Vor 5000 Jahren brüllte der goldene Löwe – Hochkarätige Georgien-Schau im Bochumer Bergbau-Museum

Von Bernd Berke

Bochum. Der kleine goldene Löwe ist rund 5000 Jahre alt. Man mag es kaum glauben, so gut ist das Schmuckstück erhalten. Und so fein ist es ziseliert, dass es nur aus einer Hochkultur stammen kann. Indien, China, Ägypten? Weit gefehlt: Das kostbare Tier entstand dort, wo jetzt Georgien sich erstreckt.

Heute ist die vormalige Sowjetrepublik ein armes Land. Strom oder Wasser fließen oft nur stundenweise. Für die Aufbereitung archäologischer Funde gibt es gar kein Geld. Da traf es sich, dass Forscher vom Deutschen Bergbaumuseum (Bochum) beim Kongress in der Türkei eine Kollegin aus Georgien kennen lernten. Sie erzählte von phantastischen Vorzeit-Schätzen, die man daheim nicht zeigen könne.

Die Bochumer ließen etliche Stücke eigens restaurieren und präsentieren nun die hochkarätige Schau „Georgien – Schätze aus dem Land des Goldenen Vlies“. Schirmherren sind Bundespräsident Rau und Georgiens Präsident Schewardnadse. Eine gute Steilvorlage: Vielleicht kann man die Kleinode nun doch eines Tages in Tiflis zeigen, wo das meiste Kulturgut bislang im Depot verwitterte.

Was verbarg sich hinter dem Goldenen Vlies?

Goldenes Vlies? Da war doch mal was? Genau. Der klassischen Sage nach begab sich Jason mit den Argonauten (Seeleuten) auf die abenteuerliche Suche nach diesem Objekt der Begierde. Es zog sie nach Kolchis – und eben dies war die West-Region des heutigen Georgien. Damals gründeten die antiken Griechen dort Kolonien. Die Gegend war wohlhabend. So vermutet man, dass mit dem Goldenen Vlies letztlich jene Widderfelle gemeint waren, durch die man seinerzeit Goldstaub spülte, so dass er klumpig in den Haaren hängen blieb. Ein Goldrausch.

Zu sehen gibt’s in Bochum rund 1000 Exponate, vor allem reichlich Schmuck für fast alle Körperpartien und Waffen (Streit- und Zieräxte, Schwerter, Dolche) des Zeitraums von5000 vor bis 400 nach Chr. Der Rundgang wird mit aktueller Landeskunde eingeleitet und führt dann in die Tiefe der Zeiten. Es begegnet einem die althergebrachte georgische Schrift, die nichts mit dem Kyrillischen zu tun hat. Auch ist die georgische Sprache allein mit dem Baskischen näher verwandt. Ein großes Rätsel.

Die Priesterin trug eine Sonnenscheibe

Aus Grabbeigaben konnte man praktisch vollständig den Schmuck einer Priesterin aus dem 15./14. Jhdt. vor Chr. retten. Frauen hatten damals . offenbar beachtlichen Gesellschafts-Rang. Die Priesterin trug auch eine jener Sonnenscheiben, deren Grundform häufig wiederkehrt und auf einen Kult um das Zentralgestirn hindeutet. Charakteristisch zudem die Hirsch-Darstellungen, wie sie in dieser Art sonst nirgendwo vorkommen.

Anhand wertvoller Belegstücke erfährt man einiges über frühzeitlichen Erzbergbau, Schmiede- und Guss-Techniken sowie die Materialien Kupfer, Zinn, Antimon,Gold, Bronze und Eisen. In der Behandlung der Erdschätze hat den Vorfahren der Georgier zeitweise niemand etwas vorgemacht. Sogar „Recycling“ haben sie schon betrieben. Für die Wiederverwendung eingeschmolzene Metall-Klumpen zeugen davon.

Chemische Untersuchungen im Vorfeld der Bochumer Schau förderten Frappantes zutage. Die kleinsten Perlen der damaligen Welt bestehen nicht, wie man bis dato dachte, aus Silber, sondern aus Zinn. Das bedeutet keine Wertminderung. Denn dieser Stoff war in der Antike seltener als Silber. Durch Vergleichsproben konnte man die mutmaßlichen Handelswege ermitteln. Der teure Grundstoff wurde wohl aus dem Gebiet des heutigen Afghanistan importiert. Ach, könnte es dort doch wieder eine vergleichbare Handelsblüte geben…

Bis 19. Mai 2002 im deutschen Bergbau-Museum, Bochum. Eintritt 8 DM. Katalog 48 DM.




