„Die halbamtliche Kairoer Zeitung…“ – Über gewisse Floskeln in den Nachrichten

Kleines Rätsel ohne Preis. Wie gehen denn wohl die folgenden Nachrichten-Floskeln weiter?

„Die halbamtliche Kairoer Zeitung…“

„Der drusische Milizenführer…“

„Autoexperte…“

Beispielsweise eine "Lichtgestalt"... (Zeichnung: Stella Marie Berke)

Beispielsweise eine „Lichtgestalt“… (Zeichnung: Stella Marie Berke)

Richtig, alles richtig. Applaus, Applaus!

Die gesuchten Ergänzungs-Wörter schnacken ja auch gleichsam automatisch ein. Die Zeitung aus Kairo heißt natürlich Al-Ahram. Der heute nachrichtlich nicht mehr so präsente Milizenführer nennt sich Dschumblatt (dieser satte Namensklang!). Der vielzitierte Autoexperte ist in rund 95 Prozent aller Fälle Ferdinand Dudenhöffer und wirkt als Professor an der Uni Duisburg-Essen. Mit den Terrorexperten verhält es sich hingegen anders. Davon gibt inzwischen Dutzende. Mindestens.

Weitere Beispiele dürften sich dennoch schnell finden. Aber die erwähnten sind schon besonders bewährte Exemplare. Ehedem gehörten zum Beispiel auch „Literaturpapst…“ (Reich-Ranicki) oder „Die Lichtgestalt…“ (Franz Beckenbauer) hinzu. *hüstel*

Ich finde solche Formeln hinreißend, weil sie fast schon etwas mathematisch Folgerichtiges zu haben scheinen. Dabei wurden und werden sie völlig unreflektiert in Texte eingestreut und erweisen sich bei näherem Hinsehen als unbegriffene Leerformeln. Man sagt und schreibt sie halt einfach so dahin. Und der Medienkonsument hat etwaige Details eh meist rasch vergessen. Vielleicht handelt es sich ja um beschwörende Zauberworte, die zu einem geheimen Ritual gehören.

Bitte sehr: Wer hat uns jemals erklärt, was es mit dem Etikett „halbamtlich“ auf sich hat? Wer beeinflusst denn wohl die andere Hälfte? Und welche Behörde ist für die ersten 50 Prozent zuständig? Sollen wir annehmen, dass die Zitate aus dieser Gazette ohnehin mit Vorsicht zu genießen sind? Dann könnte man sie sich und uns vielleicht auch ersparen.

Warum erfahren wie nie, dass dieser höchst ominöse, extrem antiisraelisch eingestellte Dschumblatt auch einen Vornamen hat (Walid)? Was müssen wir uns unter einem drusischen Milizenführer vorstellen, außer dem kläglichen Umstand, dass die bloße Nennung eine intime Kennerschaft vortäuscht, die der eilige Journalist nicht mit jedem hergelaufenen Hörer und Leser teilen mag?

Kann es Zufall sein, dass zwei unserer Beispiele aus Zusammenhängen des Nahen Ostens stammen? Muss da nicht der Verdacht keimen, dass ein weiteres Nachdenken über das dortige fortwährende Chaos sich angeblich sowieso nicht lohnt? Sind solche Formeln gar (nutzlose) Wegmarken im weiten Felde der Unübersichtlichkeit, die Orientierung lediglich vorgaukeln?

Fragen über Fragen, die wir uns endlich gern einmal von Floskel-Experten beantworten ließen. Aber ein bisschen dschumblatt!