Ansgar Nierhoff: Stahl als Mittel der Wahl

Idyllischer Ort für Kunst: Die „Alte Mühle” zu Schmallenberg zeigt Arbeiten eines der wichtigsten deutschen Bildhauer. Für den gebürtigen Mescheder Ansgar Nierhoff (66) ist es auch eine Rückkehr in heimatliche Gefilde.

Nierhoff ist beileibe nicht „irgendwer”. Er hat auch schon an der Kasseler documenta teilgenommen. Dort war’s vermutlich komfortabler. In Schmallenberg gestaltete sich bereits die Anlieferung seiner Skulpturen schwierig, es war Millimeterarbeit. Um dem Lkw samt Kran den engen Weg zu bahnen, musste sogar ein Zaun demontiert werden.

Nierhoff, der seit 1965 in Köln lebt, hat immer noch ein Domizil im Hochsauerland, wo er häufig ausgedehnte Waldgänge unternimmt. Ursprung der Schmallenberger Schau war der wanderbare Waldskulpturenweg, der von hier bis nach Bad Berleburg führt, dem (mit anderen Werken bestückten) zweiten Ort der Ausstellung. Den künstlerischen Brückenschlag leitete anno 2000 just Nierhoff ein – mit der Stahltor-Skulptur „Kein leichtes Spiel”.

Nach und nach will man in Schmallenberg alle Künstler des Waldskulpturenwegs vorstellen. Jetzt also Nierhoff. Auch hier ist Stahl das Mittel seiner Wahl. Schon kleinere Arbeiten wiegen so viel, dass die Statik der „Alten Mühle” einiges aushalten muss.

Nierhoff geht von Grundformen aus: Kreis, Kugel, Würfel, Rechteck, Zylinder. Durch präzis berechnete Schnitte gestaltet er sie immer wieder neu. Wenn etwa ein Würfel zerteilt und dann wieder zusammengefügt wird, ergeben sich Bruch- und Verbindungslinien, die dem Ganzen andere Energien einflößen. Ruhige, konzentrierte Kraft teilt sich da mit. Zuweilen legt sich Rost als Patina auf die Skulpturen. Ein doppelwertiges Zeichen des Verfalls, aber auch der Dauer.

Einige Stahlringe scheinen achtlos hingeworfen zu sein, doch der Eindruck trügt: Nierhoff verbringt viel Zeit damit, solche Arbeiten exakt auszurichten, Werk und Ort aufeinander abzustimmen. Wer will, kann in den ebenfalls ausgestellten Zeichnungen Vorstudien zu den Plastiken erblicken. Man kann sie aber auch als eigenständige Schöpfungen werten.

Zu welcher Leichtigkeit sich Stahl aufschwingen kann, erweist sich an Nierhoffs „Faltungen”. Als sei’s Papier, hat der Künstler die Metallflächen hie und da ein wenig geknickt. Alle Härte ist verschwunden.

Schmallenberg, „Alte Mühle” (Unter der Stadtmauer 4). Bis 17. August, Mi-So 15-18 Uhr, Eintritt frei. Tel.: 02972/48 106 – Weitere Werke draußen (Kapelle auf dem Werth, Friedenskapelle Fredeburg usw.).

Bad Berleburg, Museum der Stadt (Goetheplatz 3). 17. Juli bis 17. August. Di und Fr-So 15-18 Uhr, Eintritt frei.




„Eisenzeit“ im Museum: Die schwere Leichtigkeit – Skulpturen von Ansgar Nierhoff am Dortmunder Ostwall

Von Bernd Berke

Dortmund. Ohne Kräne, Gabelstapler und viel, viel Muskelkraft wäre bei dieser Ausstellung gar nichts gegangen. Künstler Ansgar Nierhoff: „Wir mußten unglaublich schuften.“ Im Dortmunder Ostwall-Museum hat die „Eisenzeit“ (Ausstellungstitel) begonnen. Der Schwere des Materials entsprach der Aufwand beim Aufbau.

Der gebürtige Mescheder, jetzt in Köln lebende Ansgar Nierhoff (47), ist längst weithin renommiert, erinnert sich aber noch heute dankbar daran, daß es der Ex-Chef des Ostwall-Museums, Eugen Thiemann, war, der anno 1968 – als erster Museunisleiter überhaupt – eine Nierhoff-Arbeit ankaufte.

Nierhoffs geschmiedete und gebrannte Eisen- und Stahl-Arbeiten tragen stets deutliche Spuren der an ihnen verrichteten Arbeit. Doch es ist, obgleich oft in Stahlwerken entstanden, alles andere als das, was man sich vielleicht unter „Kunst der Arbeitswelt“ vorstellt.

Die „Eisenzeit“-Stücke reagieren sehr bewußt und genau auf den jeweiligen Raum, auf die jeweilige Umgebung. In Saarbrücken. wo sie zuerst zu sehen waren (dort wurde die Ausstellung vom neuen Essener Folkwang-Chef Georg-W. Költzsch betreut), wirkten sie, da in einem einzigen Riesensaal präsentiert, ganz anders, nämlich direkter aufeinander bezogen. In Dortmund hingegen muß der Betrachter, sich durch eine Raumfolge vorarbeitend, solche Bezüge selbst schaffen. Immerhin erleichtert der Aufbau der Ausstellung, die auch das rückwärtige Freigelände des Museums einschließt, die Wege, indem sie Strecken, Schneisen und Achsen vorgibt und auf diese Weise „Sogwirkungen“ ausübt, denen man nachgehen kann.

Frappierend die Mehrwertigkeit vieler Arbeiter: Je nachdem, von welcher Seite man sich nähert, wirkt etwa eine stählerne „Tor“-Situation als bedrückende Verengung oder als Öffnung und Weiterung. Einige Objekte stehen als „in sich gekehrte“, blockhafte Fügungen im Raum, andere zeigen, welche Leichtigkeit Nierhoff seinem „kolossalen“ Material abgewinnen kann. Die Arbeit „Zu einem Block“ (1987), Teile, die zu einem Ganzen zusammenzustreben scheinen, ist – der schweren Stofflichkeit zum Trotz – Vergegenwärtigung einer Bewegung, nicht die eines Lastens.

„Eisenzeit“ ist also auch das Leichte, das bekanntlich so schwer zu machen ist. Aus Museumsräumen werden Spielräume der Phantasie. Wunsch des Ostwall-Leiters Ingo Bartsch: Er möchte, falls das finanziell machbar ist, mindestens ein Exponat für Dortmund ankaufen.

(Eröffnung Sonntag, 11.30 Uhr; bis 21. August – Katalog 36 DM).