Konzerthaus braucht eine Bürgerbewegung – WR-Diskussionsforum über die „Philharmonie für Westfalen“

Von Bernd Berke

Dortmund. Kein Wort mehr von rasant gestiegenen Baukosten und derlei Querelen. Alle, die im Dortmunder Musikleben Rang und Namen haben, ziehen jetzt offenbar an einem Strang, wenn es um das 94 Millionen DM teure Konzerthaus geht. Bei einem von der WR veranstalteten Diskussions-Forum lautete der Tenor der Teilnehmer: Wenn die Rahmen-Bedingungen stimmen, wollen sie zum Erfolg der „Philharmonie für Westfalen“ beitragen.

Das Konzerthaus im Dortmunder Brückstraßenviertel soll im September 2002 eröffnet werden und als „kultureller Leuchtturm“ weit ins Umland ausstrahlen. Angesichts der langen Vorlaufzeiten in dieser Branche wird es allmählich Zeit, Programme und Profile zu planen. Eines ist klar: Ein solches Haus kann – Tag für Tag – nicht nur mit Gipfelereignissen wie etwa einem Gastspiel der Wiener Philharmoniker gefüllt werden.

Chöre und Orchester wollen kooperieren

Anregungen kommen auch von außerhalb der Stadtmauern: Prof. Rudolf Meister, Rektor der Musikhochschule Heidelberg/Mannheim, betont, das Konzerthaus müsse „von einer breiten Bürgerbewegung getragen werden.“ Es dürfe nicht nur abends locken, sondern müsse ganztags geöffnet sein und vielfältige Angebote zwischen.so genannter E- und U-Musik unterbreiten. Örtliche und regionale Einrichtungen, darunter auch die Chöre, sollten eingebunden werden.

An dem Forum, das von WR-Chefredakteur Frank Bünte moderiert wurde, nahmen zahlreiche Chor- und Orchester-Vertreter teil. Also konnte deren Bereitschaft sogleich überprüft werden. Und siehe da: Die Fülle der Zustimmung war beeindruckend. Ob Uni-Chöre, Bach- und Oratorienchor, Mozart-Gesellschaft, Musikverein, Sängerbund, Jazzclub „domicil“, Musikhochschule oder Musikschule – sie alle sind Willens, bestimmte Konzert-Aktivitäten in die künftige Philharmonie zu verlagern. Für das Pilharmonische Orchester der Stadt, das bislang im Opernhaus auftritt, wird es sogar eine feste Spielstätte sein.

Sowohl kommerzielle als auch gemeinnützige Veranstalter wollen das Konzerthaus mit Leben erfüllen, nicht zuletzt sollen Kinder und Jugendliche als Publikum gewonnen werden. Skeptische Nachfragen betrafen freilich die Mietpreise, die im Konzerthaus für den rund 1600 Zuschauer fassenden Saal fällig werden könnten. Konzerthaus-Intendant Ulrich-Andreas Vogt, der im übrigen jede Idee dankbar aufzugreifen scheint, sprach beruhigend von „differenzierten Kosten“. Für manche Veranstalter dürfte es also spürbare Nachlässe geben. Außerdem verriet Vogt etwas, was vielen neu war: Der große Konzertsaal werde sich ohne akustische Einbußen teilen lassen, so dass auch Auftritte vor rund 700 Zuhörern ohne auffällige Auslastungs-Lücken möglich wären.

Dortmund soll wieder „Musikstadt“ werden

Leicht wird es Vogt nicht haben, Qualitätsansprüche und wirtschaftliche Erfordernisse auszubalancieren. Da tut es ihm sicher wohl, gleichsam das „musikalische Dortmund“ an seiner Seite zu wissen. Vogt setzt auch aufs Umland mit mehreren Millionen Bewohnern, denen man das „Markenprodukt“ Konzerthaus mit einfallsreichem Marketing schmackhaft machen wolle. Potente Sponsoren habe er auch schon gefunden.

Das alles klingt vielversprechend, doch es gibt ein Hindernis. Die früher so rege Dortmunder Musiktradition ist etwas abhanden gekommen. Kulturdezernent Jörg Stüdemann will deshalb gezielt mit dafür sorgen, „dass Dortmund wieder eine Musikstadt wird“. Erste Einfälle: ein auf Wachstum angelegtes Musikfest und ein Dortmunder Treffen der deutschen Musikkritiker.