„Den Menschen nicht absacken lassen“ – Dortmunder Autor Josef Reding wird 75 Jahre alt

Von Bernd Berke

Dortmund. Er gilt als durchaus gesprächig, auch in eigener Sache. Doch literarisch äußert er sich sehr knapp und unprätentiös. Ohne Umschweife und fast schmucklos steuern Josef Redings Kurzgeschichten und Gedichte auf die Realität zu. Er möchte rasch wirken, da halten gedrechselte Feinheiten nur auf.

Reding, 1929 in Castrop-Rauxel als Sohn eines Filmvorführers geboren und seit 1965 in Dortmund lebend, wird heute 75 Jahre alt. Weit über 30 Bücher gibt es von ihm, übersetzt in 16 Sprachen und vielfach preisgekrönt. Den kurzen Formen blieb er durchweg treu.

Ein Gedicht über Dortmund beginnt so: „Meine Stadt ist oft schmutzig; / aber mein kleiner Bruder / ist es auch / und ich mag ihn. / Meine Stadt ist oft laut; / aber meine große Schwester / ist es auch / und ich mag sie.“

Einfache Sätze, klare Botschaft. Kein Wunder, dass solche lehrhaften „Gebrauchstexte“ Eingang in Schulbücher gefunden haben. Reding begreift Kinder als hoffnungsvolle Zielgruppe. Sie könnten die Welt noch ändern.

Früh die heiklen sozialen Themen aufgespürt

Sein erstes Buch („Silberspeer und roter Reiher“) erschien 1952, bevor Reding sein Abi machte. Zwei Jahre lang arbeitete er ganz handfest als Betonwerker, dann erst begann er ein Studium. Sehr zeitig erkannte Reding soziale Themen, die erst später breit debattiert wurden. So griff er etwa 1954 in „Trommlerbub Ricardo“ den Kolonialismus und die Ausrottung mexikanischer Indianer auf. Seine dokumentarische Textmontage „Friedland. Chronik einer Heimkehr“ (1956) schildert die Leiden der Heimatvertriebenen. Andere stießen erst jüngst auf dieses lange politisch verminte Themenfeld.

In Harlem und New Orleans engagierte sich Reding für die Bürgerrechtsbewegung des Martin Luther King (Buch: „Nennt mich nicht Nigger“). Drei Jahre lang lebte und half er in den Lepragebieten Asiens, Afrikas, Lateinamerikas. Reding stellt sich stets auf die Seite der Schwachen.

Seine Leitsterne sind Mitmenschlichkeit und notfalls gewaltloser Widerstand. Davon zeugen auch Tagebücher wie „Reservate des Hungers“ (1964) und „Menschen im Müll“ (1983). Redings Engagement ist christlich motiviert, Ethik geht im Zweifelsfalle vor Ästhetik. „Ich bitte im Grunde darum“, schrieb er einmal, „den Menschen nicht absacken zu lassen, ihn nicht aufzugeben.“ Doch in der Literaturgeschichte sind leider die gütigen, wohlmeinenden Menschen nur selten die Avantgarde gewesen.