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Der Wolf ist da – und nun?

Auf dem roten Teppich: So taucht ein präparierter Wolf (rechts) im Naturmuseum auf – mit seinen „Nachfahren“, wie dem Deutschen Schäferhund (Mitte) und dem Bernhardiner. (Foto: Bernd Berke)

Anno 2000 tauchten erste Exemplare in der Lausitz (Grenze zu Polen) auf, 2018 wurde das erste Rudel in Nordrhein-Westfalen gesichtet – und im März 2022 hat der erste und bislang wohl einzige Wolf Dortmunder Stadtgebiet erreicht. Damit ist klar: „Der Wolf ist da, und wir müssen mit ihm leben.“ Das sagt Jan-Michael Ilger, Kurator am Dortmunder Naturmuseum, wo heute die Ausstellung „Wolfswelt – Die Rückkehr des Wolfes“ begonnen hat.

Die kleine Schau mit etwa 100 Exponaten besteht vor allem aus Infotafeln mit interaktiven Einsprengseln sowie aus Dioramen mit zahlreichen präpariertem Tieren, beileibe … Weiterlesen

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Der große unbekannte Literat – Lesung zu Wolfgang Welt im Bochumer Schauspielhaus

Eine tragische Person. Eigentlich hat er’s schon draufgehabt, das Schreiben: Lapidar und pointensicher, souverän strukturierte und rhythmisierte Prosa, der zuzuhören Freude macht. Einiges davon war jetzt zu hören, live, bei so etwas wie einer nachträglichen Geburtstagsfeier (bzw. –lesung), die das Bochumer Schauspielhaus anläßlich des 70. Geburtstags Wolfgang Welts ausrichtete.

Jele Brückner und Konstantin Bühler aus dem Ensemble lasen zusammen mit Frank Goosen Texte des früh Verstorbenen vor. Und wenn das erst am 3. Februar geschah, ist das zumindest auch dem Umstand geschuldet, daß ein 31.12. – der tatsächliche Geburtstag Welts – kein guter Termin für Lesungen aller Art gewesen wäre. Wolfgang Welt übrigens starb schon 2016, mit 64 Jahren.

Rock und Pop

Wolfgang Welt schrieb literarische, oft autobiographische Texte, er … Weiterlesen

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„Wenn List das Weib als Waffe schwingt“: Ermanno Wolf-Ferraris „Vier Grobiane“ haben keine Chance

Feinsinnig, stellenweise aber auch turbulent: Ermanno Wolf-Ferraris Komödie „Die vier Grobiane“ an der Folkwang Hochschule in Essen-Werden. (Foto: Gustav Glas)

Sie haben keine Chance. Sie mögen noch so vehement ihre Allmachts- und Gewaltfantasien ausmalen, sie mögen ihre Frauenverachtung noch so lautstark bekunden. Gegen weibliche Solidarität kann die Kumpanei der vier alten Machos nichts ausrichten.

Ihre larmoyante Besingung früherer besserer Zustände ist vergeblich. In Ermanno Wolf-Ferraris Buffa-Spätblüte „Die vier Grobiane“ setzen sich die Frauen mit ihrem humanen Anliegen durch. Immerhin geht es um Liebe und Selbstbestimmung: Die jungen Leute, die nach der Vorstellung der Patriarchen aneinander verschachert werden sollen, ohne sich je vor der Hochzeit gesehen zu haben, bekommen dank vereinter Frauenpower wenigstens eine Chance.

Das war mutig für das ausgehende … Weiterlesen

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Wie sich Wahn in Wirklichkeit drängt: Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“ an der Oper Köln

Stefan Vinke als Paul in Erich Wolfgang Korngolds Oper „Die tote Stadt“ in Köln. (Foto: Paul Leclaire)

Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“ zu inszenieren, dürfte zu den schwierigsten Aufgaben für Regisseure gehören. Der Symbolismus der Vorlage Georges Rodenbachs („Bruges-la-morte“), das hoffmanneske Changieren zwischen dem Dämmer des Realen und dem Nebel des Traums, das Verschieben der Wahrnehmungsräume, in denen behauptete Lebenswirklichkeit mit Fantasien, Erinnerungen, Wunsch- und Wahnbildern im Kopf verschwimmen: Überzeugende Bühnenlösungen sind rar.

Aber die Rezeption von Korngolds vor 100 Jahren, am 4. Dezember 1920 in Köln und Hamburg gleichzeitig uraufgeführter Oper ist in den letzten Jahren in Schwung gekommen. Armin Petras in Bremen, Anselm Weber in Frankfurt und kurz vor der Pandemie Immo Karaman in Wuppertal etwa haben … Weiterlesen

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Der Traum von Bayreuth: Festspiel-Inspirationen für Aalto-Chorsänger Wolfgang Kleffmann

Keine Ruhepause für Wolfgang Kleffmann nach der Rückkehr von den Bayreuther Festspielen: Einen Tag nach der letzten Vorstellung von Wagners „Meistersingern“ war er bereits morgens auf dem Weg zur Probe im Aalto-Theater.

Wolfgang Kleffmann singt seit 2003 im Essener Aalto-Chor und seit 2005 im Bayreuther Festspielchor. (Foto: Werner Häußner)

Nach Wagner steht nun Verdi an: Der Chor des Essener Opernhauses bereitet sich auf die Wiederaufnahme von „Rigoletto“ am 12. September vor, in einer „semikonzertanten“, von Sascha Krohn eingerichteten Form. Tianyi Lu, aus Shanghai stammend und in Neuseeland groß geworden, steht als Gastdirigentin am Pult. Sie ist die Gewinnerin des internationalen Sir Georg Solti Dirigentenwettbewerbs 2020. Die Titelrolle singt der isländische Bariton Ólafur Sigurdarson, als Rigolettos Tochter Gilda ist Tamara Banješević … Weiterlesen

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Wolfgang Clement – er da oben, wir da unten

Mit dem heute verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten von NRW und Bundes-„Superminister“ Wolfgang Clement habe ich anno 1981 (noch als blutiger Redaktions-Anfänger) bei der Westfälischen Rundschau (WR) gelegentlich am Konferenztisch gesessen. Ich sage nicht: sitzen dürfen. Er nahm ja schon damals ganz oben vor Kopf Platz, ich am anderen Ende – bei den „Einsteigern“…

Schon bald entschwand er unseren staunenden Blicken, immer höher und höher hinauf. Wie hatte er, sozusagen mit hochfahrender Bescheidenheit, zum Abschied von der WR gesagt: „Ich will noch etwas aus mir machen.“ Hat er ja dann auch vermocht.

