Currywurst hier und da

Bochumer Currywurst in Holland (Foto: Bernd Berke)

Bochumer Currywurst in Holland (Foto: Bernd Berke)

Unterwegs hält man hier und da nach Exporten des Ruhrgebiets Ausschau – und stößt dabei immer mal wieder auf die Currywurst. Nein, dies wird weder eine Grönemeyer-Hommage noch ein Wursttest.

Auch ist’s keine Weltsensation, original Bochumer Currywurst in Holland vorzufinden, aber immerhin… man fühlt sich ein klein wenig angeheimelt.

An der holländischen Nordseeküste machen bekanntlich sehr viele Revierbewohner Urlaub oder sie kommen mal eben am Wochenende. Da lohnt es sich wahrscheinlich, ihnen neben Frikandel & Fritjes auch ihre Currywurst anzubieten.

Andererseits mag es einen piefigen Beigeschmack haben, in Egmond aan Zee Currywurst aus Bochum zu ordern. Nochandererseits ist das aber piepegal. Oder auch wurst. Mit Meerblick und Salzgeruch isst man die Dinger ja sonst selten.

Um doch noch ein Wort in Geschmacksfragen zu verlieren: Die Soße in Egmond (der Ort, den Goethe immer falsch geschrieben hat, hohoho) war höllisch scharf und somit geeignet, den Getränkeumsatz zu heben.

Gezondheid!

Postkartenwerbung für die BO-Currywurst

Postkartenwerbung für die BO-Currywurst




Ratzingers Heimaturlaub blieb frei von Demut

„Der Papst mag uns“ titelt die „Welt“ nachgerade erleichtert frohlockend. Schön, dass er „uns“ mag, aber wer fragt denn, ob wir alle ihn mögen. Das allein aber ist nicht das wirklich Verwirrende am Besuch des eigentlich hauptberuflichen Brückenbauers, sondern es sind „unsere“ Reaktionen auf ihn, die so ungeheuer befremdlich wirken.

Da war zunächst eine aufregende und schwer nachvollziehbare öffentliche Debatte darüber, ob denn dieser achte und bislang dienstälteste deutsche Papst im deutschen Parlament parlieren dürfe. Da es ausdrücklich erlaubt ist, dass ein jeder, eine jede Abgeordnete einer jeden Partei das dümmste Zeug zu reden, warum bitte sehr nicht auch der deutsche Oberhirte? Da bereits nachweislich nichtdeutsche Staatslenker mit nachträglich als kriminell betrachteter Energie im deutschen Parlament parlieren durften, warum denn nicht ein deutscher Papst?

Danach spekulierten Kirchenlenker, Parteienlenker, Philosophen und allerlei denkende Köpfe darüber, was wohl Wegweisendes Ratzinger (in Sachen Ökumene, Zölibat, Priester-Geschlecht, Haltung seiner einzig wahren Kirche zu vielerlei Fragen der Gesellschaft) während des Heimatbesuches von sich geben werde. So viel, wie da an vorauseilender Exegese in noch nicht gehaltene Reden und noch nicht gepredigte Predigen hinein gedeutet wurde, so wenig kam bei alsdann gehaltenen Reden und gepredigten Predigten heraus. Der Brückenbauer redete so, wie man auch als Politiker geredet hätte, vielsagend, nichtssagend, deutungsreich.

Nun, „Bild“ bejubelte seine Zeile von 2005 („Wir sind Papst“), Springer ließ am Berliner Hochhaus das Magnum-Plakat für seine Magnifizenz hissen und des Verlages „Welt“ jubiliert resümierend, dass dieser Ratzinger „uns mag“.

Ich mag nicht damit beginnen, das alles aufzuzählen, was der Pontifex uns hätte sagen müssen oder sollen, damit ein paar mehr als die rein Gläubigen ihn danach hätten mögen können. Nur eines: so ein dickes „Mir tut das furchtbar leid, und ich werde mein Pontifikat dazu nutzen, dass jeder scharf bestraft wird, der das wieder tut!“ in die Richtung zahlreicher Misshandelter wäre doch ein Anfang gewesen. Ein Anfang, dass der achte deutsche Papst dazu selbst in der Lage ist, was Päpste allzu nachhaltig von ihren Schäfchen erwarten: Demut.




Düstere Schönheit – Vorschau aufs Denovali Swingfest in der Essener Weststadthalle

Der Wortbestandteil „Swing“ im Festivalnamen ist pures Understatement. Sicher wird der Beton mitschwingen, wenn die durchdringenden Bässe finsterer Bands wie Bohren & der Club of Gore oder Kodiak durch die Weststadthalle wummern. Mit einer älteren Ausrichtung des Jazz hat die am kommenden Wochenende präsentierte Musik aber rein gar nichts zu tun.

