Zehn Jahre Revierpassagen – und wie weiter?

Unser Logo bleibt erhalten – Meeresfoto aus Boltenhagen/Ostsee (© Bernd Berke), Schriftgestaltung © Thomas Scherl.

Soso. Zehn Jahre sind also heute schon herum. Zehn Jahre Revierpassagen. Am 11. April 2011 sind die ersten Zeilen erschienen. Seither sind (auch aus dem Archiv) dermaßen viele Texte und Bilder hinzugekommen, dass der Speicherplatz beim Host mehrfach erweitert werden musste.

Ich wüsste nicht, welches Fazit ich ziehen sollte, das alle Fährnisse dieses Zeitraums beträfe und bündig zusammenfassen könnte. Im Laufe der Jahre, das muss man sich einfach eingestehen, haben die frischen Impulse aus der Anfangszeit etwas nachgelassen. Und die Reichweite? Ist hin und wieder ganz in Ordnung, aber gewiss nicht überragend. Allerdings gab es immer mal wieder Zuspruch und positive Rückmeldungen. Danke dafür.

Die Sache mit dem „Ehrenamt“

Auf Dauer hat es sich als misslich erwiesen, dass bloße Kulturberichterstattung ein „Verlustgeschäft“ ist, wenn keinerlei Subventionen oder Spenden fließen (und wenn man mal die „ideellen Werte“ außen vor lässt). Versucht einmal, Autorinnen und Autoren über eine Dekade bei Laune zu halten, wenn sie keine Honorare bekommen können. „Ehrenamt“? Gut und schön. Jedoch nicht für alle Tage…  Aber Spenden einwerben? Ist meine Sache nicht. Erst recht nicht in diesen Zeiten.

Sehr schwer hat es auch die Revierpassagen getroffen, dass Ende 2019 Martin Schrahn verstorben ist, einer der kenntnisreichsten und wortmächtigsten Mitarbeiter überhaupt. Seine Beiträge fehlen schmerzlich. Bis heute und für die kommende Zeit.

Vorfälle wie im richtigen Leben

Demgegenüber erscheint es geradezu läppisch, dass sich aus unerfindlichen Gründen zwischen zwei weiteren Autoren eine Differenz aufgetan hat. Der eine wollte nicht mehr weiter für die Revierpassagen schreiben, wenn der andere bliebe. Keine Namen! Doch welch eine kindische Attitüde, deren Ursache und Anlass nicht offen und ehrlich geklärt werden konnten. Ein weiterer Beiträger, hauptsächlich Buchautor, war durch den Tenor einer Rezension (die er sich von uns erbeten hat) so vergrätzt, dass er fortan keine Zeile mehr beigesteuert hat. Traurig wiederum: Ein ehedem reger Autor ist ernstlich erkrankt und seitdem auf Pflege angewiesen.

Andere Mitarbeiter(innen) sind in festen Jobs gelandet oder auf ihren vorherigen Posten mehr gefordert worden. Sie haben keine Extrazeit mehr fürs regelmäßige Bloggen. Ihnen alles Gute für ihre beruflichen Aufgaben.

Ihr seht: Bei den Revierpassagen sind halt im Laufe der Zeit einige Dinge vorgekommen, wie es sie auch im sonstigen Leben gibt.

…und dann kam noch Corona

Und dann kam schließlich noch Corona hinzu. Es mangelt(e) an Kulturveranstaltungen, über die sich noch berichten ließe. Gewiss: Man hätte zu einem reinen Buch- und Literatur-Blog übergehen können. Aber dann hätte man das Ganze wohl umbenennen müssen, vielleicht in „Leserevier“, „Textpassagen“ oder dergleichen. Außerdem wollen die vielen Bücher auch erst einmal gelesen und besprochen sein.

Und nun? Wird lockdownhalber nicht schäumend gefeiert, sondern nüchtern zurückgeblickt. Jedenfalls gebührt allen Autor(inn)en herzlicher Dank, die weiterhin am Projekt mitwirken.

Nach dem Lustprinzip

Für mich habe ich beschlossen, künftig etwas kürzer zu treten und den Ereignissen noch weniger hinterdrein zu laufen. Keine Termin- oder Nachrichten-Jagd also. Mit Tageszeitungen und deren personellen und technischen Ressourcen können wir eh nicht konkurrieren. Das haben wir zwar nie ernsthaft versucht, sondern bestenfalls das eine oder andere Zeichen gesetzt – zuweilen kräftiger, als dies wiederum auf den Kulturseiten der Ruhrgebiets-Tagespresse mit ihren arg begrenzten Umfängen möglich ist.

Fortan wird es hier jedenfalls noch deutlicher nach dem Lustprinzip zugehen.