Allen tatsächlichen und etwaigen Verdiensten Wolfgang Clements ums Staatswesen zum Trotze: Nein, ich bin nicht stolz auf das kurzzeitige Zusammentreffen; einesteils, weil es ohnehin albern wäre. Überdies schon gar nicht darauf, … Weiterlesen

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„Im Grunde blieb kein Stein auf dem anderen“: Neu aufbereitete Interviews mit Christa Wolf zur Wendezeit

Jubelnde Menschen in Ost und West: Diese Bilder prägten 2019 die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalls. Ein ungleich facettenreicheres Porträt der Wendezeit bieten indes die Interviews, die der Filmemacher und Publizist Thomas Grimm mit der Schriftstellerin Christa Wolf im Beisein ihres Mannes Gerhard Wolf vor elf Jahren geführt hat.

Jetzt hat Grimm die Gespräche gemeinsam mit dem Ehemann der 2011 verstorbenen Autorin aufbereitet und um Reden sowie weitere Dokumente erweitert – womit man sich mitten im Geschehen jener Jahre befindet.

„Für unser Land“ heißt ein denkwürdiger Aufruf, den Wolf und eine Reihe von Weggefährten aus Kultur, Kirche und Wissenschaft in den Novembertagen 1989 verfasst haben, wollten sie doch die DDR von der Basis her reformieren. Eine deutsche Einheit, die … Weiterlesen

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Wanderer und Wölfinnen – Gesammelte Erzählungen von Alban Nikolai Herbst in zwei Bänden

Ein junger Mann steht vor einer Disko, er ist anders als die anderen Jugendlichen. „Steht etwas abseits“, beginnt die zwischen 1977 und 1979 entstandene Geschichte „Müder Gegner“. Liegt eine Erklärung für seine Isolation in dem Satz „Ich bin die Hürde mir selbst, die anwächst, je näher ich komme“? Der von Alban Nikolai Herbst mit seiner Lektorin Elvira M. Gross unter dem Titel „Wanderer“ zusammengestellte Band umfasst Erzählungen von den 1970er- bis zu den späten 1990er-Jahren.

Zwei große Amour-fou-Geschichten bilden den Rahmen: Von der Jugendliebe „Svenja“ bis zur mysteriösen, gespenstischen Jézabel in der Novelle „Die Orgelpfeifen von Flandern“. Dazwischen die nicht minder bizarre „Sabinenliebe“ mit ihrem Wechsel zwischen Realitäten. Verschiedene Realitäten und ihr gegenseitiges Durchwirken, noch bevor alle Welt von Virtual … Weiterlesen

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In zwölf Minuten von Mahler zu Mahler: In Duisburg und Essen erklangen die Sechste und die Zweite Symphonie

Die Duisburger Philharmoniker. Foto: Zoltan Verhoeven-Leskovar

Die Duisburger Philharmoniker. Foto: Zoltan Verhoeven-Leskovar

Zwei Mahler-Symphonien innerhalb weniger Tage in Duisburg und Essen: Wer den alten Ruhrpott nicht als Flickenteppich diverser städtischer Zentren, sondern die Rhein-Ruhr-Region als großen Kulturraum wahrnimmt, hat nicht nur in Sachen Mahler eine weltstädtische Auswahl. Man muss nur zum Beispiel die zwölf Minuten zwischen den Hauptbahnhöfen von Essen und Duisburg in Kauf nehmen.

Und dann bekommt man demnächst Mahlers Neunte in Dortmund, in der nächsten Spielzeit die Dritte in Gelsenkirchen und Essen, die Vierte in Wuppertal, die Siebte in Dortmund, die Neunte in Duisburg und die Sechste als Abschluss des Mahler-Zyklus mit Adam Fischer in Düsseldorf.

In Essen also die Sechste, ein Werk mit Regionalbezug, wurde es doch am 27. Mai 1906 hier … Weiterlesen

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Dortmunder Schriftsteller Wolfgang Körner gestorben

Der Schriftsteller Wolfgang Körner ist mit 81 Jahren in Dortmund gestorben, und zwar bereits am 25. April.

Was bleibt, ist das Werk: Typoskriptseite von Wolfgang Körner, verwahrt im Fritz-Hüser-Institut. (© FHI)

Bleibendes aus dem Nachlass: Typoskriptseite mit handschriftlichen Korrekturen von Wolfgang Körner, verwahrt im Dortmunder Fritz-Hüser-Institut. (© FHI)

Durch bloßen Zufall habe ich diese traurige Nachricht gestern im Facebook-Auftritt des Dortmunder Literaturhauses entdeckt, das wiederum auf einen kurzen Nachruf im Magazin „Buchmarkt“ verwies. Heute kam eine Pressemeldung der Stadt heraus, die zusätzlich darauf abhob, dass das am Ort ansässige Fritz-Hüser-Institut Körners literarischen Nachlass bewahre. Nur gut, dass Körner seinen einst (scherzhaft?) geäußerten Vorsatz („Ich schmeiße alles weg!“) nicht umgesetzt hat.