Der Untertitel „Experimental Music Festival“ verrät dagegen schon etwas mehr über die einundzwanzig Gruppen und Einzelkünstler, die vom 30. September bis 2. Oktober in Essen auftreten werden. Aber experimentieren lässt sich ja in den verschiedenen Genres.

Das Bersarin Quartett tritt am Freitag gegen 19 Uhr auf

Mehrere der auf dem Festival vertretenen Musiker greifen Traditionen klassischer Instrumentalmusik auf und variieren sie, oftmals um elektronische Mittel erweitert. So der Münsteraner Komponist und DJ Thomas Bücker, alias Bersarin Quartett, dessen Auftritt für Freitag, 30.09., 19 Uhr, vorgesehen ist. Oder der Düsseldorfer Hauschka (i .e. Volker Bertelmann) mit seiner bestechend schönen, manchmal wehmütigen, manchmal heiteren Klaviermusik (Sonntag, 2.10., 19 Uhr). Der Klassik vielleicht am engsten verbunden ist die französische Formation Les Fragments de la Nuit (Piano, Cello und drei Violinistinnen), die den Sonntagnachmittag bereits gegen 13 Uhr eröffnet.

Der Düsseldorfer Hauschka, alias Volker Bertelmann

Postrock – sofern diese generelle Bezeichnung überhaupt etwas aussagt – ist auf dem Festival durch mehrere Gruppen präsent. Die UK-Band Her Name is Calla, die bereits im vorigen Jahr auf dem Denovali Swingfest im Essener Jugendzentrum durch die kräftige Stimme des Lead-Sängers Tom Morris und durch satten Gitarrenklänge überzeugte, ohne dass die subtileren Töne von Geige und Posaune in den Klanggewittern untergingen, spielt auch in diesem Jahr wieder in Essen (Sonntag, 16 Uhr). Der gleichen musikalischen Kategorie ließen sich die Petrels (UK) zuordnen. Angenehm zu hören, etwas in Richtung Shoegazing weisend, sind auch die schwedischen September Malevolence (Freitag, leider schon um 14.30 Uhr). Ebenso AUN aus Kanada. Wer es gern härter mag, wird von Omega Massif gut bedient.

Her Name is Calla spielen am Sonntag gegen 16 Uhr

Ambient und Drone sind auf dem Essener Fest vertreten durch Künstler wie Jefre Cantu-Ledesma (San Francisco), Tim Hecker (Montreal), Kodiak (Gelsenkirchen) sowie durch den Musiker und Videokünstler Thomas Köner, dessen Performance den Freitag beschließt. Das überragende Duo Nadja aus Toronto tritt am Samstag gegen 16 Uhr auf.

Aus dem Jazz kommt das polnische Contemporary Noise Sextet (Samstag, 17.30 Uhr). Stärker elektronisch geprägten Jazz bringt das Hidden Orchestra aus Edinburgh auf das Essener Festival – voraussichtlich eines der herausragenden Ereignisse am Sonntagabend (20.30 Uhr). Das Kilimanjaro Darkjazz Ensemble aus Amsterdam dagegen, das den Samstag beschließen soll, trägt den Jazz zwar ebenfalls im Namen, ließe sich aber ebenso in eine Reihe stellen mit experimentierfreudigen, mit dem Abgründigen spielenden Postrockbands. Soundtracks zu nie gedrehten Filmen. In diese Richtung gehen auch die dunklen Sounds des Dale Cooper Quartets (Samstag, 19 Uhr). Nicht nur der Bandname, auch die Musik der Bretonen spielt auf David Lynchs Kult-Serie „Twin Peaks“ an. Subheim aus Griechenland, der am Freitag um 17:30 Uhr auftreten soll, steht ebenfalls schwärzester Harmonik nahe, ebenso wie Lento aus Italien oder die Finsterlinge aus Mülheim, Bohren & der Club of Gore, die den Takt auf das größtmögliche Maß verlangsamt haben (Freitag um 22 Uhr). Das Licht am Sonntagabend machen drei dem Death oder Doom Metal zugewandte amerikanische Kapuzenmänner aus: Sunn O))).

Denovali Swingfest
30.09. / 01.10. / 02.10. 2011
Weststadthalle (U-Bahn: Berliner Platz)
Thea Leymann Strasse 23
45127 Essen
Tickets und Infos: http://www.denovali.com/swingfest