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In eigener Sache, Ergänzung

P. S. Aus einigen Beiträgen zu den Revierpassagen und etlichen weiteren Texten ist inzwischen ein kleines Buch hervorgegangen (132 Seiten, 16 Euro). Es ist vor wenigen Tagen als BoD (Book on Demand) in Jürgen Brôcans „edition offenes feld“ erschienen und u. a. auf diesem Wege erhältlich.




Was ich eigentlich gerne schreiben wollte, dann aber doch nicht geschrieben habe…

Das Nicht-Getane, hier wird’s Ereignis. Wenn ich mir so überlege, worüber ich in den letzten Tagen habe schreiben wollen! Ui-ui-ui. Doch wo anfangs ein Wille gewesen sein mag, ist er dann doch nicht auf den Weg geraten.

Beispielsweise hätte ich ausführlichst von jenem misslichen kleinen Vorfall berichten können: Vergoss ich doch tatsächlich eine Tasse (schwarzen) Kaffee in meine vormalige Mac-Tastatur. Sie hat’s nicht überlebt. „R.I.P.“, wie es bei betroffenen Facebookianern öfter mal heißt.

Hätte, hätte, Fahrradkette... (@ Lupo / www.pixelio.de)

Hätte, hätte, Fahrradkette… (© Lupo / www.pixelio.de)

Anschließend habe ich mich mit einem so genannten „Migrations-Assistenten“ geplagt, der einem hilft, Programme, Dateien und Einstellungen von einem Computer auf den anderen zu schaufeln. Man lasse sich das Wort auf der Zunge zergehen: „Migrations-Assistent“.

Nebenbei gesagt: Ich mag’s ja sehr, wenn Technik funktioniert. Was ich aber überhaupt nicht mag, ist das forciert witzigseinwollende Wort „funktionuckelt“.

Zwischendurch habe ich noch eine allerletzte Buchbesprechung mit der Jahressignatur 2016 ins System hacken und ins Blog heben wollen, aber auch dafür war ich zu faul. Der Autor des betreffenden Bandes wird’s mir vielleicht danken. Doch es ist nur ein Aufschub. Und vielleicht habe ich dann schlechtere Laune.

Vorher wäre auch noch eine Zwischenbilanz zur winterpausierenden Bundesliga denkbar gewesen. Schließlich fühlen wir uns hier auch der Fußball-Kultur verpflichtet. Doch ach! Plötzlich gab es Ereignisse, neben denen jedes Gekicke verblasste.

Überhaupt: Jahresbilanzen, rauf und runter. Schwerstens kritisch und politisch. Hätte man schreiben können. Macht ja sonst keiner. Aber man kann nicht überall sein.

Persönliche Bekenntnisse? Gewiss. Auch das wäre möglich gewesen. Aber so weit möchte man dann doch nicht ausholen.

Irgendwer fühlt sich eh immer beleidigt.

Und was sagt man in derlei Möchtegern-Fällen?

Jede Wette, jede Wette:
„Hätte, hätte, Fahrradkette.“

Oder auch, ungleich avancierter mit Karl Valentin: „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut!“

Auf einer Glatze Locken zu drehen, sei das Geschäft der Feuilletonisten, hieß es einst. Und siehe da, schon hat der gewiefte Zeilenschinder wieder ein paar Zeilen geschunden; allemal genug für einen kurzen, so richtig nichtigen Beitrag. Nichtig ist allerdings auch mal wichtig.

In diesem oder einem völlig anderen Sinne: Prosit Neujahr!




Ein Stöckchen geht von Blog zu Blog…

Ich weiß nicht, wem dieses Spielchen zuerst eingefallen ist und wo das „Stöckchen“ ursprünglich herkommt. Eigentlich mag ich solche Kettengeschichten nicht, aber bitte: Ich möcht‘ ja auch kein Spielverderber sein.

Außerdem kann ich ja schlecht „Nein“ sagen, wenn der Blogger Hans J. Schiebener (http://www.schiebener.net/wordpress/), der auf seinem Diaspora-Posten draußen im Sauerland unermüdliche Aufklärungsarbeit leistet, wenn also dieser schätzenswerte Mann schreibt: „Das Blog-Stöckchen geht weiter an den von mir sehr geschätzten Dortmunder Journalisten und Facebook-Bewohner Bernd Berke, der mit seinem Blog ‚Revierpassagen‘ (…) die Kultur im Ruhrgebiet und darüber hinaus professionell pflegt.“ Eiwei, da werde ich ja rot. Außerdem gäb’s dieses Blog nicht ohne die großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich reiche das dicke Lob gerne an sie weiter.

