass wir fünf Meter von ihr entfernt unsere Strandmuschel aufgebaut hatten, auf, um sich einen Platz weit von uns entfernt auszusuchen. Möglicherweise hätte ich das als Omen begreifen sollen.

Fi verlangte einen Keks. Ich: „Wir haben gerade gefrühstückt, Du bekommst jetzt nichts Süßes.“ „Aber ich habe Hunger!“ „Dann hättest Du beim Frühstück mehr essen sollen. Ich habe Dich fünf Mal gefragt, ob Du Deinen Fruchtjoghurt aufessen willst. Hier kannst Du ein Stück Brot haben.“ „Ich will JETZT meinen Joghurt!“ „Der steht zu Hause!“ „Ich will nach Hause!“ „Wir sind gerade erst angekommen, wir fahren jetzt nicht wieder.“

Vulkanausbruch

Zack – da war es geschehen! Vulkanausbruch. Fi brüllte. Weinte. Warf sich hin. Trat um sich. Die Sandmuschel schluckte zumindest ein bisschen von dem Geschrei, so dass nicht auch alle anderen Strandbesucher aufstanden und umzogen.

Ich durchlaufe in diesen Momenten immer ein Standardprogramm, das sich in drei Phasen gliedert:

1. pädagogisch wertvolles Auftreten (Erklärungsversuche und wohlformulierte Appelle, die keiner hört außer mir).

2. Wut („Jetzt HÖR BITTE AUF!!!“ – komplett wirkungslos).

3. Mitleid. Schweigend sahen Normen und ich einige Zeit zu, wie sich unsere Tochter im Sand lautstark und erfolgreich selbst panierte. Dann sah man langsam die Rage aus ihr weichen und ein Häufchen Elend überbleiben.

Vergessen

Ich nahm sie in den Arm und fragte, ob sie vielleicht mit ins Meer wolle. Schniefend nickte sie. Wir gingen schwimmen, sie warf sich jauchzend in die Wellen. Das Unglück war vergessen.

Drei Stunden später fuhren wir zurück zu unserem Ferienhaus. Fi schlief vor Erschöpfung ein.

Als wir angekommen waren, wachte sie auf. Sie blinzelte – und sagte bestimmt: „Ich will jetzt meinen Joghurt essen!“