Umstände und Zeitpunkte der Veröffentlichungen deuten darauf hin, dass der 1937 in Breslau geborene Wahl-Dortmunder Wolfgang Körner längst dem öffentlichen Bewusstsein entglitten war. Das … Weiterlesen

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Der Mann, der keinen Roman mehr schrieb – Gespräche und Interviews mit Wolfgang Koeppen als Band 16 der Werkausgabe

In der bundesdeutschen Nachkriegsliteratur dürfte das Phänomen einzigartig sein. Da gab es einen recht prominenten Schriftsteller, der von 1954 bis zu seinem Tod 1996 partout nicht mehr jenen Roman vollendete, den so viele anspruchsvolle Leser dringlichst von ihm erwarteten.

Dennoch fand dieser Autor in Siegfried Unseld (Suhrkamp) einen Verleger, der ihn durch die Jahrzehnte währende Schreibkrise allzeit (auch und gerade finanziell) generös fördernd und mit wahrhaftiger Engelsgeduld begleitete.

Bei all dem weckte der Schriftsteller, gleichsam als lebende Legende, reges publizistisches Interesse. Immer und immer wieder wollten andere Autoren, Kritiker oder anderweitig kultursinnige Journalisten Gespräche mit ihm führen. Wer mit Wolfgang Koeppen gesprochen hatte, sah sich gleichsam in der Zunft geadelt.

Die Liste der illustren Interviewer(innen)-Namen ist lang, es stehen darauf … Weiterlesen

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Zwölfstündiger Theatermarathon: Deutschlandpremiere nach Roberto Bolaños „2666“ am Schauspiel Köln

12 Stunden Theater: Das ist selbst für Begeisterte, Süchtige oder Menschen mit ganz viel Zeit eine Herausforderung. Das Schauspiel Köln hat es gewagt und mit „2666“ von Roberto Bolaño Ostern eine Produktion zur Deutschlandpremiere eingeladen, die bereits auf dem Theaterfestival von Avignon für Furore sorgte.

Szenenbild aus dem Oster-Event in Köln, basierend auf dem Roman „2666“ von Roberto Bolaño(Foto: Simon Gosselin)

Um 11 Uhr am Ostersamstag ging es los, um 23 Uhr kamen wir etwas erschöpft, aber glücklich und an allen Sinnen geschärft aus diesem „Wahnsinnswerk“ wieder heraus. Zudem versunken in die unvergleichliche französische Sprache, deren Sätze noch tagelang in meinem Kopf nachhallten. Durch Übertitel konnte man aber der Handlung, teilweise auch auf Spanisch, Englisch und ein wenig auf Deutsch, … Weiterlesen

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Eifersucht und Seelenschmerz: Diana Damrau und Jonas Kaufmann mit Hugo Wolfs „Italienischem Liederbuch“ in Essen

Diana Damrau und Jonas Kaufman in der Philharmonie Essen. Foto: Sven Lorenz

Diana Damrau und Jonas Kaufman in der Philharmonie Essen. Foto: Sven Lorenz

Die Bühne lässt sie nicht los. Auch nicht, wenn es um einen umfangreichen Zyklus von Liedern geht, dem „Italienischen Liederbuch“ Hugo Wolfs. Eben noch beschreibt der jugendliche Liebhaber, was er in der Gewitternacht draußen vor der Tür erdulden musste, da fragt die Angebetete genervt: „Wer rief dich denn? Wer hat dich herbestellt?“ und schickt ihn gleich weg „zu dem Liebchen, das dir mehr gefällt“. Diana Damrau und Jonas Kaufmann machen daraus eine kleine Szene, mit Augenrollen und Schmollemund, Flehensgeste und Abweisung.

Die beiden Star-Sänger, die auf ihrer Tournee mit Hugo Wolf in der Philharmonie Essen Station machten, wollen das szenische, darstellerische Element nicht missen. Damit die Zwiegespräche einer … Weiterlesen

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Buchtipps zum Fest: Peter Rühmkorf, Christa Wolf, Wembley-Tor, Krimi und Architektur

Ist da draußen noch jemand auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken in Buchform? Hier ein paar empfehlende Hinweise in verschiedenen Geschmacksnoten:

Zunächst die so genannte Hochliteratur, wie es sich konservativ-feuilletonistisch gehört:

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Rühmkorfs funkelnde Lyrik

Das ist wahrlich kein Geheimnis mehr: Der 1929 in Dortmund geborene, später freilich aus hanseatischer Überzeugung in Hamburg ansässige Peter Rühmkorf gehört zu den wichtigsten Lyrikern der bundesdeutschen Nachkriegszeit. Insofern ist eine Gesamtausgabe seiner Gedichte ein besonderes, vielfach funkelndes Juwel der Sprachkunst. Rühmkorfs Tod im Jahr 2008 bedeutet einen immensen Verlust für die Literatur, der immer noch schmerzt.

Er war (ähnlich wie der mit ihm befreundete Robert Gernhardt) einer, der die Überlieferung von Reim und Metrik wach und lebendig gehalten hat – und er hat die althergebrachten … Weiterlesen

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Gebrauche Deine Zeit: Zum 80. Geburtstag von Wolf Biermann

Es ist ein seltsames Phänomen um Wolf Biermann, der ein glühender Liebhaber des Kommunismus war und doch mit ungehorsamen Liedern die DDR in Aufruhr versetzte.

Wolf Biermann am 16. November 2008 beim Hamburger Festival "Lauter Lyrik" (Foto: © Marco Maas / fotografirma.de - Quelle: https://www.flickr.com/photos/qnibert/3035298792/) - Link zur Lizenz von Creative Commons: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

Wolf Biermann am 16. November 2008 beim Hamburger Festival „Lauter Lyrik“ (Foto: © Marco Maas / fotografirma.de – Quelle: https://www.flickr.com/photos/qnibert/3035298792/) – Link zur Lizenz von Creative Commons: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

Wenn man von ihm spricht, diesem schnauzbärtigen Helden deutsch-deutscher Kultur, da erhebt sich schnell ein Missmut: „Den mag ich nicht. Der ist so selbstgerecht, so eitel!“ Ja, Leute, der Biermann ist nicht berühmt für seine Bescheidenheit. Er weiß um seine Bedeutung. Aber, mit Verlaub, das darf er auch. Denn er hat mit Poesie und Pathos am Rad der deutschen Geschichte gedreht.

