Bilder einer Schwangerschaft – Großformatige Serie von Norbert Tadeusz in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Manchmal ist es schon erstaunlich, wie Künstler über ihre Arbeit sprechen: „Das Malen finde ich nicht so wichtig. Dieses ganze Hin- und Herschieben von Farbe interessiert mich nicht. Ich bin kein ,Malschwein‘. Mir geht es um Bilder.“ Wie meint Norbert Tadeusz das bloß?

Nun, am liebsten umginge er den Prozeß der Herstellung, weil der vielleicht schrundige Spuren auf der Bildfläche hinterläßt. Statt dessen möchte er Werke schaffen, die wirken „wie aus einem Guß, aber noch nicht erkaltet“; als seien sie nicht mühsam geschaffen, sondern gleich fertig vorhanden. Dabei tüftelt er doch an einem Bild oft mehrere Monate lang.

20 großformatige Gemälde des gebürtigen Dortmunders (Jahrgang 1940), der das Handwerk zunächst in seiner Heimatstadt bei Gustav Deppe und dann in Düsseldorf bei Joseph Beuys erlernte, sind jetzt in Wuppertal zu sehen. Die Bilder der 1994 entstandenen Serie behandeln dasselbe Thema und zeigen dasselbe Modell: eine italienische Tänzerin und Choreographin namens Olimpia, die auch während ihrer Schwangerschaft offenkundig voller Bewegungsdrang steckte und fast wie ein Schmetterling durch Tadeusz‘ Atelier geflattert sein muß.

Kopfstand neben dem Konzertflügel

Die werdende Mutter posierte stets nackt, in immer neu schattierten Ansichten, oft wie schwerelos schwebend auf die Rundungen eines Konzertflügels hingegossen, sich bei subtil wechselnden Lichtverhältnissen im Atelier aalend. Einmal verharrte sie gar im Kopfstand, der aus der gleichen bizarren Vogelperspektive beäugt wird, wie das anschließende Abrollen des Körpers. Es mag Menschen geben, die so etwas anstößig finden.

Doch der Leib der Schwangeren ist künstlerisch überhöht, er wirkt wie eine immer wieder von anderen Seiten beleuchtete Skulptur. Vor allem aber kommt in der selbstbewußten Körperlichkeit eine Freude der Frau am entstehenden Leben zum Ausdruck, die jede Prüderie zum Verstummen bringen müßte. Die frohe Erwartung übertrug sich als seelischer und schöpferischer Impuls auch auf Tadeusz. Gern hätte er sein Motiv noch länger behalten, aber: „Sie war eben nur neun Monate schwanger.“ So setzt die Natur auch der Kunst ihre Grenzen.

Norbert Tadeusz: „Olimpia“. Von der Heydt-Museum, Wuppertal (Elberfeld), Turmhof 8. Bis 14. Juli, Di-So 1017,Do 10-21 Uhr. Katalog 25 DM.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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