Elke Heidenreich und ihr Ekel vor zwei alten Männern – Literaturkritikerin attackiert Günter Grass und Martin Walser

Von Bernd Berke

Ach, wie sanftmütig und human geht es doch in den Gefilden der Literatur zu. „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, befand schon Schiller – und sah Dichter mit höheren Weihen gewiss als leuchtende Vorbilder. Doch in Wahrheit ist es leider oft anders.

Kaum ein Feld, auf dem so viel Missgunst und Eitelkeit herrschen wie im schöngeistigen Bezirk. Nicht von ungefähr gibt’s einen üppigen Sammelband mit dem Titel: „Dichter beschimpfen Dichter“. Mitunter führen sich Poeten und Romanciers wie die sprichwörtlichen Kesselflicker auf.

Ähnlich ruppig kann es zugehen, wenn prominente Literaturkritiker sich ins Spiel bringen. Aktuelles Beispiel: Die unappetitliche Fehde zwischen der Rezensentin Elke Heidenreich und den (hauptsächlich in Ehren) ergrauten Autoren Günter Grass und Martin Walser. Sie hat sich somit die selben Watschenmänner ausgesucht wie ehedem Marcel Reich-Ranicki. Nicht sonderlich originell.

Kürzlich hatte Heidenreich (fast penetrant bekannt durch die Sendung „Lesen!“ im ZDF) den beiden Großschriftstellern im Magazin „Cicero“ gleichermaßen „ekelhafte Altmännerliteratur“ bescheinigt. Jetzt legte sie im Gespräch mit der Illustrierten „Bunte“ noch einmal tüchtig nach. Zitat: „Meine Meinung ist in der Tat, dass mich Grass seit einigen Jahren langweilt und Walser geradezu abstößt.“ Es klingt beinahe wie die verbitterte Klage einer enttäuschten Gattin: Der Alte ist mir widerlich.

Sie schmökert praktisch alles weg

Zwischenzeitlich hatten Grass und Walser die erste Attacke einmütig zurückgewiesen. Allerdings mit untauglichen Mitteln. Sie hielten Heidenreich vor, seit Jahren nichts mehr von ihnen beiden gelesen zu haben. Gerade da kann man die Dame nicht packen. Sie schmökert praktisch alles weg, was nicht niet- und nagelfest ist. Ob sie ihre Lektüren stets gründlich oder auch schon mal flüchtig hinter sich bringt, das können wir kaum wissen.

Man wird Grass und Walser nicht ohne weiteres gegen jeden Vorwurf in Schutz nehmen wollen. Beide haben ihre zwielichtigen Seiten. Grass hat gar zu spät und verdruckst seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS eingestanden. Walser sich in der Frankfurter Paulskirche beinahe um Kopf und Kragen geredet, als er Gepflogenheiten des Holocaust-Gedenkens schmähte.

Doch mit schneidigen Anwürfen à la Heidenreich wird man weder den Werken noch der Wirkung gerecht. Überdies ist die „Bunte“ nicht gerade das deutsche Zentralorgan der gepflegten literarischen Debatte. Das Blatt kommt am liebsten dann auf Kulturschaffende zurück, wenn sich „People“-Tratsch aus ihrem Tun und Lassen destillieren lässt. Hechelnd hat man’s lesen sollen: Als Peter Handke sich einst von seiner Geliebten trennte, ist sogar sein huldvoller Name in die Spalten geraten.

Elke Heidenreich hat also genau gewusst, in welchem Umkreis sie den Mund öffnet – und wieder etwas von dem Kredit aufgebraucht, von dem eine seriöse Kritikerin zehrt.