Von seinem Leben, das am … Weiterlesen

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Bochum, Buddy Holly und überhaupt: Zum Tod des Schriftstellers Wolfgang Welt

Durch eine Mitteilung des Schauspielhauses Bochum erfahren wir vom Tod des Schriftstellers Wolfgang Welt, der jetzt mit nur 63 Jahren gestorben ist. Wir zitieren im Wortlaut:

„Das Schauspielhaus Bochum trauert um Wolfgang Welt. Wolfgang Welt war seit 1991 Nachtpförtner am Schauspielhaus Bochum und allen hier arbeitenden Kolleginnen und Kollegen vertraut. Er war im besten Sinne des Wortes ein ,Original‘ des Hauses, jedem Künstler bekannt, umgeben von einer geheimnisvollen Aura, nicht ganz zu durchschauen, mal abweisend beobachtend, dann wieder gesprächig, offen und interessiert. Vor seiner Tätigkeit als Nachtpförtner war Wolfgang Welt bereits als Journalist und Autor erfolgreich tätig. In den späten 1980er war er einer der wichtigsten Musikjournalisten des Reviers, schrieb für „Sounds“, „Marabo“ und „Musikexpress“. Danach begann er Romane … Weiterlesen

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Dreimal Ina – „Bilder deiner großen Liebe“ von Wolfgang Herrndorf im Prinzregenttheater

Bilder deiner grossen Liebe 3 (c) Sandra Schuck

Von links: Miriam Berger, Johanna Wieking, Linda Bockholt (Foto: Sandra Schuck/Prinzregenttheater)

Als sich die Chance bot, ist sie entwischt: Isa, die es hinter vier Meter hohe Backsteinmauern verschlagen hat. Gründe dafür werden nur angedeutet, „Ich bin verrückt, aber nicht bescheuert“, sagt sie selbstbewusst. Isa ist die Hauptfigur des Stücks „Bilder deiner großen Liebe“, das jetzt seine Premiere im Bochumer Prinzregenttheater erlebte. Gleich drei Schauspielerinnen geben der jungen Frau Stimme und Gestalt, wenn sie auszieht, die Welt jenseits der Anstalt zu ergründen.

Der Autor von „Tschick“

Der Stoff des Stücks stammt von dem 2013 mit 48 Jahren viel zu früh verstorbenen Wolfgang Herrndorf. Robert Koall hat daraus eine Bühnenfassung gemacht, die jetzt zur Aufführung gelangte. Zum Werk Herrndorfs zählen einige unverstellte, … Weiterlesen

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Vollendet unvollendet: Wolfgang Herrndorfs „Bilder deiner großen Liebe“

Bilder Deinen großen Liebe „Verrückt sein heißt ja auch nur, dass man verrückt ist, und nicht bescheuert.“ Es kommt in Schüben, gegen die man sich nicht wehren kann – „wie Hunger oder Durst, oder wenn man ficken will“. Mit solcher Art Betrachtungen beginnen die „Bilder deiner großen Liebe“.

Ein junges Mädchen stellt diese Betrachtungen an. Sie steht im Hof einer Anstalt, betrachtet die blühenden Blumen, die Sonne am Himmel – das Klischee ist ihr bewusst. Mit dem Daumennagel berührt sie die Sonne, schiebt sie Millimeter um Millimeter zurück. Langsam verschiebt sich auch das Eisentor, welches die Anstalt vom Rest der Welt trennt. Das Mächden, welches eben noch die Sonne berührt hat, huscht hinaus. Sie hat keine Schuhe an, egal.

Sie zieht die Socken auch … Weiterlesen

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Philharmonie Essen: Klang-Erkundungen mit Wolfgang Rihms Zweitem Klavierkonzert

Wolfgang Rihm und Essen: Das ist eine ausdauernde Geschichte, die ihren Höhepunkt 2008/09 hatte, als die Philharmonie dem Komponisten von Weltgeltung mit 17 Konzerten eine umfassende Hommage bereitete. Unter anderem wurde damals sein 11. Streichquartett uraufgeführt.

Im Juni dieses Jahres dann erneut eine Uraufführung: „Verwandlung 6“, eine „Musik für Orchester“, geschrieben zum zehnjährigen Bestehen der neuen Philharmonie. Jetzt wäre es beinahe zu einer deutschen Erstaufführung gekommen: Rihms Zweites Klavierkonzert erklang im Rahmen einer Tournee des Gustav Mahler Jugendorchesters unter Christoph Eschenbach, die am Sonntag in Köln endete.

In Salzburg uraufgeführt: das Zweite Klavierkonzert Wolfgang Rihms. Auf dem Foto: Solist Tzimon Barto, Dirigent Christoph Eschenbach und Mitglieder des Mahler Jugendorchesters. Foto: Marco Borelli / Lelli

In Salzburg uraufgeführt: das Zweite Klavierkonzert Wolfgang Rihms. Auf dem Foto: Solist Tzimon Barto, Dirigent Christoph Eschenbach und Mitglieder des Mahler Jugendorchesters. Foto: Marco Borelli / Lelli

Es ist noch keine vierzehn Tage … Weiterlesen

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„Republik der Wölfe“ – wie das Schauspiel Dortmund Grimm’sche Märchen massakriert

Angstvoller Blick: Der Jäger (Sebastian Kuschmann) bedrängt Schneewittchen (Eva Verena Müller). Foto: Hupfeld

Angstvoller Blick: Der Jäger (Sebastian Kuschmann) bedrängt Schneewittchen (Eva Verena Müller). Foto: Hupfeld

Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs. Männer, die sich oder anderen Eingeweide herausreißen, Gliedmaßen verstümmeln. Dazu heulen die Wölfe. Ein Höllentrip ist das. Unterlegt mit teils psychedelischer oder traumverlorener, teils illustrativer, geräuschträchtiger und die Ohren malträtierender Musik. Willkommen im fiesen Brutalo-Kosmos der Grimm’schen Märchen, das Massaker ist angerichtet. Serviert im Schauspielhaus Dortmund.

