„Daran muss man sich erst einmal gewöhnen!“ – die Corona-Krise aus Sicht einer Zehnjährigen

Als Gastautorin schreibt die zehnjährige Stella Berke über ihre Erfahrung mit der „Corona-Krise“. Hier der authentische, unkorrigierte Text:

Das Virus und ein weinendes Emoticon… (Schnellskizze: Stella B.)

Ich bin Stella, 10 Jahre alt. Ich beschäftige mich heute mit dem Thema: „Was hat der Corona-Virus für uns Kinder für Folgen?“

Diese Frage kommt hauptsächlich auf das Kind und seine Persönlichkeit an. Nehmen wir an, wir haben ein Kind, das eigentlich jeden Tag draußen spielt, Freunde besucht und umherzieht. Für so eines ist diese Fase eher schwer hinzunehmen. Würde nun auch noch die Ausgangssperre festgelegt, wäre es eine ganz schwierige Situation. Denn all die Möglichkeiten, all der Spaß wäre vorbei. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen!

Für ein eher ruhiges, älteres Kind wäre es leichter einzusehen. So eines hat in den meisten Fällen ein Handy und kann so Kontakt zu Freunden haben. Ich dagegen vermisse meine Freunde sehr. Ja, ich kann sie anrufen, aber spielen gegen anrufen ist doch noch etwas anderes. Wir machen es so, dass wir uns jeden Tag einen kleinen Brief schicken. Und dazu gibt es noch eine Seite mit Rätseln und Aufgaben.

Wie ist es für uns Kinder mit der Schule? Meine Freunde und ich machen uns viele Gedanken über die Schule: Was passiert, wenn wir die nächste Arbeit schreiben? Wann müssen wir wieder in die Schule? Werden wir alle versetzt? All das sind noch ungeklärte, offene Fragen. Denn im Moment weiß keiner, wie es weiter geht, und wann es weiter geht.

Der Text im Faksimile, Nachname auf Wunsch der Autorin retuschiert.




In diesen Tagen der Langsamkeit

Eine ruhige Stelle. (Foto: BB)

Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht. Mir fällt es (u. a. als einstigem Einzelkind) ziemlich leicht, mich auch über Stunden oder gar Tage selbst zu beschäftigen; zuvörderst mit Büchern. In Zeiten des äußerst ratsamen Abstandes ist das wohl ein unschätzbarer Vorteil.

Ich beneide schon sonst nicht, aber derzeit überhaupt nicht die Hyperaktiven aller Art, die ständig möglichst viele Leute um sich scharen müssen und immerzu im „Party“- oder Selbstverwirklichungs-Modus unterwegs sind. Auch die allgegenwärtigen „Aktivisten“ jeder Couleur zählen hinzu. Es mag Schwarmintelligenz geben, aber es gibt eben leider auch Schwarmdummheit.

Es ist keine gute Zeit für die Vergnügungssüchtigen und Hedonisten, die schnell vom Horror vacui befallen werden: Wie, du hast heute noch nichts vor? O je, da müssen wir sofort etwas losmachen, wenn noch nichts los ist. Wie dumpf derlei selbstzweckhafte Zeitfüllerei oft anmutet! Jetzt liegt man damit völlig neben der Spur.

Dann schon weitaus lieber diese heilsame, schon oft beschworene, aber selten praktizierte Entschleunigung, die jetzt gefragt ist und die häufig einhergeht mit einer beobachtenden, meditativen oder kontemplativen Lebensweise. Irgendwo in einem literarischen Werk steht der schlichte Satz geschrieben: „Ich schaue zu, wie die anderen leben.“ Das bedeutet ganz und gar nicht, dass man kein eigenes Leben habe. Es ist nur eine andere Daseinsform; eine, die es auch geben muss und der eben manche nachgehen – mehr oder weniger bewusst.

Es können nicht alle voranstürmen. Es müssen sich auch Menschen seitwärts oder in der Nachhut bewegen oder zeitweise dort verharren. Überdies die Wachenden, von denen Kafka literarisch in der Einzahl gesprochen hat: „Einer muss wachen, heißt es. Einer muss da sein.“

Doch nur nicht kläglich vereinsamen! Ich kann da, wie wir alle, nur für mich sprechen. Nicht am äußersten Rande des Geschehens halte ich mich am liebsten auf, sondern gleichsam an der Peripherie des Zentrums. Dort, wo man noch etwas erlebt, erfährt und mitbekommt. Und gewiss nicht ohne andere Menschen. In vollends unbevölkerter Umgebung hielte ich es wohl auch nicht allzu lange aus. Aber es müssen nicht die Vielen sein, die einen umschwirren. Schon gar nicht mag ich den Vielen besinnungslos nacheilen.

Und ja: Wir dürfen uns schon im Voraus auf die Tage freuen, an denen all diese gegenwärtigen Einschränkungen sich mildern werden und der Alltag sich langsam normalisieren wird. Dann werden wir dies oder jenes nachholen.