Gewagter Vergleich von Lehmbruck und Beuys in Duisburg

Von Bernd Berke

Duisburg. Das LehmbruckMuseum besitzt, wie könnte es anders sein, Zeichnungen von Wilhelm Lehmbruck (1881-1919). Es besitzt auch Zeichnungen von Joseph Beuys. Da Beuys in seinem Todesjahr 1986 den Duisburger Lehmbruck-Preis bekommen hat, fahndete Museumsleiter Christoph Brockhaus nach Verbindungslinien zwischen beiden Künstlern — und fand praktisch keine.

„Intuitiv“ habe man die von einer Tournee nach Duisburg zurückgekehrten Zeichnungen von Lehmbruck und jene von Beuys ausgewählt, um einen „Vergleich des Unvergleichbaren“ zu wagen, sagt Brockhaus selbst. Was nun als „Mentale Plastik — Zeichnungen von Lehmbruck und Beuys“ (bis 18. August) daherkommt, ist kaum mehr als umgruppierter und halbherzig ergänzter Eigenbesitz. Auch werden die Arbeiten beider Künstler nicht miteinander konfrontiert, sondern separat auf zwei Etagen gezeigt.

Nun gut. „Beseelte Linienführung“ und vielfach ein ätherisches Verblassen der Formen kann man beiden Künstlern nachsagen. Auch hat Beuys eine „Kriechende Frau“ gezeichnet, die mit der Lehmbruck-Serie der „Gestürzten“ in Beziehung gesetzt werden kann. Doch damit erschöpfen sich die „Gemeinsamkeiten“ auch schon. Lehmbruck bleibt Lehmbruck, Beuys bleibt Beuys. Sie unterscheiden sich nicht wie Tag und Nacht, aber wie Morgen und Abend.

Das alles heißt nicht, daß man keinen Kunstgenuß vorfände. Beispiel: Lehmbrucks „Macbeth“-Serie, in der es zu wahren „Körperexplosionen“ kommt. Hauchfein den Sinnen sich entziehend sind diese Figuren gezeichnet — wie Erscheinungen nah am Urzustand.




Zur Bundesgartenschau in Dortmund: Zwischen den Blumen ein Kunst-Reservat

Von Bernd Berke

Dortmund. Am Rande der Bundesgartenschau hat auch die Kunst ihr Reservat. Während die Kosten für die „Blümchen-Olympiade“ stetig kletterten, hatte die Stadt den Etat für diese „Begleitkunst“ von 500.000 auf 300.000 DM gekappt. Erstaunlich, daß man auf diese Weise fünf renommierte Künstler für das Buga-Projekt „Naturraum — Kunstraum“ gewann, u.a. Fabrizo Plessi. der auf der letzten documenta Furore machte.

Ursprünglich sollte sich das Projekt auf konkrete Stadtgestaltung beziehen, anfangs war auch noch der jetzige Unnaer Stadtkünstler Dieter Magnus mit von der Partie. Im in Laufe der Zeit wurde man jedoch grundsätzlicher und wollte erst einmal generell das Verhältnis von Natur, Mensch. Kunst und Künstlichkeit klären. Planskizzen und Vorarbeiten sind nun im Ostwall-Museum zu besichtigen, doch im Westfalenpark, wo die Ideen materielle Gestalt annehmen sollen, sieht man vorerst fast gar nichts.

Das liegt zum einen daran, daß man eh keine fertigen Dinge hinstellen wollte, sondern das allmähliche Werden und Wachsen der Natur-Kunstobjekte vorführen wollte (Schlagwort: „Work in progress“). Auch wollte man nicht wahllos den Park „möblieren“, sondern — beginnend am Buschmühlen-Eingang in Richtung Emscher — einen begrenzten Ausschnitt gestalten. Zum anderen aber häuften sich auch die Probleme. So wurde Herman Priganns begehbarer „Torfturm mit Schilf“ bereits von Buga-Besuchern zerstört. Der Künstler ist so verbittert, daß er erwägt, die traurigen Reste seiner Arbeit eingezäunt zu lassen und auf einem Schild sarkastisch zu kommentieren.

Fabrizio Plessi mußte sich lange in Geduld fassen, bevor — just gestern — vom Hoesch-Konzern (Besitzer des Geländes neben der Gartenschau) die Genehmigung für den Stahlkubus „Die Karyatide der Welt“ eintraf — nach vielen Änderungswünschen. Jiri Hilmar (Gelsenkirchen), der im Ostwall-Museum natürliches und bearbeitetes Holz miteinander kontrastiert, will im Park „Das Dorf für Ungeziefer, Pilze und Pflanzen“ entstehen lassen. Sein Projekt ist aus Krankheitsgründen noch nicht gediehen.

Christiane Möbus hat eine durchbohrte Steinskulptur an die „renaturierte“ Emscher gestellt. Durch das Loch könnte Wasser gurgeln, es entstünde dann ein „kleiner Nebenfluß“ (Objekttitel). Hermann Kassel (Essen) hat seinen „Gang aus Holzstämmen und zwei Stahlpyramiden“ fast vollendet.

Einstweilen muß man sich hauptsächlich mit den etwas kargen Ideen-Darlegungen im Ostwall-Museum (bis 28. Juli, di. bis so 10—18 Uhr) begnügen und die Phantasie spielen lassen. Man kann nur erahnen, daß Ostwall-Leiter Ingo Bartsch und Projektchef Holger Ehlert eine spannende Kunst-Natur-Erkundung im Sinn hatten.