Seitdem dort Kay Voges das Intendantenruder in die Hand genommen hat, darf sich das Publikum immer wieder auf allerlei Experimentelles, Skurriles, Grelles und Verstörendes einlassen. Da fügt sich die Regisseurin Claudia Bauer, die nun also Hand anlegt an ein deutsches Heiligtum, an die märchenhafte Romantik im Dunstkreis eines Mythos namens Wald, aufs Schönste ein. In dieser … Weiterlesen

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Von Mäusen und Menschen: Wolfgang Tillmans fotografisches Werk im Düsseldorfer K 21

„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer Bewunderung: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“ Aber wie passt die vielzitierte Sentenz des Philosophen Immanuel Kant zu einem Fotokünstler der Gegenwart?

Eigentlich gar nicht, möchte man meinen, doch empfangen den Besucher gleich im ersten Raum der Ausstellung von Wolfgang Tillmans im Düsseldorfer K21 riesengroße C-Prints von sternenübersäten Nachthimmeln. An der Wand gegenüber zieht eine kleine schwarze Venus über den orangenen Ball der Sonne. „Wann habe ich zuletzt einen derart geilen Sternenhimmel gesehen“, fragt man sich unwillkürlich und denkt an den letzten Sommerurlaub am Meer. Ernüchterung ereilt einen gleich im nächsten Zimmer: „Bitte nackt duschen“, warnt ein Schild und weitere Fotos zeigen unordentliche Kleiderstapel und schlecht sortierte … Weiterlesen

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Bochum, Buddy Holly und überhaupt: Als Wolfgang Welt die Treibsätze seiner Texte zündete

So einen gibt es nur in Bochum, also wird die Geschichte immer wieder gern aufgegriffen, wenn es um Wolfgang Welt geht: Der Mann ist Nachtportier im Schauspielhaus – u n d Autor des hochmögenden Suhrkamp-Verlages, seit der berühmte Peter Handke sich vor Jahren für ihn stark gemacht hat. So. Damit hätten wir das hinter uns gebracht.

Fürsprecher Handke hat jetzt auch ein kurzes Vorwort zu Welts gesammelten (vorwiegend journalistischen) Texten der Jahre 1979 bis 2011 beigetragen.

Der Band führt vor allem in Wolfgang Welts Frühzeit zurück, als er speziell Rockmusik, dann aber auch Literatur fürs Ruhrgebiets-Szenemagazin „Marabo“ besprochen hat. Später ging’s auch in Blättern wie „Musikexpress“ zur Sache.

Man erlebt gleichsam schreiberische Fingerübungen, zunächst vielfach noch unscheinbar oder gar unbedarft, … Weiterlesen

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Musikalischer Jugendstil: Sophia Jaffé mit Erich J. Wolffs Violinkonzert

Der Begriff des „Jugendstils“ ist in der Geschichte der bildenden Kunst nicht unproblematisch; in der Musik leistet er wenig mehr als die Zuordnung eines Werks zu einer Zeitepoche, die von gärenden Aufbrüchen und von schönheitstrunkener Weltflucht, von inspirierter Moderne wie von zähem Festhalten an alten Idealen und Traditionen geprägt war. Es war eine Epoche, die für sich – auf der Suche nach einer neuen Ursprünglichkeit – die „Natur“ lieben lernte. In Erich J. Wolffs Violinkonzert aus dem Jahre 1909 entdeckt der staunende Zuhörer außer einer stupend versierten Komponistenhand auch jene Ranken, aufkeimenden Triebe und aus zarten Knospen wachsenden Blütenwunder, die den floralen Jugendstil in der Kunst kennzeichnen.

Wolff, 1874 in ärmlichen jüdischen Verhältnissen in Wien geboren und 1913 in New … Weiterlesen

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Wie die USA vor 50 Jahren waren – Jetzt in der Werkausgabe: „Amerikafahrt“ des Schriftstellers Wolfgang Koeppen

Da ist einer soeben in New York angekommen und schreibt: „Schon sah ich einen Wolkenkratzer brennen, den Broadway lohen, schon las ich die Schlagzeilen auf allen Zeitungen der Welt. Gewaltige Katastrophen schienen hier in der Luft zu liegen.”

Wann ist das gewesen? Kurz vor oder nach dem 11. September 2001? Weit gefehlt. Es war im Frühjahr 1958. Da hat jemand latente Gefahren gewittert, die in jener Mega-Stadt vielleicht von jeher in der Luft gelegen haben. Der Mann hieß Wolfgang Koeppen und zählte zu den wichtigsten deutschen Schriftstellern nach dem Krieg.

Es ist ungemein spannend, jetzt – im Rahmen der höchst verdienstvollen Werkausgabe – wieder zu lesen, was Koeppen damals auf seinen Wegen kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten bewegt … Weiterlesen

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Die deutsche Sprache ist „schön, saftig und besonders geschmeidig“ – Wolf Schneiders Buch „Speak German“

Nicht ungeschickt: Wer das massive Eindringen englischer Ausdrücke ins Deutsche bremsen will, sollte zunächst einmal die englische Sprache loben. Sie klingt ja oft so klipp und klar.

Besonders die englischen Einsilber wie Team, Job und Sex haben es Wolf Schneider (82) angetan. Manche Wort-Importe seien eben belebend. Doch wenn es nach dem „Sprachpapst“ des deutschen Journalismus geht, soll’s damit auch weitgehend genug sein. In Frankreich setze man doch auch Grenzen!

