Meilensteine der Popmusik (9): Rod Stewart

Den Hüftschwung von Elvis, die Grazie eines John Travolta, eine Ausstrahlung fast schon wie Michael Jackson, die blonde Mähne trug er schon Jahrzehnte vor John Bon Jovi, nur die Stimme war und ist unverwechselbar.

Every picture tells a story

Rod Stewart hatte für all das Zeit genug, um es intensiv zu üben. Vom Skiffle zur Folkmusik, vom Blues dann endlich zum Rock. Der Anfang einer Karriere im Schnelldurchgang: Von Long John Baldry auf einem Bahnsteig Mundharmonika blasend entdeckt, spielte er mit Brian Auger, Julie Driscoll und Jeff Beck, bis ihn schließlich Ron Wood zu den Faces holte. Zwei Plattenverträge hatte der 23-jährige plötzlich in der Tasche. Einen für die Gruppe, den anderen als Solist. So ausgestattet, galt es weiter am Image zu basteln. Zuerst musste man dem Publikum beim Vortrag etwas zeigen, und zwar mehr als nur den Rücken. Diese Haltung bevorzugte Rod, der Schüchterne, bei seinen ersten Auftritten, er traute sich nicht, dem Publikum in die Augen zu schauen.  Als er sich zum ersten Mal umdrehte und sich dem Publikum zeigte, ging auch gleich der Schweinehund mit ihm durch.

Wer einen seiner Auftritte in den 70ern miterleben konnte, hatte es ganz schnell begriffen: Die ersten Reihen waren preislich reserviert; für die Freier mit ihren Miezen, eingelullt in einen Hauch von teurem Schlangenleder und süßlichem Parfüm. Hie und da noch ein erfolgreicher Gebrauchtwagenhändler, dahinter dann der kreischende Mob. Den kleinen Mädchen zeigte Rody in hautengen Satinhosen, was ein echter Kerl ist. Das Motto des Gesamtkunstwerks: Trinkfestigkeit, Weibergeschichten und Fußball. Draußen vor der Halle standen die verschreckten Eltern und sammelten ihre verstörten Kleinen wieder auf. Mindestens 15 Jahre Erziehung waren so im Eimer, nur die Mutter fragte leise: „Hat er auch ‚Sailing‘ gesungen?“ So hatte Rod Stewart die Generationen wieder im Griff.

Als er 1971 seine LP „Every picture tells a story“ veröffentlichte, war das alles noch nicht so vorherzusehen. Rod Stewart nahm eine Handvoll guter Musiker (unter anderem seine Gruppe Faces) mit ins Studio und schrie sich die Seele aus dem Leib. Und auch seine Kumpels prügelten ihre Instrumente, als ob es ihre letzte Chance wäre. „Every picture tells a story“ brachte Rod Stewart überraschend die erste Nummer 1. Zudem auch noch mit der Single „Maggie May“, die eigentlich nur als B-Seite vorgesehen war, und als Notlösung für diese LP galt. Das Ganze passierte sogar im Schlaraffenland Amerika. Dort hatte man gerade den Rock entdeckt.

Wenn er auch heute, in die Jahre gekommen, die speckigen Hüften im Maß-Sakko versteckt, möchte man ihm ab und zu immer mal wieder kräftig und aufmunternd auf die Schultern schlagen: „Hey, alter Knabe, lass´die Fisimatenten…die 60er sind noch nicht ganz tot, sie leben … noch eine Runde!“

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