Mit der Mark kam die Mode

Ab und zu sollte man seinen Blick vom Alltag lösen und versuchen, von ferne auf unsere Probleme zu blicken. Das gilt nicht nur räumlich sondern auch zeitlich. Zum Beispiel aus dem Jahre 1950.

Damals war der Krieg gerade fünf Jahre vorbei, die neue Währung gab es seit zwei Jahren, und doch ging es aufwärts. In Gevelsberg fand sogar 1951 schon eine Modenschau statt: “Entzückende modische Neuheiten auf dem Laufsteg“, schrieb die Westfälische Rundschau am nächsten Tag über das Ereignis im hinteren Saal einer Gaststätte. Große und schlanke Frauen zu kleiden, das sei ja kein Kunststück, schreibt der Reporter, aber „wie steht es mit jenen, denen ein Sahneteilchen und eine Tasse Bohnenkaffee wichtiger ist als die tägliche Sorge um die schlanke Linie?“ Das war die eine Seite der Sorgenliste, aber es gab auch größere Probleme. Wer im selben Jahr die Berichte über die Kreistagssitzungen las, der bekam andere Nöte vermittelt. Allein die öffentlichen Fürsorgeaufgaben verschlangen große Teile des Kreisetats. Dazu gehörten die „Krüppelfürsorge“ und die „Hausratshilfe“, Mittel für die auswärtige Unterbringung von Männern in Lehrlingsheimen, die Ausgaben für ein neues „Alten- und Siechenheim“ oder die Fürsorgemaßnahmen für Geschlechtskranke. Auch Erholungsmaßnahmen für Jugendliche finanzierte der Kreis für die zahlreichen Familien, in denen der Vater als Soldat gefallen oder vermisst war.

Es ging aber auch in der Politik teilweise schon optimistisch zu – allein eine halbe Million D-Mark brachte der Ennepe-Ruhr-Kreis 1951 für den Siedlungsbau auf.

Schöner wohnen, schicke Mode, gut essen – das waren in den Anfangsjahren der Bundesrepublik auch an der Ennepe die erstrebenswerten Ziele der Menschen. Da ging es noch nicht um das schnellste Smart-Phone oder den größten Flachbildschirm. Das sind erst heute unsere Probleme.