Im großen Rest seines neuen Buches preist er vor allem das Deutsche, auf das man „stolz“ sein könne. Vielfach sei es treffender, geschmeidiger und saftiger als andere Sprachen, überdies oft kürzer (Mord statt murder, Geld statt money, Mut statt courage usw.). Auch werde in keine andere Sprache dermaßen viel übersetzt. … Weiterlesen

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„Das Leben ist ein Festival der Zufälle“ – Gespräch mit Wolf Wondratschek auf der Buchmesse

Von Bernd Berke

Wolf Wondratschek (60) zählte zeitweise zu den meistgelesenen deutschen Schriftstellern. Einst galt er, mit Bänden wie „Chucks Zimmer“ und „Carmen oder Ich bin das Arschloch der achtziger Jahre“, als führender „Pop- und Rock-Poet“ des Landes. Außerdem erregte er Aufsehen mit Texten über die ruppigen Milieus der Boxer und Bordelle. Die WR sprach mit ihm auf der Frankfurter Buchmesse:

Sein neuer Roman „Mara“ (Hanser, 202 Seiten, 17,90 Euro) gibt sich thematisch gediegener: „Titelheld“ ist ein berühmtes Stradivari-Cello (Beiname „Mara“ nach dem ersten Besitzer). Es erzählt in Ich-Form seine fast dreihundertjährige Geschichte quer durch die Epochen. Und es schildert das Leben der Virtuosen, die sehr unterschiedliche Temperamente verkörpern.

Das Instrument gibt es also tatsächlich, es ist viele Millionen wert. … Weiterlesen

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Wolf Wondratschek: Ein Cello erzählt

Wolf Wondratschek (60) zählte zeitweise zu den meistgelesenen deutschen Schriftstellern. Einst galt er, mit Bänden wie „Chucks Zimmer“ und „Carmen oder Ich bin das Arschloch der achtziger Jahre“, als führender „Pop- und Rock-Poet“ des Landes. Außerdem erregte er Aufsehen mit Texten über die ruppigen Milieus der Boxer und Bordelle. Ein Gespräch auf der Frankfurter Buchmesse.

Sein neuer Roman „Mara“ (Hanser, 202 Seiten, 17.90 Euro) gibt sich thematisch gediegen: „Titelheld“ ist ein berühmtes Stradivari-Cello (Beiname „Mara“ nach dem ersten Besitzer). Es erzählt in Ich-Form seine fast dreihundertjährige Geschichte quer durch die Epochen. Und es schildert das Leben der Virtuosen, die sehr unterschiedliche Temperamente verkörpern.

Das Instrument gibt es also tatsächlich, es ist viele Millionen wert. Heute spielt es der Österreicher Heinrich … Weiterlesen

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In der deutschen Klemme – Wolf Biermann wird 65 / Vor 25 Jahren aus der DDR ausgebürgert

Von Bernd Berke

Es muss um 1975 herum gewesen sein. Ausflug ins fremdartige Ost-Berlin. Überall wurde man als „Westler“ erkannt und angesprochen. Viele interessierten sich für Westgeld. „Biermann koofen!“, erläuterte einer gleich ungefragt den angeblichen Zweck. Eine gemeinsame Ebene, dachte er wohl. Denn dieser Name war ein Signal.

Wolf Biermann, der wortreiche Dichter und Barde, taucht jetzt gleich doppelt im historischen Kalender auf. Heute wird er 65 Jahre alt, und morgen ist es 25 Jahre her, dass die SED ihn aus der DDR ausbürgerte.

Denkwürdige Ereignisse, in denen sich die deutsch-deutsche Misere verdichtete: Seit Ende 1965 galt das Auftritts- und Publikationsverbot gegen Biermann, verhängt vom 11. Plenum des ZK der SED. Man warf ihm individualistisches „Genussstreben“ vor, das den Klassenstandpunkt … Weiterlesen

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Ein fast schon harmlos wüster Weltenzirkus – Wolfgang Trautwein inszeniert Georg Büchners „Woyzeck“ in Dortmund

Von Bernd Berke

Dortmund. Beim Militär wird der mittellose Mann nach Belieben geschurigelt, die Medizin demütigt ihn mit schäbigen Experimenten, und die dralle Marie hintergeht ihn mit einem strammen Tambourmajor. Geld weg, Frau weg, Ehre weg – der traurigste Blues. Schulbuchhaft gesagt: Georg Büchners „Woyzeck“ ist eine der großen Leidensgestalten unserer Dramenliteratur.

Aufwühlender Stoff also, den sich Wolfgang Trautwein am Dortmunder Schauspiel vornimmt. Blatt- und astlose Baumstümpfe hängen hier vom dunklen Himmel herab, im Hintergrund leuchtet grob skizziertes Liniengeflecht nach Art eines ausweglosen Straßen-Labyrinths (Bühnenbild: Thomas Gruber). Eine abgetötete Welt. Stumme Figuren zeigen anfangs ein Transparent mit unverständlichen Wortfetzen. Eine Welt, gegen die man auch nicht protestieren kann, weil die Sprache zerstört ist.

Dann aber betritt jener Woyzeck (Jürgen Uter) … Weiterlesen

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Kunst soll wirken wie ein Nackenschlag – Werkschau über Bruce Nauman in Wolfsburg

Von Bernd Berke

Wolfsburg. Mal ehrlich: Was hat Wolfsburg schon zu bieten? Das gigantische VW-Werk, gewiß. Aber in dessen Schatten ducken sich ein barackenartiger Bahnhof und eine beklagenswert öde Innenstadt. Ausgerechnet hier soll ein Juwel der deutschen Kulturlandschaft zu finden sein? Aber ja!

Das imposante Kunstmuseum Wolfsburg, im Grundriß etwas größer als ein Fußballfeld, verfügt über finanzielle Mittel, von denen man andernorts höchstens träumt. Jetzt bietet man mit einer Schau über den US-Künstler Bruce Nauman erneut ein Ereignis der Sonderklasse.

