Siegfried Wagners Märchen-Oper „An allem ist Hütchen schuld“ kommt ins Audimax Bochum

Der zehnjährige Siegfried mit seinem Vater Richard Wagner. Die Aufnahme entstand 1880 in Neapel.

Der zehnjährige Siegfried mit seinem Vater Richard Wagner. Die Aufnahme entstand 1880 in Neapel.

Wer kennt sie nicht, die Charaktere aus den Märchen der Gebrüder Grimm? Den Frieder und das Katherlieschen, das singende springende Löweneckerchen, das Tischlein-deck-dich. Und dazu Königssohn und Müller, Tod und Teufel, Hexe und Menschenfresser.

Sie alle – und noch viele mehr – spielen mit in Siegfried Wagners Märchenoper „An allem ist Hütchen schuld“. Das burleske Werk, das komische und tragische Züge mit einer Fülle symbolischer und psychologischer Bezüge zu den Grimm’schen Märchen verbindet, ist am Sonntag, 18. Oktober, 18 Uhr, im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität in Bochum in einer szenischen Aufführung zu sehen.

Siegfried Wagner (1869-1930), der Sohn Richard Wagners, gehört zu den vergessenen Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Schüler Engelbert Humperdincks hatte es schwer, sich gegen den übermächtigen Schatten des Bayreuther „Meisters“ durchzusetzen. Dennoch waren unter seinen siebzehn Opern eine Reihe von Erfolgen, allen voran der 1899 in München uraufgeführte Erstling, „Der Bärenhäuter“. Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigten weder die Familie Wagner noch die Opernhäuser Interesse am Werk Siegfrieds.

Erst Mitte der siebziger Jahre begann eine zaghafte Wiederentdeckung, die vor allem von der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft und dem Musikwissenschaftler und Regisseur Peter P. Pachl – Autor einer Biografie des Wagner-Sohnes – getragen wird. Ergebnisse waren unter anderem die sehr erfolgreiche szenische Aufführung von „An allem ist Hütchen schuld“ 1997 am Theater Hagen und konzertante Präsentationen von „Die Heilige Linde“ in Köln 2002 und „Der Heidenkönig“ in Solingen 2004.

Die geringe Beachtung soll sich jetzt ändern: Die Bochumer Aufführung ist Teil eines Projekts, das in internationaler Zusammenarbeit die Opern Siegfried Wagner szenisch realisieren soll. In Sommer 2017 soll in Bayreuth das erste, das Festspielprogramm der Richard Wagner-Festspiele ergänzende Festival mit Opern von Siegfried Wagner stattfinden. Hierfür sollen bis dahin sechs Opern Siegfried Wagners – in internationaler Kooperation – erarbeitet werden.

Auf „An allem ist Hütchen schuld“ folgt als nächste Inszenierung in Shanghai/China „Schwarzschwanenreich“. Diese Produktion soll dann auch in Deutschland an verschiedenen Häusern gastieren. Schirmherrin des Projekts ist Theophana Prinzessin von Sachsen.

Der Regisseur der Bochumer Neuproduktion: Peter P. Pachl. Foto: Werner Häußner

Der Regisseur der Bochumer Neuproduktion: Peter P. Pachl. Foto: Werner Häußner

Das im Titel des 1917 in Stuttgart uraufgeführten Werks genannte „Hütchen“ ist ein Kobold, der als Drahtzieher im Hintergrund fungiert. Die „Helden“ des Stücks sind das Liebespaar Frieder und Katherlieschen, die eine Reihe von Prüfungen und Versuchungen zu überstehen haben, bevor sie sich am Ende des Märchenspiels glücklich in die Arme schließen dürfen.

Siegfried Wagner, der sein eigener Librettist war, verarbeitet Motive aus mehr als drei Dutzend Grimm-Märchen in die Geschichte, in der die Menschenfreundlichkeit und moralische Integrität der jungen Liebenden siegt. Das opulente Stück hat alleine sechzehn Solopartien, die zum Teil von Absolventen der Kölner Hochschule für Musik gesungen werden. In den Hauptrollen zu erleben sind der Tenor Hans Georg Priese (Frieder), der in Berlin, Köln, Meiningen und Saarbrücken unter anderem Max, Florestan und Tannhäuser gesungen hat, sowie Rebecca Broberg (Katherlieschen), die bereits zahlreiche Siegfried-Wagner-Partien erarbeitet hat.

Die Bochumer Symphoniker unter Leitung von Lionel Friend produzieren die Oper in Kooperation mit dem pianopianissimo-musiktheater München in einer Inszenierung von Peter P. Pachl im Bühnenbild von Robert Pflanz. Mit dabei ist auch der Sonderchor der Ruhr-Universität.

