Nichts zu verlieren – neue CD der Kölner Band „Erdmöbel“

Von Bernd Berke

Besser kann’s kaum anfangen: Schon der Titelsong ist eingängig, die Harmonie zum Refrain erinnert wahrlich an die Beatles. Wer schafft das?

Immer noch ein Geheimtipp: Die Band heißt „Erdmöbel“ (also: Sarg) und kommt aus Köln. „Für die nicht wissen wie“ ist das sechste Album seit 1996. Musikalisch geben sie jeder Platte eine andere Grundfarbe – von Elektronik-Rock über Chanson bis zum 60er Jahre-Sound. Textlich bewegen sie sich auf einem Niveau, das bei uns sonst kaum erreicht wird. Wenn ein Vergleich sein muss: Sven Regeners lakonische Poesie für „Element of Crime“, das wäre in etwa die gleiche Liga.

Der Gründer und Songschreiber von „Erdmöbel“ heißt Markus Berges. Er singt unverkennbar. Sehr entspannt, lässig und zuweilen träge bis zur Trance. Titel wie „Nichts zu verlieren“ öder ein „Lied über gar nichts“ sind stimmungstypisch. Stets melancholisch, nie verzweifelt. Das Richtige zum Abhängen und Nachsinnen. Trotzdem ist das meiste tanzbar.

Englisch passt in aller Regel besser zum Rock-Rhythmus. Doch gerade das gelegentlich Holprige am Deutschen kann enorme Qualitäten entfalten, wenn es so phrasiert wird wie hier. Nicht, immer flüssig geht’s voran, sondern zuweilen stockend – und daher umso druckvoller, wenn der fein kalkulierte Wortstau sich löst.

„Erdmöbel“ hat, wie schon der Bandname ahnen lässt, einen Hang zur höheren, manchmal morbiden Schrulligkeit. Beinahe dadaistisch wird ein offenbar weitläufig bedrucktes Schlafgewand gepriesen: „Was ich an deinem Nachthemd schätze / sind die orangenen Tennisplätze / im Wald der Wendehammer für die Feuerwehr / das Binnenmeer…“ Gesungen klingt das wie die schönste Liebeserklärung der Welt.

Als „Nah bei dir“ hört er sich abermals ganz unverbraucht an: Burt Bacharachs sanft eindringlicher Klassiker „Close to You“, in den 70ern ein Hit der Carpenters und auch von der jüngst „wiederentdeckten“ Französin Claudine Longet gecovert. Von solchen Traditions-Linien lebt die Musik. Und wie!

• Erdmöbel: „Für die nicht wissen wie“. CD bei tapeterecords / Live am Freitag, 7. Oktober, im Dortmunder FZW.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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