Staunenswerte Fülle – das Revier im Zeichen der Kultur

Von Bernd Berke

Der alte, eigentlich etwas abgegriffene Slogan „Ruhrgebiet – Kulturgebiet“ hat sich am Wochenende mit ungeahntem Leben erfüllt. Fast kann man schon von Angebots-Überfülle sprechen.

Die Ruhrtriennale hat begonnen, Zehntausende waren bei der „Nacht der Industriekultur“ im ganzen Revier unterwegs, die Essener Zeche Zollverein wurde offiziell zum Weltkulturerbe erklärt. Und „ganz nebenbei“ eröffnete in der Essener Villa Hügel die fulminante Schau mit Barock-Stillleben.

In wenigen Tagen wird zudem Dortmund kulturell im Blickpunkt der Republik stehen, wenn vom 13. bis 15. September das Konzerthaus feierlich eingeweiht wird.

Da verblassen sogar Berlin und München

Derlei weithin ausstrahlende Aktivitäten haben nun auch die überregionale Presse von dern Qualitäten der Regio zwischen Dortmund, Hagen und Duisburg überzeugt. In der „Süddeutschen Zeitung“ erschien ein umfänglicher Artikel, der die Triennale und das Konzerthaus mit höchsten (Vorschuss)-Lorbeeren bedachte. Eine solche Philharmonie wie Dortmund, so klagte das Blatt, habe München nicht zu bieten. Auch die Tatsache, dass bei den Berliner Philharmonikern Simon Rattle als neuer Chefdirigent anfängt, werde neben Dortmunds neuem Haus verblassen.

Wer wollte auch direkt nach diesem prallen Revierkultur-Wochenende ins Mäkeln verfallen? Freuen wir uns erst einmal über Vielfalt ,und Lebendigkeit dieser Tage.

Die täglichen „Mühen der Ebene“

Beizeiten allerdings, wenn der Kartenverkauf der Ruhrtriennale nicht noch Höhenflüge erleben sollte, wird auch über das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu reden sein. Schlimmstenfalls wird die NRW-Landesregierung eine gewisse Standfestigkeit brauchen, um weiterhin die hohen Festival-Zuschüsse zu rechtfertigen. Hoffen wir, dass die Triennale nur den richtigen Anschub braucht, dann zum „Selbstläufer“ wird – und die bestehenden Bühnen zu ehrgeizigen Taten beflügelt.

Bei allem Regionalstolz muss zudem an die täglichen „Mühen der Ebene“ erinnert werden: an die oft missliche Lage der städtischen Theater. In Wuppertal herrscht ein rigider Sparkurs, in Dortmund drohen eines Tages vielleicht ebenfalls herbe Einschnitte. Kultur ist eben eine Daueraufgabe, nicht nur der Glanz einiger Wochenenden.