„Ich tauge nicht für die Wirklichkeit“ – Gespräch mit Renan Demirkan, nicht nur über ihren neuen Roman

Von Bernd Berke

Frankfurt. Länger nichts mehr von der Schauspielerin Renan Demirkan gesehen oder gehört? Kein Wunder: Die film- und fernsehbekannte Frau, die von 1982 bis 1984 zum Dortmunder Theaterensemble gehörte und jetzt bei Köln lebt, hat sich eine Zeit lang ihrem zweiten Beruf gewidmet und ihren dritten Roman geschrieben.

Nach „Schwarzer Tee mit drei Stück Zucker“ und „Die Frau mit Bart“ erschien jetzt bei Kiepenheuer & Witsch die durchaus nicht problemfreie Liebesgeschichte „Es wird Diamanten regnen vom Himmel“. Die WR traf Renan Demirkan am Verlagsstand bei der Frankfurter Buchmesse.

Warum muss Ihre Heldin, die allein erziehende Tanztherapeutin Rosa, in ihren Vierzigern ausgerechnet einen Porschefahrer lieben lernen? Und hat diese Frau autobiographische Züge?

Renan Demirkan: Ich komme drin vor in der Rosa, aber ich bin es nicht. Von autobiographischen Momenten können Sie bei mir immer ausgehen. Auch ich bin beispielsweise allein erziehend, bin in diesem Alter. Zentrales Thema des Romans ist die Sehnsucht. In meinem Alter wird der Alltag zum absurden Hindernisrennen auf dem Weg zum Glück, weil die Verpflichtungen so enorm gewachsen sind – durch Kinder, durch den Job. Und und und.

Und dieser Rick, der Mann mit dem Porsche?

Demirkan: Ich wollte zwei ganz unterschiedliche Charaktere haben. Rosa, die Moralistin, die Engagierte – und Rick, der Oberflächliche, der Zyniker. Doch die Sehnsucht der beiden ist dann doch die gleiche. Mich hat interessiert: Wie begegnet man sich ab einem bestimmten Alter? Wie sehen solche Anfänge aus? Ich bin jetzt fast 20 Jahre Schauspielerin. Was mich am Leben gehalten hat und die Lust bewahrt hat, ist, dass ich immer wieder neu anfangen wollte. Egal, wie schmerzlich die persönliche Situation war.

Gibt es denn immer nur Neubeginn? Nichts von Dauer?

Demirkan: Bitte fragen Sie mich diese Frage nicht! Ich kann immer nur vom Scheitern berichten. Ich bin immer weggegangen. Immer. Ich habe es nicht geschafft. Sonst würde ich nicht über Sehnsucht schreiben. Dieses verdammte Glück, dieser Ausnahmezustand. Ich musste mich sogar zwingen, das Buch halbwegs hoffnungsvoll enden zu lassen.

Wollen Sie vom Schauspielberuf Abschied nehmen?

Demirkan: Nee, nee. Es gibt da ein Fernsehspielprojekt mit dem WDR. Für mich ist von der Bühne zum Schreiben kein sehr großer Sprung. Beides gehört zu meiner schlimmen Sehnsucht nach inszenierten Welten. Ich tauge nicht besonders für die „wirkliche“ Wirklichkeit. Ich brauche größtmögliche Freiheit. Als Schauspielerin darf ich alles sein und bin doch innerhalb des Stückes durch die Rolle geschützt. Auch das Schreiben habe ich für mich entdeckt als eine Form des Beschütztwerdens, des Aufgehobenseins.

Erinnern Sie sich noch an Ihre Zeit am Dortmunder Theater?

Demirkan: Oh ja! Ich weiß noch gut, wie ich gewohnt habe: Saarlandstraße, Ecke Ruhrallee, unterm Dach, 90 Stufen hoch jeden Tag. Ich weiß noch genau, was ich gespielt habe. Am schönsten war Tschechows „Onkel Wanja“, da war ich die „Sonja“. Und Adolf Winkelmann hat mich da für meinen ersten Kinofilm „Super“ geholt. Es war eine wichtige Zeit. Ich hab‘ nur gute Erinnerungen.