2019 beginnt für Dortmund wenig verheißungsvoll: Torhaus ohne Kunst und Musik, Naturkundemuseum bleibt geschlossen

Ansicht des Torhauses im Rombergpark. (Foto: Bernd Berke)

Ansicht des Torhauses im Rombergpark. (Foto: Bernd Berke)

Das schmucke Dortmunder Torhaus Rombergpark, 1681 erbautes Relikt des einst stolzen Schlosses Brünninghausen und immerhin schon seit 1968 Schauplatz kleinerer Kunstausstellungen, kann nicht mehr kulturell genutzt werden. Auch die langjährige Reihe der Gitarrenkonzerte entfällt an diesem Ort. Zudem wird es dort keine Ambiente-Hochzeiten mehr geben.

Dies alles hat offenbar mit Erfordernissen des Brandschutzes zu tun. Im Fall eines Falles wäre die schmale Wendeltreppe, die hinauf zum Ausstellungsraum bzw. hinunter führt, wohl wirklich kein tauglicher Fluchtweg. Man stutzt freilich beim Gedanken, warum der Pressetermin, bei dem das „Aus“ für die genannten Veranstaltungen offiziell verkündet wurde, ausgerechnet im besagten Torhaus stattfinden musste. War’s ein vorerst letztes Mal der „Geist des Ortes“, der da rief?

Jedenfalls hat man zweierlei Ersatz gefunden, jeweils in der Innenstadt. Die Ausstellungen regionaler Künstler ziehen (nach Ende der „Pink Floyd“-Schau) in den neuen Pavillon am „Dortmunder U“, die Gitarristen werden künftig in der Rotunde des Museums für Kunst und Kulturgeschichte auftreten. Ob das denkmalgeschützte Torhaus selbst eines Tages wieder zur Verfügung stehen wird, ist noch ungewiss.

Tags zuvor wurde bekannt, dass die Wiedereröffnung einer weiteren Kultur-Einrichtung sich abermals schmerzlich verzögert. Das 2014 zwecks gründlichen Umbaus geschlossene Naturkundemuseum, vordem eine der bestbesuchten Kulturstätten der Kommune, wird vermutlich erst im Frühjahr 2020 wieder zugänglich sein. Etliche Misshelligkeiten im Verlauf der Bauarbeiten haben das Projekt immer wieder verzögert. Und jetzt bitte keine billigen Vergleichsscherze mit dem schier ewig unfertigen Berliner Flughafen BER.

Bliebe allerdings zu hoffen, dass das noch junge Jahr 2019 der Stadt keine weiteren Kulturnachrichten dieser weniger erfreulichen Sorte beschert.

 




Ein Fest des Rhythmus: Kirill Petrenko und das Bundesjugendorchester in der Philharmonie Essen

Das Bundesjugendorchester machte auf seiner Tournee in Essen Station. Foto: Selina Pfruener

Das Bundesjugendorchester machte auf seiner Tournee in Essen Station. Foto: Selina Pfruener

Es war eines von nur vier Konzerten mit Kirill Petrenko am Pult: Nach Luxemburg und vor Hamburg und Berlin gastierte das Bundesjugendorchester in der Philharmonie Essen auf seiner Wintertournee zum Beginn seines 50-Jahre-Jubiläums. 1969 gegründet, ist das Orchester nicht mehr aus der Bildungslandschaft für angehende Profi-Musiker wegzudenken.

14 bis 19 Jahre alt sind seine Mitglieder, und manches Gesicht auf dem Podium der Philharmonie wäre noch als ein gutes Stück jünger durchgegangen. Andere wiederum hatten schon ganz die Attitüde des versierten Berufsmusikers angenommen – und tatsächlich schlugen 83 Prozent der Jugendlichen im BJO (so eine Statistik von 2013) erfolgreich diesen Weg ein.

Kirill Petrenko leitete das Bundesjugendorchesterbei seinem Konzert in Essen. Er ist künftiger Chef der Berliner Philharmoniker, die auch Patenorchester des BJO sind. Foto: Wilfried Hösl

Kirill Petrenko leitete das Bundesjugendorchesterbei seinem Konzert in Essen. Er ist künftiger Chef der Berliner Philharmoniker, die Patenorchester des BJO sind. Foto: Wilfried Hösl

Wo also mit Kritik ansetzen, wenn ein musikalischer Perfektionist ein jugendlich hochmotiviertes Orchester anspornt? Kirill Petrenko, einer der am höchsten gehandelten Dirigenten der Gegenwart und ab Sommer 2019 neuer Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, entfesselt ein Fest des Rhythmus: Leonard Bernsteins sinfonische Tänze aus der „West Side Story“ als Nachklang zum 100. Geburtsjahr des Amerikaners 2018. Ein Konzert für Pauken und Orchester von William Kraft, früher Solo-Pauker beim Los Angeles Philharmonic Orchestra. Und zum Abschluss die Apotheose des Rhythmus am Beginn der Moderne, Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps“.

Bei so viel Sorgfalt, bei so viel Enthusiasmus lässt sich nur sagen: Es war mitreißend. Sicher: Man bibberte mit manchem jungen Solisten, wenn es vom Fagott bis zum Tamtam heikle Einsätze und nervstrapazierende Soli gab. Man störte sich nicht, wenn im jugendlichen Schwung manche dynamische Feinheit ausfiel, weil die Musiker zwei Stufen auf einmal zum glanzvollen Fortissimo nahmen.

Man vermisste über dem punktgenauen Zusammenspiel kaum, dass manche agogische Freiheit, manch lasziver oder brutaler Tonfall der Genauigkeit geopfert wurde. Aber die leisen Stellen, auf die Petrenko offenbar ebenso viel Wert legte wie auf kantenscharf gefeilte Konturen, waren wunderbar ausbalanciert und öffneten bei Strawinsky Raum für plastisch gestaffelte Klangwirkungen. Petrenko ließ die Musiker keinen Moment alleine. Seine Zeichen waren präzis, unterstützend und frei von Dirigier-Getue.

Wieland Welzel, Pauker der Berliner Philharmoniker und selbst einmal Mitglied des BJO, zeigte in William Krafts Konzert, wie die moderne Pauke als Solo-Instrument brillieren kann: Zu Beginn eine schwebende, mit den Händen erzeugte Kadenz, später virtuoses Spiel mit diversen Schlägeln, zündende Steigerungen, magische Rhythmen und raumlos-ätherische leise Klänge. Das alles mit einer Finesse, die man einem so statischen Instrument wie der Pauke nie zutrauen würde.

Ein gelungener Einstieg in das Jubiläumsjahr, dessen Höhepunkt am 25. April in Köln mit einem Fest für die Ehemaligen und einem Konzert tags darauf mit Ingo Metzmacher gefeiert wird.

Info: www.bundesjugendorchester.de