Giacomo Puccinis „Turandot“ in Duisburg: Chinesisches Team löst die Rätsel nicht

Der Schlag auf den Gong entscheidet sein Schicksal: Wird Calaf (Zoran Todorovich) die unnahbare Turandot für sich gewinnen? Foto: Hans Joerg Michel

Der Schlag auf den Gong entscheidet sein Schicksal: Wird Calaf (Zoran Todorovich) die unnahbare Turandot für sich gewinnen? (Foto: Hans Jörg Michel)

Der Ausgangspunkt hat seinen Reiz: Wie sieht ein chinesischer Theatermann, mit der Tradition seines Heimatlands vertraut, ein europäisch exotisches Märchen über ein China, das es nur in der Vorstellung der vielen Bearbeiter des Stoffes gegeben hat? Huan-Hsiung Li hat bei seinem Europa-Debüt als Regisseur mit Giacomo Puccinis „Turandot“ die Perspektive des Märchenhaften vor die Aspekte des Symbolismus oder der Psychologie gesetzt, die man in der Fabel von der mit Eis umgürteten chinesischen Prinzessin entdecken kann.

Der Theatermann aus Taiwan bezeichnet „Turandot“ als ein „politisches, historisches, wirtschaftliches und kulturelles Märchen“ und als einen „Traum, der ein modernes Volk im Schlaf heimsucht“. Mehr noch: Er stilisiert Turandot geradezu zu einer Symbolfigur für das aufsteigende, moderne China – und Calaf wächst so in die Rolle eines Repräsentanten der Welt „außerhalb“. „Wenn Chinas Aufstieg an die Macht die Welt zum Verlierer macht, dann wird die Liebe der Prinzessin ein verzweifeltes Ende finden“, schreibt Li im Programmbuch.

Ein komplexes Vorhaben also für die Neuproduktion des Puccini-Klassikers an der Deutschen Oper am Rhein in Duisburg. Sie entsteht in Kooperation mit dem National Kaohsiung Center for the Arts (Weiwuying), das in der Hafenmetropole Kaohsiung im Süden Taiwans als hochmodernes Kulturzentrum für mehr als 6.000 Opern-, Theater- und Konzertbesucher entsteht und 2017 mit dieser „Turandot“-Produktion eröffnet wird. Und ein Programm, das auf der Bühne letztendlich in einem hübsch anzusehenden Bildertheater mit wenigen, die Deutung nicht befördernden Regiezutaten mündet.

Die Zutaten sind etwa die schlanke, weißgekleidete Tänzerin Yi-An Chen, auf die sich zu Beginn in einer regnerischen „city of uncertainity“ – so ein Projektionstext – ein Spot richtet. Die symbolische Gestalt taucht immer wieder auf, ergeht sich in heftigen Verrenkungen, als im dritten Akt die Herren Ping, Pang und Pong Kalaf auf wohlfeilen Sex als Ersatz für seine Fixierung auf Turandot hinzulenken trachten.

Doch die so bedeutungsheischend eingeführte Figur erklärt nichts. Ebenso wenig eine dunkel wogende Volksmenge mit Regenschirmen in der Eröffnungsszene. Die Anspielung auf Protestdemos in Hongkong 2014, bei denen Schirme benutzt wurden, wird nicht weitergeführt: Der Chor taucht bald – der „Traumlogik“ der Inszenierung folgend – in folkloristischen Gewändern auf.

Die Kostüme von Hsuan-Wu Lai sind nicht nur prächtig, sondern stellen Bezüge zu Charakter und Situation der Personen her. Foto: Hans Joerg Michel

Die Kostüme von Hsuan-Wu Lai sind nicht nur prächtig, sondern stellen Bezüge zu Charakter und Situation der Personen her. (Foto: Hans Jörg Michel)

Wenigstens arbeitet Hsuan-Wu Lai mit seinen Kostümen Entwicklung und Beziehungen der Personen durch: Das Blau des Lichts (Volker Weinhart) zu Beginn wird aufgegriffen im Blau des Kostüms von Liu. Und wenn Turandot, überwältigt von des Radikalität der Liebe und des Vertrauens Calafs, ihre prachtvolle rote Robe, ihren Panzer gegen die Außenwelt, abgelegt hat, trägt sie ebenfalls Blau; nicht so leuchtend wie Liu, sondern matter und mit einem Hauch in Schwärzliche. Ping, Pang und Pong changieren zwischen europäischer und chinesischer Kleidung. Und der Kaiser – Bruce Rankin singt ihn nicht als zittrigen Greis, sondern als kräftigen Mann – zitiert den Komponisten selbst in schwarzem Hut, Mantel und Anzug.