Dargebracht von weiblicher Hand: Der Blog-Stock wandert fort und fort... (Amateurfoto: Bernd Berke)

Dargebracht von weiblicher Hand: Der Blog-Stock wandert fort und fort… (Amateurfoto: Bernd Berke)

Äh, worum ging’s nochmal? Ach ja. Man sieht schon, hierbei wäscht eine Hand die andere. Jemand hat sich also ausgedacht, dass ein imaginärer Staffelstab („Blogstöckchen“) von Blog zu Blog wandern möge. Dabei sollen jeweils zehn vorgegebene Fragen beantwortet werden, um mal von Hölzchen auf Stöckchen zu kommen. Auf geht’s:

Welches soziale Netzwerk ist dir das Liebste – und warum?
Trotz aller Bedenken: Facebook. Weil ich nirgendwo anders Mitglied bin. Für ein weiteres Netzwerk schreibe ich TV-Kritiken. Das war’s dann aber auch schon. Ich bekenne zerknirscht, nicht einmal zu twittern.

Was ist das Dümmste, was du je über Facebook gehört hast?
Dass da alles nur virtuell und unverbindlich sei. Einspruch! Wenn man im Netzwerk die passenden Leute kennt, geht es gesprächsweise oft substanzieller (oder auch auf schöne Art alberner) zu als vielfach im wirklichen Leben. Und wenn man diese Menschen dann in der Realität trifft, bestätigt sich der Eindruck auch noch.

Wie wichtig findest du das Monitoring deiner Online-Aktivitäten für dich? (Besucherzahlen, Likes, Follower etc.)
Manchmal ganz hilfreich, wenn man sich vom reinen Zahlensalat auch nicht terrorisieren lassen sollte. Allerdings: Solche Instrumente der Selbstkontrolle hätte ich mir früher bei der Tageszeitung gewünscht. Da aber gab’s in aller Regel nur jene Großen Vorsitzenden, die aus ihrer eingebildeten Machtvollkommenheit heraus meinten, sie – und nur sie – wüssten genau, was „der“ Leser will.

Welche Blogs sollte man unbedingt lesen?
Bitte auf die Links in der Blogroll schauen. Da finden sich einige der besten, die mir bekannt sind.

Welche Online-Tools nutzt du am liebsten?
Soll ich jetzt sagen Word und WordPress? Ach nee, jegliche Feinheiten auf diesem Gebiet überlasse ich den auf Technik versessenen Experten.

Wie heißt das Buch, das du gerade liest oder zuletzt gelesen hast?
Auf dem Tisch türmt sich ein ganzer Stapel, der der Lektüre harrt. Zuletzt waren es Hans Ulrich Gumbrecht „Nach 1945 – Latenz als Ursprung der Gegenwart“, Louis Begley „Erinnerungen an eine Ehe“ (hier im Blog rezensiert) und Verschiedenes von Hermann Lenz („Verlassene Zimmer“, „Andere Tage“). Möge die NSA aus diesen Mitteilungen ihre Schlüsse ziehen – wie auch aus der folgenden:

Hast du eine Zeitung abonniert?
Süddeutsche und FAZ, einschließlich FAZ-Sonntagszeitung. Zur regionalen Ergänzung, nicht aus sonderlicher Begeisterung: die WAZ. Nur noch sporadisch schaue ich in die „Zeit“, weil ich das pralle Blatt schlichtweg nicht auch noch schaffe.

Vervollständige einen dieser Sätze: “Print ist…” oder “Fernsehen ist…”
(Auch) das kann nur auf arg pauschale Antworten hinauslaufen. Also lasse ich’s bleiben.

Wenn du noch einmal von vorne anfangen könntest, was würdest du werden?
Musiker. Aber bitte nur ein richtig guter. Sonst lieber nicht.

Über welches Video, Gif, Meme oder welchen Tweet hast du zuletzt gelacht?
Täglich über mehrere. Und seltsam: Bei Meme muss ich immer an Memme denken. Noch Fragen?

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Großer Trommelwirbel. Hiermit reiche ich das symbolische „Blogstöckchen“ weiter an Stefan Laurin, den Spiritus Rector der „Ruhrbarone“, welchselbe die Referenzgröße für (im weitesten Sinne) politische und soziale Blog-Berichterstattung aus dem Ruhrgebiet sind. Aber damit trage ich ja Eulen durchs Revier.

Bin mal gespannt, wie Stefan Laurin diese Fragen beantwortet:

Welches soziale Netzwerk ist dir das Liebste – und warum?
Was ist das Dümmste, was du je über Facebook gehört hast?
Wie wichtig findest du das Monitoring deiner Online-Aktivitäten für dich? Besucherzahlen, Likes, Follower etc.)
Welche Blogs sollte man unbedingt lesen?
Welche Online-Tools nutzt du am liebsten?
Wie heißt das Buch, das du gerade liest oder zuletzt gelesen hast?
Hast du eine Zeitung abonniert und warum (nicht)?
Vervollständige einen dieser Sätze: “Print ist…” oder “Fernsehen ist…”
Wenn du noch einmal von vorne anfangen könntest, was würdest du werden?
Über welches Video, Gif, Meme oder welchen Tweet hast du zuletzt gelacht?