Während etliche Häuser in den Metropolen mit jährlichen Ankaufsetats von nicht einmal 100 000 Mark (ein Witz angesichts der Kunstmarkt-Preise) wirtschaften, schöpft man in Wolfsburg aus dem Vollen. Das erst vor drei Jahren eröffnete Museum hat bereits umfangreiche Eigenbestände angehäuft. … Weiterlesen

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Anekdoten aus dem Leben eines eitlen Bordellfürsten – Wolf Wondratscheks eindimensionaler Roman „Einer von der Straße“

Von Bernd Berke

Sehen wir einmal davon ab, ob Wolf Wondratschek wirklich (wie es kolportiert wurde) gegen Bargeld die Lebensgeschichte eines eitlen Bordellfürsten aufgezeichnet hat, der auch noch in die Literaturgeschichte eingehen wollte.

Schauen wir lieber auf das schriftstellerische Resultat, auf die Romanstory über jenen Gustav Berger, genannt „Johnny“, der zwischen den Ruinen der Nachkriegszeit „wild“ aufwächst, alsbald Kinderbanden leitet, sich später (zur „Halbstarken“- und Rock’n’Roll-Zeit) im Knast gegen übelste Typen sozialdarwinistisch „durchbeißt“ und schließlich eine tolldrastische Zuhälter-Karriere in München und Hamburg macht.

Das alles hätte vielleicht den Stoff für einen Roman über die ‚, Kehrseiten der „Wirtschaftswunder“-Jahre abgeben können. Doch was haben wir da? Eine erzkonventionelle Erzählweise mit einem sogenannten „allwissenden Erzähler“, der aber dann doch manchmal reichlich beschränkt … Weiterlesen

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Bilder vom Riß, der durch die Welt geht – Sechs Museen zeigen Werke von Wolf Vostell

Von Bernd Berke

Köln/Bonn. Wolf Vostell hat einen Traum: „Eine ganze Messehalle müßte man einmal mieten und dort mein gesamtes Werk zeigen. Das wäre mein Lebens-Film.“

Doch auch so kann der „alte Kämpe“ der Happening-, Objekt- und Fluxus-Kunst zufrieden sein. Nicht weniger als sechs Museen in fünf Städten haben ihre Kräfte vereint, um jetzt ein wahres Vostell-Festival auszurichten. Nicht Retrospektiven sollen es nach dem Willen des Künstlers und der Museumsleute sein, sondern Zwischenbilanzen, „Einblicke in einen laufenden Prozeß“. Derlei Vorläufigkeit entspricht in der Tat dem Wesen eines Mannes, der zwar im Oktober 60 Jahre alt wird, aber immer noch Kraft zur Provokation hat. Zuletzt sorgte 1987 sein Berliner „Beton-Cadillac“ für bundesweites Aufjaulen.

Die Ausstellungen in Köln, Bonn, Leverkusen (Geburtsort des … Weiterlesen

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Allen Leuten gefallen – Ein Buch zur Unzeit: Christa Wolfs „Was bleibt“

Von Bernd Berke

Es geschieht selten, daß ein zehn Jahre zuvor verfaßter Text beim Erscheinen solches Aufsehen erregt. Die Debatte über Christa Wolfs „Was bleibt“ entzündet sich vor allem am Zeitpunkt der Veröffentlichung. Erst nach der DDR-„Wende“ konnte bzw. wollte sie ihre Aufzeichungen von 1979 vorlegen, in denen sie schildert, wie ihr Haus damals einige Wochen lang von der Stasi observiert wurde.

Auch Leute, die sonst abgewogen geurteilt hatten, fallen jetzt über die vermeintliche DDR-„Staatsdichterin“ her, die sie all die Jahre über letztlich doch gewesen sei und die jetzt nur noch späten „Gratismut“ beweise, um sich ein Alibi zu verschaffen. Walter Jens und Günter Grass nehmen Christa Wolf gegen derlei Vorwürfe in Schutz.

Der Anlaß der Debatten umfaßt nur 108 … Weiterlesen

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Beschwerlicher Aufstieg im Gebirge der Sprache – Wolf Redl inszeniert Ernst Barlachs Drama „Der Tote Tag“ in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. „Ich war geringer als ein Gott – und als der Gott vor dem Weibe stand – da war meine Menschlichkeit schuld, daß sie des Gottes wurde.“ – Das ist keine Sprache, die zur Theaterwirksamkeit drängt. Der gewundene Satz ist nicht untypisch für Ernst Barlachs Stück „Der Tote Tag“.

Bochums Theater riskiert eine Aufführung des Sprachgebirges, die erste an einer größeren Bühne seit vielen Jahren. Vielleicht sind solche Wagnisse ja dem Reiz vergleichbar, einen selten bezwungenen Achttausender zu besteigen. Doch die Luft da oben ist dünn.

Das Figureninventar wurzeit in Mythen und vorzeitlichen Archetypen: Mutter und Sohn; Vater als blinder „Seher“, Alb (Verkörperung der Alpträume), Pferd, Gnom („,Steißbart“), Hausgeist mit Wischer-Füßen („Besenbein“). Kern-Geschichte: Die erdhafte Mutter hält … Weiterlesen

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„Romeo und Julia“: Die Liebe zwischen Schlafwandlern – Wolf Redls Inszenierung zum Saisonstart in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Ein gigantisches Viereck lastet schwer über der Szene. Es ist dunkelrostrot besprenkelt. Längst eingetrocknetes Blut? Zeichenspur einer Gewalt, die sich seit altersher eingerichtet und unüberwindbar verewigt hat? Dann wäre die Tragödie von „Romeo und Julia“ nur eine unter vielen und man müßte nicht gar so viel Aufhebens darum machen. In diese Richtung scheint denn auch Wolf Redls vierstündige Bochumer Inszenierung des Shakespeare-Klassikers zu zielen.

An „Romeo und Julia“ haben sich in den letzten Jahren kaum noch große Bühnen gewagt. Das wird wohl seine guten Gründe haben. Tatsächlich gibt es hier ja zahlreiche Klischee-Klippen. Über die Abfolge von Selbstmordmonologen und -vollzügen muß man sich erst einmal mit Anstand hinwegretten.