Wie entschieden diese Produktion in Bildern denkt, verdeutlicht die Bühne von Jo-Shan Liang: die Silhouette einer burgartigen chinesischen Stadt vor dem Rundhorizont, getaucht in Lichtstimmungen zwischen Kalkgrau, Tiefrot und Varianten von Blassblau bis Violett. Bespielt mit Videoprojektionen (Jun-Jieh Wang), die Grundfarbe mal mit explodierenden Klecksen beschmutzend, mal mit filigranen, laufenden Mustern bedeckend.

Hinauf zum Tor führt eine breite, straßenartige Fläche. Auf den Mauern der Stadt thront der Kaiser, schreitet Turandot herein, erstarrt ihr rotes Prachtgewand am Ende zu einer toten Hülle. Ein imponierendes Setting für die Aufmärsche des Volkes wie für die intimen Szenen zwischen Timur, Calaf und Turandot mit Liu, aber keines, das der Inszenierung Richtung geben würde.

Der Personenführung fehlt jedes Profil

Bilder-Theater also – und damit steht man an der Deutschen Oper am Rhein in der Tradition eines Überwältigungs- und Illustrationstheaters, das letztlich das Illusionstheater alter Prägung nicht abstreifen kann. Das ist, auch wenn es postmoderne Theater-Theorie anders will, nicht verwerflich. Die Frage ist, wohin ein Regisseur mit welchen Mitteln zielt. Und da verharrt Huan-Hsiung Li mit einer unprofilierten Personenführung auf dem Niveau hilfloser Staatstheater-Arrangements für rasch wechselnde Sängerbesetzungen.

Brigitta Kele (Liu), Sami Luttinen (Timur) und der Chor der Deutschen Oper am Rhein in der Neuproduktion von Puccinis "Turandot". Foto: Hans Jörg Michel

Brigitta Kele (Liu), Sami Luttinen (Timur) und der Chor der Deutschen Oper am Rhein in der Neuproduktion von Puccinis „Turandot“. (Foto: Hans Jörg Michel)

Die wunderlichen Primadonnen-Gesten von Linda Watson korrespondieren mit dem tenoralen Biedersinn von Zoran Todorovichs rührend komischem Niederknien vor seiner statuenhaften Diva. Timur bleibt als Nebenfigur ebenso im Ungefähren wie Liu über ihr Opferklischee nicht hinauskommt. Der Blick, der die Rätsel des Stücks beantworten oder wenigstens eine dezidierte Position erschließen würde, bleibt verschlossen. Turandot – ein hübsch erzähltes Märchen; der behauptete Bezug zur Gegenwart erschöpft sich in den Projektionen von Mega-City-Szenen zu Beginn der Akte.

Musikalisch wagt Axel Kober ein anfechtbares, aber unter seinen Voraussetzungen erhellend geglücktes Experiment: Wie wohl kaum ein anderer rückt er Puccini weg vom italienischen Melodramma, weg von der erhitzten Passion des Verismo, hin zur musikalischen Moderne. Die Duisburger Philharmoniker realisieren mit der nötigen Präzision einen scharf geschnittenen, gläsern glitzernden Klang, negieren kompromisslos jedes atmosphärische Ungefähr, aber auch – und da ist das Konzept anfechtbar – eine klanglich gestützte, weitbogige Phrasierung und die spannungsreiche Kantilene.

Konsequenz herrscht unter Kobers Szepter nicht in impressionistisch anmutenden Klangmixturen, nicht in fiebrigem Aufrauschen, nicht in überwältigenden Explosionen. Sondern in der Zügelung der Dynamik, in der geschärften Rhythmik und in expressiv demonstrierten Details, von einem rhythmischen Trommelmotiv in der Rätselszene bis hin zu freigelegten Dissonanzen und offenen Reibungen zwischen Instrumenten.

