Von vielen Strömungen mitgerissen – Plastische Arbeiten von Bernhard Hoetger im Ostwall-Museum

Von Bernd Berke

Dortmund. Es klingt nach vorsichtiger Distanzierung: Als „schillernde und irrlichternde Gestalt“ bezeichnet Museums-Chef Ingo Bartsch den Künstler, dessen Werke er nun ausstellt. Es geht um Bernhard Hoetger, 1874 im damals selbständigen Hörde (heute Teil von Dortmund) geboren, 1949 verarmt in der Schweiz gestorben.

30 Bildhauerarbeiten Hoetgers präsentiert nun das Ostwall-Museum. „Unverfängliche“ Exponate habe man für den straffen Querschnitt ausgewählt, betont Bartsch.

Gäbe es denn auch verfängliche? Im Grunde schon. Denn Hoetger war nicht nur – von 1934 bis zum Parteiausschluß 1938 – Mitglied der NSDAP, sondern suchte sich auch künstlerisch anzupassen. So entwarf er, in Zusammenarbeit mit einem SS-Architekten, gar ein „Deutsches Forum“ mit Hakenkreuz-Grundriß. Wahrlich kein Ruhmesblatt. Sarkasmus der Geschichte: Die NS-Presse lehnte die Pläne als gar zu anbiedernd und opportunistisch ab, und 1937 brandmarkten die Nazis Hoetger in der Schand-Ausstellung „Entartete Kunst“ als Vertreter der mißliebigen Moderne.

Tatsächlich war Hoetger zuweilen auch Avantgardist, wie er sich denn überhaupt von allen möglichen Strömungen der Kunst und des Kunstgewerbes mitreißen ließ. Büsten in ägyptischer Manier sind daher ebenso zu sehen wie Tier- oder Buddha-Figuren, die gelegentlich die Kitschgrenze streifen. Zumindest ein Ausstellungsstück läßt Hoetgers zeitweilige Bereitschaft zum Mitmachen erahnen: Die Bronzeskulptur „Empor“, just aus dem „großdeutschen“ Olympiajahr 1936, enthält einiges vom Geiste Leni Riefenstahls oder Arno Brekers.

Doch Hoetger, stets starken Schwankungen der künstlerischen Inspiration ausgesetzt, hat auch durchaus anregende Kunst geschaffen, so etwa die zugleich verschmitzt und vergeistigt wirkende Porträtbüste der Paula Modersohn-Becker oder eine hexenhafte „Moorfrau“.

Die Stadt Dortmund erhielt Hoetgers Nachlaß, aus dem die jetzige Ausstellung bestritten wird, im Jahre 1962. Erst 1979 konnte das Ostwall-Museum den Bestand an Gipsformen und Abgüssen übernehmen. In den 17 Jahren dazwischen muß so manche Hoetger-Arbeit zum Schmuck in örtliche Behördenstuben gewandert sein. Einen genauen Überblick dazu hat Museumsleiter Bartsch bis heute nicht.

Bis 25. August im Ostwall-Museum. Di-So 10-18 Uhr, Katalog 10 DM, Eintritt diesmal frei.