Der leuchtende Augenblick – Wuppertaler Museum präsentiert den deutschen Impressionisten Max Slevogt

Von Bernd Berke

Wuppertal. Jetzt ist das „Dreigestirn“ der deutschen Impressionisten komplett: Nach Ausstellungen über Max Liebermann und Lovis Corinth zeigt Wuppertals Von der Heydt-Museum nun Werke von Max Slevogt (1868-1932), der sonst stets etwas im Schatten der beiden anderen Größen steht.

Man konzentriert sich auf Slevogts „Berliner Jahre“ ab Ende 1901. Der gebürtige Landshuter Slevogt hatte sich in München zunächst an die realistische Sichtweise eines Wilhelm Leibl gehalten, dann aber Bilder wie „Danae“ (eine perspektivisch rigoros gestauchte Nackte) riskiert. In der eher konservativen Bayern-Metropole sah man durch diese respektlose Darstellung den antiken Mythos beschmutzt. Es gab also Ärger.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Zugleich war just in jenen Jahren Berlin das neue, aufstrebende Kunstzentrum. Slevogt, dem der Ruf besonderer Begabung vorausgeeilt war, erregte dort Aufsehen mit seinen heftigen, unkonventionellen, wenn auch anfangs noch etwas ungelenken Bildern („Der verlorene Sohn“ markiert den Auftakt in Wuppertal). Folge: Max Liebermann lud ihn an die Spree ein, Slevogt ließ sich dort nieder. Ein Beleg für die alte Einsicht: Man muss nur zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute kennen und an den richtigen Ort kommen…

In Berlin entfernte sich Slevogt von seinen vormals traditionalistischen Landschaften. Entscheidend: Zuerst bei einer Paris-Reise, dann durch den Berliner Verleger und Sammler Bruno Cassirer, lernte er die Werke französischer Impressionisten schätzen.

Slevogts Farbpalette hellte sich auf, der Pinselstrich wurde spontaner, freier, energischer. Nun entstanden selbstsichere Bild-Setzungen, im nah besehenen Detail zuweilen fahrig wirkend, im Gesamteindruck von duftig flirrender Atmosphäre beseelt. Manchmal ist’s, als wären feinste Nuancen aus einem Flakon aufgesprüht worden. Oder so, als hätte derMusikkenner Slevogt subtile Notenwerte in Farben umgetupft.

Lebensfrische Bildnisse junger Frauen

Dies gipfelt im triumphalen Rollenbildnis des Opernsängers Francesco D’Andrade (in Mozarts „Don Giovanni“): „Das Champagnerlied“ (1902) lässt die Farben zur Feier des großen Moments perlen und prickeln.

Slevogts Entwicklung lässt sich in Wuppertal anhand von rund 80 Gemälden sowie Zeichnungen und Graphiken eingehend verfolgen. Die aus Museen in ganz Deutschland und mit Raritäten aus Privatsammlungen satt bestückte Schau versammelt beispielsweise etliche Porträts aus der Berliner Gesellschaft. Slevogt verquickt realistische Errungenschaften, psychologische Durchdringung und impressionistischen Hauch zu rauschenden Synthesen. Delikat, zärtlich und ungemein lebensfrisch wirken seine Porträts junger Frauen. Und wenn Slevogt einen Bankdirektor verewigt, stellt sich schon in der Komposition dessen rastlose Ungeduld mit. Der Mann drängt beinahe aus dem Bild heraus, als müsse er eilends zum Termin.

Leoparden mit schimmerndem Fell

Eine Bilderreihe aus dem Frankfurter Zoo zeigt Löwen, Leoparden und Tiger mit schimmernden Fellen. Auch diese Tiergestalten sind also gleichsam bereit fürs impressionistische Leuchten. Spätere Ansichten von einer Ägypten-Reise und Landschaften der Pfalz (wohin sich Slevogt immer wieder zurückzog), runden den Überblick ab.

Schließlich die markanten Selbstporträts, die den Wandel der Selbsteinschätzung ahnen lassen. Auf dem „Selbstbildnis mit Pinsel und Palette“ (1895, Leihgabe aus Dortmund) warten zwei weibliche Modelle schwatzend im Hintergrund, bis sich der noch ungefestigt erscheinende Maler an sich selbst im Spiegel sattgesehen hat. Fürs „Selbstbildnis mit schwarzem Hut“ (1913) tritt Slevogt nicht mehr als Maler im Atelier, sondern als wuchtiger Bürger vor dem Gewimmel einer Berliner Straße auf; ganz so, als wolle er uns mit kaiserzeitlichem Gebaren zurufen: Es ist erreicht!

6. März bis 22. Mai. Von der Heydt-Museum, Wuppertal, Turmhof 8. Eintritt 5 Euro, Katalog 29 Euro.