Puccini, der Melomane und Zauberer orgiastischer Klangexaltationen? Vergesst es! Hier regiert Puccini, der Komponist, der tief verwurzelt in der italienischen Tradition den Weg in seine Moderne freigekämpft hat. Nebenbei bemerkt: Kober hat mit diesem Zugang auch Franco Alfanos oft kritisierter Vervollständigung des Finales Gerechtigkeit angedeihen lassen.

Linda Watson debütiert als Turandot

Bei den Sängern konnte die Duisburger Premiere auf bekannte Namen setzen: Linda Watson, Brünnhilde in Bayreuth und Wien, Elektra in Amsterdam und Buenos Aires, hat sich nach langer Zeit wieder auf eine italienische Partie eingelassen und debütiert als Turandot. Ihr extremes Vibrato kann sie nur in Maßen zähmen; die unnahbare Prinzessin liegt ihrem Rundung und Farbe barem Sopran näher als die in ihrer ganzen Existenz erschütterte Frau im Finale. Für Zoran Todorovich ist der Weg zur Calaf eine logische Folge aus seiner Entwicklung ins Dramatische – von Norma und Madama Butterfly über Andrea Chenier bis Otello, Florestan und der mörderischen Partie des Paolo in Zandonais „Francesca da Rimini“. Ganz glücklich macht das nicht: Wenn er auf einem fremdkörperartigen fahrbaren Treppchen sein „Nessun dorma“ singt, funktionieren die Töne zwar, aber sie haben keine emotionale Farbe. Und die expansiven Phrasen sind nicht so durchgestützt, dass sie Passion, Brillanz und Durchschlagskraft hätten.

Brigitta Kele, bewährtes Ensemblemitglied, kann als Liu die schimmernde Schönheit ihres Soprans ausstellen, hat aber keine Chance, die mangelnde Charakterisierung durch die Regie vokal auszugleichen. Auch Sami Luttinen ist als Timur dazu verurteilt, schöne Töne ohne Relevanz zu produzieren. Das Trio der chinesischen Ministerialen ist mit Bogdan Baciu, Florian Simson und Cornel Frey ideal besetzt. Chor (Gerhard Michalski) und üppig besetzter, klangschöner Kinderchor (Sabina López Miguez) lassen keine Wünsche offen.

Die Neuinszenierung ist bis 26. Dezember in Duisburg zu sehen und wird in der Spielzeit 2016/17 in Düsseldorf wieder aufgenommen, bevor sie 2017 nach Taiwan geht. Info: http://operamrhein.de/de_DE/termin/turandot.13056002




Verzichtbar: Giuseppe Verdis „La Traviata“, aufgewärmt in Duisburg

Strahlend schön und elend einsam: Violetta (Brigitta Kele) in Andreas Homokis "Traviata" in Duisburg. Foto Hans Jörg Michel

Strahlend schön und elend einsam: Violetta (Brigitta Kele) in Andreas Homokis „Traviata“ in Duisburg. Foto Hans Jörg Michel

Ist das Hauptstadtoper? Ist das die Deutsche Oper am Rhein, einst ein viel gepriesenes und beachtetes Institut, das über Deutschland hinaus künstlerische Akzente gesetzt hat? Nach der Premiere einer nun zum dritten Mal aufgewärmten „La Traviata“ am Opernhaus Duisburg stellen sich solche Fragen noch drängender als sonst.

Ein Blick auf den Premierenplan der Deutschen Oper am Rhein: „Luisa Miller“ in Düsseldorf – eine Inszenierung aus der vergangenen Saison. „La Traviata“ als zweiter, denkbar unorigineller Beitrag zum Verdi-Jahr 2013 – eine Inszenierung aus dem letzten Jahrhundert von Andreas Homoki, seit 1996 in Leipzig im Repertoire, 2006 und wieder im Frühjahr 2013 in Bonn gezeigt. Die „Csárdásfürstin“ – ebenfalls aus der letzten Spielzeit. „Die Zauberflöte“ – ein Import aus Berlin. Und so heißt die erste kreative Neu-Tat „Lohengrin“ – im Januar 2014! Im Klartext: Die erste Hälfte der Spielzeit am Institut des bis 2019 verlängerten Intendanten Christoph Meyer bringt keine einzige tatsächliche Neuproduktion. Und die Auswahl der gezeigten Opern könnte biederer nicht sein.

