Schräger Poet des deutschen Alltags – Der Liedermacher Funny van Dannen und seine neue CD „Nebelmaschine“

Von Bernd Berke

Mal klingt er heiser wie ein grimmiger Protestsänger aus den 1960er Jahren, mal dröhnend wie ein haltloser Gitarren-Schrammler am Lagerfeuer. Doch so leicht und billig lässt sich der Liedermacher Funny van Dannen nicht einsortieren. Denn er ist ein Phänomen ganz eigener Art.

Ist er nun melancholisch, romantisch, treuherzig, hinterrücks ironisch oder abgründig absurd? Auch auf seiner mittlerweile achten CD „Nebelmaschine“ mischen sich derlei Gefühlsfarben so unverfroren wie bei keinem anderen Sänger.

In seinen schrägen Songs gibt’s zuweilen grausam gereimte Zeilenpaare. Manchen Einfall könnte man für einen bloßen Pennäler-Ulk oder eine grenzdebile Schaffe irgendwo im Dunstkreis zwischen Heinz Erhardt, Mike Krüger und Helge Schneider halten. Im Grunde aber ist der Mann ein sentimentaler Poet, der den deutschen Alltag immer wieder mit sanfter Gewalt auf den Begriff bringt und dabei gelegentlich sogar ganz neue Sinn- oder eben Unsinns-Horizonte aufreißt. Wo er frei assoziiert und kluge mit bescheuerten Gedanken abenteuerlich verknüpft, da wächst kaum noch Gras.

Viele seiner Lieder haben das Zeug zum Klassiker. Von den bisherigen Alben könnte man etliche Beispiele nennen: von „Gib es zu, du warst beim Nana Mouskouri-Konzert“ bis „Als Willy Brandt Bundeskanzler war“, der vielleicht stimmigste aller Retro-Songs über die 70er Jahre. Auch auf der neuen CD (nicht mehr solo, sondern mit Band eingespielt) finden sich solche genialischen Würfe.

Beispielsweise „Infrastruktur“. Die Idee: Da setzen sich in der sonst so grämlichen Jammerrepublik Deutschland auf einmal ganz viele Leute genüsslich hin und freuen sich einfach gemeinsam über die heimische Infrastruktur. Die funktioniert ja noch so einigermaßen. Vielstimmig ertönt der entsprechende Jubel-Refrain. Hinreißend! Die Melodie ist so ungemein eingängig wie beim Zitter-Gesang von den „Bodenunebenhelten“ – die imaginären Schlaglöcher lassen selbst starke Stimmen beben.

Ferner erfahren wir, dass der hehre Bundesadler früher mal ein ganz kaputter Typ war, bis er in Bonn und Berlin groß herauskam. Wir hören Funny van Dannen beim vergeblichen Versuch zu, einen deprimierten Freund mit einem Lied über „Blutige Halme“ (was immer das sei) aufzuheitern. Herzzerreißend die Klage des Mannes, der sein spezielles Sammelalbum verloren hat – mit lauter „Fotos von Ohren“. Für gehärtete Gemüter gibt’s Tracks wie „Dingficker“ oder „Hobbynutte“. Aber man vernimmt auch Träumereien vom Wahren, Schönen, Guten wie „Gelingendes Leben“. Eine gewisse „Kaffee-Hag-Gemütlichkeit“ hat ein Kritiker solchen Sachen mal bescheinigt. Da ist ‚was dran.

Hier finden sich allerlei treffliche Balladen, klappernde Liedlein im nostalgischen Western-Rhythmus oder gaaaanz entspannte Songs im somnambulen Rumba-Stil. Das alles trägt Funny van Dannen betont „uncool“ vor, mit dem Mut zu vermeintlicher Spießigkeit und Banalität. Großer Sport!

Funny van Dannen: „Nebelmaschine“. CD bei Trikont.

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Ehemaliger Holländer

Der Sänger und Liedermacher „Funny van Dannen“ heißt bürgerlich Franz Josef Hagmanns. Er wurde 1958 in Tüddern geboren. Kurios: Damals gehörte dieser kleine Ort zu den Niederlanden, seit 1963 liegt er in NRW.

Erste Lieder soll „Funny“ mit 14 Jahren im südholländischen Dialekt geschrieben haben. Später zog er nach Berlin, wurde Werbegrafiker, spielte in diversen Punkbands und war ein Mitbegründer der legendären Gruppe „Lassie Singers“, aus der später die ebenso starke Frauenband „Britta“ hervorging.

Inzwischen hat Funny van Dannen zuweilen prominente Abnehmer: Er schrieb mehrere Titel für die „Toten Hosen“, und sein „Nana Mouskouri“-Song wurde von Udo Lindenberg gecovert. Heute wohnt der vierfache Vater (lauter Söhne) im denkbar szene-fernen Berliner Bezirk Tempelhof. Noch so eine irgendwie sympathisch „uncoole“ Entscheidung.