Für Bochumer Verhältnisse und Erwartungshaltungen ist es eine … Weiterlesen

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An der Grenze zur Klamotte – Friedrich Wolfs „Koritke“

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Kunst ist Waffe!“ Mit Stücken, die dieser Parole zu Bühnenwirksamkeit verhelfen sollten, war Friedrich Wolf (1888-1953; das Programmheft verrät so gut wie nichts über ihn) einer der meistdiskutierten Arbeiter-Schriftsteller der Weimarer Republik.

Wolf, im Brotberuf Arzt, ab 1928 Mitglied der KPD, schrieb nach expressionistischen „Oh-Mensch“-Anfängen Agitprop-Stücke immer reineren Wassers. In Wuppertal, wo man jetzt Wolfs „(Die Zeche zahlt) Koritke“ (Regie: Dieter Reible) ausgrub, kam freilich ein grundbiederes Stück auf die Bühne. Arbeitertheater hart an der Grenze zur Klamotte.

Allerdings hat bereits der Text deutliche Schwächen, so zum Beispiel die aus heutiger Sicht überaus dick aufgetragehe Symbolik des Oben und Unten, die überdies um Begriffe wie „Blut“ und „Licht“ kreist. Sprachlich steht dazu ein abgehackter Telegrammstil in … Weiterlesen

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Seelische Zerstörung: Floris Vissers penetrantes Bildertheater für Mozarts „Idomeneo“ in Köln

In der Gummizelle: Kathrin Zukowski (Ilia), Kinderstatist, Anna Lucia Richter (Idamante), Peter Bermes (Idomeneo). (Foto: Sandra Then)

Der alte Mann entkommt seiner Zelle nicht. Auf weiße gepolsterte Wände zeichnet er mit nervösem Strich immer wieder das gleiche Männchen, mit einem Dreizack in der Hand. Beim Familienbesuch rastet er aus, muss mit einer Spritze ruhiggestellt werden.

Floris Visser führt während der Ouvertüre von Wolfgang Amadeus Mozarts „Idomeneo“ die Titelfigur als einen Gezeichneten ein. Kein herkömmliches Regietheater-Irrenhaus-Setting: Denn die Zelle weitet sich, eröffnet einen Hintergrund in hyperrealistischem Licht, mit dem James Farncombe die felsige Strandlandschaft der Bühne Jan Philipp Schlößmanns in überzeichnet scharfe Konturen taucht. Der Naturalismus eines „Schauplatzes“ wird so ausgehebelt; der alte Mann, unschwer als Idomeneo zu identifizieren, beginnt durch … Weiterlesen

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„Vergnügen und Verlust“ – Ruhrfestspiele präsentieren Programm 2024

Stefanie Reinsperger in der Titelrolle von Thomas Bernhards „Der Theatermacher“ (Foto: Matthias Horn/Ruhrfestspiele Recklinghausen)

Nun ist es da, das Programm der diesjährigen Ruhrfestspiele. „Vergnügen und Verlust“ ist es überschrieben, und in diesem Titel, so Intendant Olaf Kröck, spiegele sich das weltpolitische Übel unserer Zeit ebenso wie die Notwendigkeit, es mit den Mitteln des Spiels, des Schauspiels, des Theaters samt all seinen Facetten mithin anzugehen.

Die Autorin und Übersetzerin Esther Kinsky wird die Eröffnungsrede halten, „in ihren Texten“, wir zitieren den Pressetext, „hat sie sich der Erkundung und Überwindung der Fremde als existentielle, menschliche Erfahrung verschrieben.“

Akrobatisch, atemberaubend

Vielfalt der Menschen und Ethnien, der Stilmittel und des künstlerischen Ausdrucks prägen das Programm vor allem in den Bereichen, die mit wenig oder … Weiterlesen

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Musikalisch lohnende Mozart-Rarität: „Ascanio in Alba“ an der Oper Frankfurt

Die künstliche Welt im Zentrum: „Ascanio in Alba“ mit Kateryna Kasper (Venus) und Cecelia Hall (Ascanio). (Foto: Monika Ritterhaus)

Glückliche Menschen, wenn das Sollen und das Wollen in so wunderbarer Übereinstimmung zueinander finden. Für die junge Silvia ist der vorher bestimmte Bräutigam zugleich der Mann ihrer Träume.

Ein Wunder ist das nicht, hat doch keine Geringere als die Göttin der Liebe, Venus höchstpersönlich, das Verhältnis für ihren Sohn Ascanio arrangiert und Amor losgeschickt, um die Träume des Mädchens zu manipulieren, das sich prompt in das Traumbild Ascanios verliebt.

Der Konflikt, der daraus in Wolfgang Amadeus Mozarts „Ascanio in Alba“ entsteht, ist ein milder. Nur kurz währt die Wehmut, als Silvia einen jungen Unbekannten kennenlernt, der dem Mann ihrer Träume gleicht. … Weiterlesen

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Was wäre ich geworden, wenn…? – Uraufführung der Oper „Septembersonate“ von Manfred Trojahn in Düsseldorf

Surreale Treppen auf der Bühne von Heike Scheele: „Septembersonate“ von Manfred Trojahn in der Inszenierung von Johannes Erath in Düsseldorf mit Holger Falk (Osbert Brydon) und Juliane Banse (Ellice Staverton). (Foto: Wolf Silveri)

Spätestens, seit die Romantik die Welten hinter der Welt entdeckt hat, werden die Grenzen zwischen der positivistischen Realität in einer aufklärerisch-rationalen Perspektive und der Fiktion brüchig.

Einer Fiktion, die sich als mächtiger Einfluss auf das offenbart, was gemeinhin als „real“ beschrieben wird. Einer Fiktion, die sich im Begriff manifestiert, jenem denkerischen Instrument, mit dem wir unsere Welt „begreifen“. Aber auch, wenn Gott ein Hirngespinst sein sollte, auch, wenn Heilige und Helden nie leibhaftig gelebt haben, so existieren sie doch, haben auf den Lauf der Ereignisse gewaltigen Einfluss. … Weiterlesen

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