Das Gemeinschaftsprojekt geht auf die Initiative des Bochumer Universitätsmusikdirektors Hans Jaskulsky zurück, es wird unterstützt von der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft e. V., Bayreuth. Deutschlandradio Kultur beabsichtigt die spätere Ausstrahlung der Aufzeichnung in Bochum.

Karten für die Aufführung am 18. Oktober, 18 Uhr, im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum an der Kasse des Schauspielhauses Bochum, Tel.: (0234) 3333 5555, Mail: tickets@schauspielhausbochum.de 

Information, Inhaltsangabe und Hintergründe: http://www.siegfried-wagner.org/html/termine2015.html#

 




Sammler Buchheim wettert weiter gegen die Stadt Duisburg – Buch über „Expressionisten-Sandal“ vorgestellt

Von Bernd Berke

Duisburg. „Beamtenbanausen“ und „kommunale Schweinehunde“ hocken „in ihrer Wagenburg“ und verhindern die Kultur; mit ihnen über Kunst zu sprechen, gleicht einem Dialog „mit Brunnenfröschen über den Ozean“.

Wer redet denn so? Ganz richtig, es ist Lothar-Günther Buchheim, der Kunstsammler, der Duisburgs Lehmbruck-Museum seine unschätzbar wertvolle Expressionisten-Sammlung entzogen hat und jetzt vor Ort ein Buch über seine Erfahrungen mit der Stadt vorstellte („Das Museum in den Wolken“. Albrecht Knaus-Verlag).

Die Schimpfkanonade vermittelte einen Eindruck vom Rohmanuskript, das Buchheim „dreimal überarbeitet und gemildert“ hat. Mit etlichen Verbalinjurien, bei denen er auch das Wort „Schmutz-Presse“ nicht vergaß, kam Buchheim den Erwartungen von Teilen des Publikums im Audimax der Duisburger Universität entgegen. Eingeladen hatte der AStA (Allgemeiner Studenten-Ausschuß), denn Buchheim ist Ehrendoktor der Uni und Lehrbeauftragter für Kunst. Viele waren gekommen, um Buchheim als „Poltergeist“ wider das „Duisburger Bilderbuch-Beispiel“ von Kunstfeindlichkeit zu erleben.

Wer freilich erwartet hatte, daß Vertreter der Stadt Buchheims „barocker“ Strafpredigt direkt Paroli bieten würden, sah sich enttäuscht. Durch die Abwesenheit seiner Kontrahenten geriet Buchheims Abrechnung leider zum ungebremsten Monolog, Diskussionswillige wurden unter Hinweis auf ihre „Kenntnismängel“ abgefertigt. Es war aber eine „kontrollierte Raserei“, der sich Buchheim überließ: Er nahm sich, juristisch wohl gut beraten, doch sehr in acht und verknüpfte an keiner Stelle eine Beleidigung mit konkreten Namen.

Auch sonst gab’s kaum präzise Aussagen. Wer unbedingt will, darf weiter rätseln, ob das sprichwörtliche Tischtuch zwischen dem Sammler und der Stadt vollends zerschnitten ist. Zwar drohte Buchheim, nur noch per Anwalt mit der Stadt Duisburg zu verkehren (in welcher Angelegenheit?), doch dann teilte er mit, er habe noch jetzt von seinem Duisburger Hotel aus (vergebens) versucht, Kontakt mit Stadtvertretern aufzunehmen.

Buchheim: .„Ein Wort vom Oberbürgermeister hätte genügt, und ich wäre mit meiner Sammlung zurückgekehrt“. Wie dies Zauberwort hätte lauten müssen, verriet er nicht. Von Anfang an, so Buchheim, sei man in Duisburg nur „geil“ auf Kunstbesitz gewesen, ohne auf die Vision vom Zusammenhang der Kollektion einzugehen. Buchheim: „Die wollten mich nur von meinem Eigenturn trennen“. Der Anbau, entworfen von seinem Intimfeind Manfred Lehmbruck, sei völlig ungeeignet für diese Sammlung und zeige, daß man es nur auf die Museumserweiterung und nicht auf eine angemessene Präsentation der Expressionisten angelegt habe.

Am Rande der Veranstaltung wurde bekannt, daß Anhänger des freien Duisburger Kulturzentrums „Eschhaus“, dem die Stadt den Mietvertrag gekündigt hat, durch eine kurze (Dach)-Besetzung des Lehmbruck-Museums ein weiteres Kapitel im lokalen Kulturkampf aufschlugen.