Wenn man dem Glück gar nicht entrinnen kann – Wuppertal stellt den populären Künstler Otmar Alt vor

Von Bernd Berke

Wuppertal. Otmar Alt (53), vielleicht der populärste deutsche Künstler, hat nichts ausgelassen. Er hat praktisch alle Techniken erprobt, mit jedem denkbaren Material gearbeitet und seinen bunten Kosmos in vielerlei Richtung wuchern lassen. Ist er etwa ein Allerwelts-Schöpfer?

Kaum einer seiner Kollegen versteht auch so ausgiebig über die eigenen Arbeiten zu sprechen wie der Mann aus Hamm-Norddinker, dem das Wuppertaler Von der Heydt-Museum jetzt eine Retrospektive widmet. Von der landläufigen Kunstkritik fühlt sich Otmar Alt offenbar verkannt, also muß er sich wohl selbst deuten: „Ich bin keine Märchentante!“ ruft er all jenen entgegen, die sein farbig-fröhliches Kunst-Universum unter dem Etikett „naiv“ abheften wollen. Er selbst sieht sich lieber in der Nachbarschaft eines Paul Klee und eines Joan Miró. Er halte sich ans „positive Denken“, wolle Lust und Freude bei den Menschen wecken.

Bilder und Objekte sehen dich an

Seine Bilder, Skulpturen und Objekte sind dazu angetan, einen mit sprühender Freude zu überfallen. Vielfach sind sie mit Augen oder augenähnlichen Öffnungen versehen, die – so Otmar Alt – „den Kontakt zum Betrachter suchen.“ Nicht nur der Besucher sieht die Bilder, die Bilder „sehen“ auch den Besucher. Mithin: Der Wille zum Glück verfolgt einen sozusagen bis in den letzten Winkel des Museums, man kann ihm gar nicht entrinnen.

Der Rundgang führt durch eine Welt der frohen Fabelwesen, man ist umstellt von Tieren und Clowns, von blühender Vegetation und blühender Phantasie. Von seinem eigenen kleinen Heimzoo (90 Tiere) läßt sich Alt ebenso inspirieren wie von einer Reise nach Bali. Er bemalt Gegenstände aus seinem Leben und überführt sie in die träumerische Kunstwelt: einen Rasierpinsel des verstorbenen Vaters, einen Mörser aus der Apotheke seiner ersten Ehefrau. Alts Kunst lebt nicht von allmählicher Reduktion zum Wesentlichen, sondern aus Wachstum, steter Addition und Zusammenfügung. Auch das ist ein Weg.

Keine nachdrückliche Entwicklung

Die ausgestellten Arbeiten stammen aus den letzten 30 Jahren. Trotz dieser großen Zeitspanne gibt es keine nachdrückliche Entwicklung. Es scheint, als seien die Grund-Elemente ganz plötzlich, etwa ab Mitte der 60er Jahre vorhanden und als seien sie seither vornehmlich in alle Windrichtungen getrieben worden.

Otmar Alt scheut auch nicht vor Massenprodukten zurück. Zu sehen sind etwa Telefonkarten, Schlipse, Aschenbecher, Uhren und CD-Platten, auf denen seine unverkennbaren Motive prangen. Kunst für Millionen.

Otmar Alt spricht Menschen an, die sich nicht verstören lassen wollen. Vielleicht lockt er auch Leute ins Museum, die sonst Schwellenangst haben. Das wäre eine recht ehrenwerte Rolle im Kunstbetrieb, der sich sonst oft arrogant über Alltagsbedürfnisse hinwegsetzt. Und noch etwas zeichnet ihn aus, was den meisten gefallen dürfte: Er legt allergrößten Wert aufs Handwerk. Ganz gleich, ob er Siebdrucke, Radierungen, Lithographien oder Kunst aus Glas und Stahl entwirft – stets arbeitet er eng mit Meistern der jeweiligen Zünfte zusammen.

Am liebsten hat er es. wenn man seine Werke betastet und allseits berührt. Doch das ist im Museum eine heikle Sache. Gern stellt Otmar Alt deshalb auch unter freiem Himmel aus – in der nächsten Woche (ab 27. Juni) beispielsweise im Dortmunder Westfalenpark. Ein passender Ort für sonnige Kunst.

Otmar Alt. Von der Heydt-Museum, Wuppertal. Turmhof 8 (Elberfeld). Ab Sonntag, 26. Juni, bis zum 14. August (Di-So 10-17, Do 10-21 Uhr), Eintritt 6 DM, Katalog 49 DM (Neu: mit VRR-„Ticket 2000″ halbierter Eintritt).