Bariton Thomas Quasthoff beendet Sängerkarriere: Auch geplante Auftritte in Dortmund und Essen abgesagt

Traurige Nachricht für alle Musikfreunde: Wie die Philharmonie Essen am 11. Januar mitteilt, beendet Thomas Quasthoff seine Karriere als Sänger. Der Bassbariton, der vor allem als Lied- und Oratoriensänger eine beispiellose Karriere hinter sich hat, wird aber nach wie vor auf der Bühne zu erleben sein, wie er auf seiner Homepage mitteilt: „Thomas Quasthoff wird als Sprecher, bei Lesungen und im Rahmen der neuen Reihe «Thomas Quasthoffs Nachtgespräche» am Konzerthaus Berlin auf der Bühne zu erleben sein.“ Ausfallen muss jedoch das für 19. Mai 2012 in der Philharmonie Essen geplante Konzert. Die Karten werden zurückgenommen, teilte die Philharmonie mit. Quasthoff hatte in der Region außerdem Auftritte am 26. Januar im Konzerthaus Dortmund und am 28. Januar in der Philharmonie Köln geplant. Bei beiden Konzerten springt der Bariton Florian Boesch ein.

Für Quasthoffs Entscheidung sind gesundheitliche Gründe maßgebend. Der Sänger hatte 2011 mit einer hartnäckigen Kehlkopfentzündung zu kämpfen. Seine Gesundheit erlaube es ihm nicht, „dem Anspruch, den ich immer an mich selber und an die Kunst gestellt habe, gerecht werden zu können“, begründet der Künstler seine Entscheidung. „Ich habe dem Beruf sehr viel zu verdanken und gehe ohne Bitterkeit. Im Gegenteil – ich freue mich auf neue Herausforderungen, die es in meinem Leben geben wird. Ich bedanke mich bei allen Musikerkolleginnen und -kollegen, mit denen ich gemeinsam auf der Bühne stehen durfte, bei allen Veranstaltern und bei meinem Publikum für ihre Treue“, wird Quasthoff in der Pressemitteilung zitiert.

 

Thomas Quasthoff bei seinem letzten Auftritt als Sänger in der Essener Philharmonie im Dezember 2010. Foto: Sven Lorenz

Thomas Quasthoff bei seinem letzten Auftritt als Sänger in der Essener Philharmonie im Dezember 2010. Foto: Sven Lorenz

 

Essens Intendant Johannes Bultmann äußerte sich „sehr schockiert“, bekundet aber seinen Respekt vor einer Entscheidung, die „keineswegs selbstverständlich“ sei. Noch im Dezember 2010 sei Quasthoff mit einer Gala zu seinem 50. Geburtstag in der Philharmonie zu Gast gewesen. Dies sei – wie heute bekannt – einer seiner letzten großen Auftritte als Sänger gewesen.

Der 1959 in Hildesheim geborene Sänger studierte bei Charlotte Lehmann in Hannover. 1984 hatte er seinen ersten großen Auftritt im Oratorium „Die letzten Dinge“ von Louis Spohr in Braunschweig. 1987 gewann er den Ersten Preis beim Mozartfest-Wettbewerb in Würzburg. Den Karriere-Durchbruch ermöglichte der Gewinn des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD im Jahr 1988. Sieben Jahre später gab Quasthoff beim Oregon Bach Festival sein USA-Debüt; 1999 trat er erstmals in der Carnegie Hall in New York auf – mit Schuberts „Winterreise“.

Auch auf der Opernbühne war Thomas Quasthoff zu erleben, so 2003 in Beethovens „Fidelio“ unter Simon Rattle bei den Salzburger Osterfestspielen. 2004 folgte der Amfortas in Wagners „Parsifal“ an der Wiener Staatsoper. Quasthoff nahm in den letzten Jahren auch Jazz, Soul und Blues in sein Programm auf. Der vielfach ausgezeichnete Künstler unterrichtet seit langem junge Sänger; 1996 erhielt er eine Professur an der Musikhochschule Detmold, 2004 wechselte er an die Hanns Eisler Hochschule in Berlin. Seine Diskografie ist reichhaltig; zu seinen letzten Veröffentlichungen zählen das Jazz-Album „Tell it like it is“ (2010), Bachs „Matthäuspassion“ mit dem Thomanerchor und dem Gewandhausorchester unter Riccardo Chailly (2010) und eine Platte mit italienischen Arien von Joseph Haydn mit dem Freiburger Barockorchester (2008). Berühmt geworden sind zum Beispiel seine Aufnahmen der „Winterreise“ mit Charles Spencer am Flügel oder seine Loewe-Balladen mit Norman Shetler als Begleiter.