Neuer Leiter des Ostwall-Museums: „Kunst ist auch Politik“ – Ingo Bartsch skizziert sein Konzept

Von Bernd Berke

Dortmund. „Eine reizvolle Aufgabe“ erhofft sich der künftige Leiter des Dortmunder Museums am Ostwall, Dr. Ingo Bartsch (44), von seiner neuen Stellung, die er vermutlich im Februar oder März 1988 antreten kann. Bartsch, derzeit noch stellvertretender Chef des Museums Bochum, sagte gestern, er wolle „mit einigem Fingerspitzengefühl versuchen, die verhärteten Strukturen“ an dem Dortmunder Kunstinstitut „abzumildern“.

Er setze auf das pädagogische Geschick seiner Mitarbeiter. Durch didaktische Vermittlung sollten weitere Bevölkerungskreise an das Haus herangeführt werden. Gleichwohl bleibe sein Konzept offen auch für neue und neueste, womöglich noch nicht „abgesicherte“ oder gar verstörende Kunstströmungen.

Der neue Mann für Dortmund, ein gebürtiger Berliner, der an der dortigen Freien Universität studierte, investierte volle fünf Jahre in seine 1977 abgeschlossene Dissertation über die Malerei des italienischen Futurismus und ihre Bezüge zum Faschismus. Die Anfälligkeit dieser Avantgarde-Bewegung für autoritäre Strömungen gilt Bartsch als Beleg dafür, daß Kunst nicht vom gesellschaftlich-politischen Umfeld isoliert werden kann. Bartsch: „Kunst ist mehr als bloße Ästhetik“. Diese Einsicht werde sich in seiner Dortmunder Arbeit ebenso niederschlagen wie das Spezialinteresse für Italien.

Er freue sich, so Bartsch, mit dem Ostwall-Museum nicht nur ein reines Wechsel-Ausstellungs-Institut zu übernehmen, sondern auch für die Pflege einer ständigen Sammlung verantwortlich zu sein. Diese Kombination passe zu der Ausbildung, die er bis 1979 an der Kunsthalle in Baden-Baden erhalten habe.

Der Dortmunder Sammlungsbestand – mit den Schwerpunkten Expressionismus (Sammlung Gröppel) sowie Happening und Fluxus (Sammlung Feelisch) sei beachtlich, müsse jedoch „erweitert, ergänzt, konzentriert“ werden. Da der Ankaufsetat (für 1988 lediglich 200.000 DM) durch den beschlossenen Erwerb der Sammlung Feelisch auf Jahre hinaus weitgehend blockiert ist, will Bartsch öfter mal mit anderen Museen kooperieren und sich auch auf vorsichtige Suche nach Sponsoren begeben. Allerdings: „Sponsorentum ist grundsätzlich eine knifflige Angelegenheit.“ Es dürfe keinesfalls ein sachfremder Einfluß auf die Arbeit des Museums ausgeübt werden.

Einige Neuerungen am Museum, dessen Lichthof just einen schmucken neuen Innenanstrich bekommen hat, stehen bereits fest: Teile der Sammlung werden umgruppiert. Vor allem „Neue Wilde“ und größere Objekte müssen in die Magazine. Dafür werden im Untergeschoß Räume für Künstler-Aktivitäten frei, die sich vornehmlich auf die örtliche und regionale Szene stützen sollen.

Obgleich Ingo Bartsch dem Haus am Ostwall viel Gutes abgewinnen kann („schöne Raumabfolge“), würde er sich doch auf längere Sicht – genau wie Dortmunds Kulturdezernent Dr. Gerhard Langemeyer – einen zusätzlichen Neubau wünschen. Bartsch: „Dann könnte im alten Haus die ständige Sammlung präsentiert werden, und im neuen wäre Platz für Wechselausstellungen“.