„Datengrab“: Ruhrgebiets-Krimi rund um IT-Sicherheit

Das Fernsehteam Pegasus ist wieder da und Kameramann Klaus-Ulrich Mager bekleckert sich nicht nur nicht mit Ruhm, sondern er steht sogar auf der Liste der Verdächtigen eines Verbrechens, das man doch einfach nur dokumentarisch hat begleiten wollen.

Im ehemaligen Schrebergarten seiner Eltern wird eine skelettierte Leiche gefunden und Dortmunds eigenwillige Kommissarin Kasten will zunächst nicht ausschließen, dass die ehemaligen Besitzer die Leiche, welche als eine seit Jahren als vermisst gemeldete Studentin identifiziert wird, unter das Gartenhaus verbracht haben.

Eine Leiche im Schrebergarten

Erste Spuren führen an das renommierte Kopula-Institut der Uni Duisburg-Essen, das sich im Bereich der IT-Sicherheit einen Namen gemacht hat. Der Zufall will es, dass dort die Freundin von Magers Sohn Kalle als IT-Expertin ebenfalls an dieser Uni arbeitet und sich unfreiwillig im Nebenjob als Ermittlerin betätigt. Gesucht werden die Doktorandin Lea Bensdorf und der IT-Supporter Tim. Simone hackt sich in die Systeme des Kopula-Instituts und was sie dort in alten „Datengräbern“ zutage fördert, lässt schaudern – und schnell einen Zusammenhang mit der Leiche im Schrebergarten vermuten.

Mit „Datengrab“ bringt sich das Fernsehteam Pegasus bereits zum zehnten Mal in Stellung. Die Krimis stammen aus der Feder von Reinhard Junge, einige entstanden gemeinsam mit Leo P. Ard, einem anderen Urgestein des gepflegten Ruhrgebietskrimis. Für „Datengrab“ holte Junge sich nun aber Christiane Bogenstahl mit an Bord. Die Bochumerin IT-Expertin schrieb bereits Kurzkrimis und sorgt nun sozusagen für das „Reboot“ der Pegasus-Reihe.

Revier zwischen Unis und Zechen

Mit über 400 Seiten liefern die beiden schon einen ordentlichen Schmöker ab und schütten ein wahres Füllhorn an Themen aus. Es geht um Macht und Machtmißbrauch, Gier, Eitelkeit, Mobbing und IT-Sicherheit. Das alles im Umfeld des akademischen Ruhrgebiets, aber auch das Milieu des „alten“ Ruhrgebiets mit seinen Zechensiedlungen und Schrebergärten kommt nicht zu kurz. Und wer nicht aus dem Revier kommt, kennt spätestens nach Lektüre dieses Krimis eine der wichtigsten Alltagsregeln hier: „A 40 nur, wennste Zeit hass“.

Das Verbrechen wie auch Täter und Drahtzieher kennt man beinahe von Anfang an und weiß über ihre Motive Bescheid, nur die Zusammenhänge erschließen sich erst sukzessive. Die dennoch durchweg hoch gehaltene Spannung speist sich hauptsächlich aus den Wegen, die Kriminalpolizei und die auf eigene Faust ermittelnden Fernsehleute beschreiten müssen, um die fast schon mafiös anmutenden Strukturen des Kopula-Instituts zu durchschauen und die Bösewichte schlussendlich zur Strecke zu bringen.

Nur eine Marotte trübt den Genuss

Die bei aller Bedrängnis ihren Humor nicht verlierenden Charaktere sind in kurzen, knackigen Kapiteln gut herausgearbeitet, man fiebert gerne mit, mag vor allem Simone und Kalle und verabscheut den Institutsleiter. Die Autoren beschränken sich auf klare Sätze und fast wäre das Krimivergnügen ungetrübt gewesen, wenn nicht immer wieder Absätze irritieren würden, in denen z.B. für ein und diesselbe Person mehrere verschiedene Bezeichnungen gebraucht werden.

Als Leser(in) fragt man sich unwillkürlich, ob hier gerade der Einsteigerkurs „Kreatives Schreiben, Folge eins: Synonyme leicht gemacht“ läuft. Diese irgendwie albern anmutende Angewohnheit reißt aus dem gemütlichen Lesefluss raus, was umso ärgerlicher ist, da die Spannung eigentlich an keiner Stelle stockt und ein Wachmacher somit gar nicht vonnöten wäre.

Viel Spaß hingegen machen die gelegentlichen Cross-Over-Begegnungen mit den Protagonisten eines anderen Krimi-Kosmos, mit Kommissar Schüppe und den Mannen von Broadfacts-TV. Ob deren geistigen Vater Thomas Schweres uns wohl seinerseits in seinem neuen Krimi „Die Abbieger“ verrät, wie seine Charaktere die brummelige Kommissarin Kasten und das neue Pegasus 3.0. Team finden?

Bogenstahl & Junge: „Datengrab“. Kriminalroman. Grafit Verlag, Dortmund. 445 Seiten, € 12,00.

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