Ceci n’est pas un texte.

Und diejenigen, die dachten, jetzt käm doch einer, muss ich enttäuschen. Ich schreib nämlich nur, um zu schreiben, dass ich nix schreibe – heute zumindest. Morgen hingegen mach ich einen Ausflug in eure Ecke, und von dem erzähl ich euch dann.

Da wir uns aber grad so nett unterhalten, fällt mir was Grundsätzliches zum Thema „wieso eigentlich NOCH ‘n Blog?” ein.

Immer & überall.

Schließlich geht die Zahl der Blogs seit Jahren zurück und noch immer übersteigt das Angebot die Nachfrage. Auch ich folge längst nicht allen, die mich interessieren, zumal ich dank dreier Zeitschriften-Abos auch noch monatlich Papier abzuarbeiten habe. Warum also ein Format reanimieren, wo doch auf Facebook alles schneller und unter viel mehr netten Leuten stattfindet?

Antwort: Weil alle Medien spezielle Eigenschaften haben und daher nicht besser und schlechter sondern anders sind.

Meine Lieblingseigenschaft der Blogs besteht in ihrem ausgewogenen Verhältnis von Verfall und Nachhaltigkeit. Einerseits wird der eben noch aktuelle Beitrag zügig genug vom nächsten ins Archiv gekickt, um eine gewisse Unbefangenheit zu ermuntern. Niemand braucht zu befürchten, ungebührlich lange für spontane Eingebungen zur Rechenschaft gezogen zu werden. Vielmehr kann man sich seelenruhig unter dem Einfluss irgendwelcher Affekte in leidenschaftliche Tiraden hineinsteigern, denn noch während der geistige Ausnahmezustand abklingt, wandert sein verbaler Fallout aus den Augen, aus dem Sinn.

Doch ungeachtet dieser beruhigend geringen Halbwertszeit bietet der Blog Platz zur einem angenehm temperierten Maß an Ausführlichkeit, irgendwo zwischen Tiefenschürf und 140 Zeichen. Insofern reicht die vom Informationsgehalt eines Blog-Eintrags geweckte Neugier, um das Opfer zu eigenen Recherchen zu motivieren, oder zumindest, um als „Schonmairgendwogehört“ wiedererkannt zu werden. Und daher behaupten sich Blogs im Mittelfeld zwischen Print und Facebook: Anders als Gedrucktes erlauben sie zeitnahe Reaktionen, aber auch wieder nicht so zeitnah, dass sie – wie auf Fb – binnen Stunden jenseits des Scroll-Horizonts verschwunden sind.

So, die Botschaft dürfte klar sein: Blogs sind a) untot und b) ist das gut so.

Warum aber noch einen, wo ich doch grad selbst zugegeben habe, dass es mehr lesenswerte als lesbare gibt?

Face a Blog each day.

Das lässt sich mit Hilfe einer anderen Antiquität, dem Fernsehen, erläutern:

In der Prä-Privat-Periode – unplugged und ganz mit ohne Schüssel – speiste sich Fernsehen aus drei bis vier Kanälen, aufgelockert von Testbild und Sendeschluss. Damals gab es QuerulantInnen, die keine der verfügbaren Sendeanstalten so richtig in Freudentaumel versetzte und die daher ständig über das Medium an sich jammerten. Fernsehen schien irgendwie grundsätzlich böse. So wie Cola und Autos und generell der überwiegende Teil der ZeitgenossInnen. Daher hab ich kurz vor Ausbruch des Privatfernsehens aufgehört, dem bösen Treiben zuzuschauen.

Einen Fernseher besitze ich nach wie vor nicht, habe mich aber inzwischen über das Angebot informiert und festgestellt: Ob drei oder dreihundert Programme – das alleinseligmachende ist noch immer nicht dabei.

Kann auch nicht, muss auch nicht.

Selbstverständlich gibt es ungeheuer viele ungeheuer gute Sendungen, nur leider verteilen die sich über ungeheuer viele Sender.

Und damit zurück zum Thema, denn gleiches gilt für das Online-Angebot. Und angesichts der ungeheuer individuellen Vorlieben der ungeheuer vielen AbnehmerInnen halte ich neue Seiten für ungeheuer begrüßenswert.

Und deswegen noch ein Blog. Noch immer nicht alleinseligmachend – aber wir arbeiten dran.