Der wirkliche „Skandal“ ist nicht der missglückte „Tannhäuser“ im Mai, denn Risiken gehören zum Theater und Flops auch. Es ist die schleichende Entkernung eines einst wegweisenden Hauses, das sich offenbar davon verabschiedet, Opernkunst mit einem eigenen, klar konturierten Profil anbieten zu wollen und sich auf ein massen- und kassenkompatibles Repertoire zurückzieht. Wären da nicht die drei Wiederaufnahmen der hochkarätigen Britten-Inszenierungen von Immo Karaman im Oktober/November, der Spielplan könnte nicht austauschbarer sein.

Schnell verblüht: Kamelien umgeben Violetta (Brigitta Kele) auf Frank Philipp Schlößmanns Bühne zu "La Traviata". Drohend im Hintergrund: der alte Germont (Laimonas Pautienius). Foto: Hans Jörg Michel

Schnell verblüht: Kamelien umgeben Violetta (Brigitta Kele) auf Frank Philipp Schlößmanns Bühne zu „La Traviata“. Drohend im Hintergrund: der alte Germont (Laimonas Pautienius). Foto: Hans Jörg Michel

Über Andreas Homokis Inszenierung ist in den letzten beiden Jahrzehnten genug gesagt worden; sie zeigt sich in ihrer konzeptionellen Stringenz ungebrochen. Konzentriert auf eine Traviata, die eher eine „vom Weg gestoßene“ als eine „vom Weg abgekommene“ Frau ist, von der Masse bedroht und ausgespuckt in die Einsamkeit einer kalten, spiegelglatten, blauschimmernden Fläche.

Frank Philipp Schlößmanns Bühne, sinnig ausgeleuchtet von Volker Weinhart, lässt alles weg, was von den Menschen ablenken könnte, die ihre Beziehungen auf immer zerstören. Nicht nur diejenige zwischen Violetta, dem gesellschaftlichen Geschöpf des cholerischen Barons Douphol, und dem linkischen, aufgeregten Bürschchen aus der Provinz. Sondern auch zwischen dem mit seinen Ehrbegriffen gepanzerten Germont und seinem Sohn. Der Blick, den Alfredo über die tote Violetta hinweg seinem Vater zuwirft, lässt für die Zukunft dieser Familie nichts mehr hoffen.

Mit solchen Momenten hat Co-Regisseur Mark Daniel Hirsch die alte Homoki-Inszenierung merklich aufgefrischt. Er kann auf das präzise Spiel der Protagonisten setzen, das bis in die kleinen, dennoch wichtigen Rollen hinein trägt: Auf Cornel Frey, der dem Gastone etwas von einem schmierigen Varieté-Conferencier gibt. Auf die Flora Sarah Feredes, die leuchtend singt, sich aber dem hilfesuchenden Arm ihrer Freundin Violetta wie alle anderen entzieht. Oder auf Bruno Balmelli als Douphol, der Violetta schon Scheine ins Decolleté stopft, bevor Alfredo seinen schüchternen Auftritt hat. Dass der Baron im zweiten Akt wie ein Duisburger Vorstadtschläger gebändigt werden muss, verzeichnet den latenten Zynismus dieser Figur ins Grobe: Ein Mann wie Douphol würde sich wegen einer Kurtisane nie die Hände schmutzig machen.

Gesungen wird – und das steht symptomatisch für die Verdi-Interpretation heute – weder technisch noch stilistisch einwandfrei. Da mag der Beifall noch so herzlich rauschen: Auch Laimonas Pautienius, der Publikumsliebling des Abends, hat als bedrohlich als schwarzer Schatten auftauchender Vater Germont nicht den rund und ausgeglichen geformten Bariton, den diese Partie fordert. Zwar singt er sich im Lauf des Abends von seinen verfärbten Mundhöhlen-Tönen frei, aber die Stimme schwingt nicht ebenmäßig, klingt nicht natürlich: ein angespannt-flackriger Ton, keine schmiegsame Phrasierung. „Di Provenza …“, die belcantistische Nagelprobe für jeden Verdi-Bariton, klingt unstet, im Vibrato manchmal holprig, auch nicht elegisch abgetönt.

"Als Zeugen rufe ich euch - hier habe ich sie bezahlt!" Jussi Myllys (Alfredo) und Brigitta Kele (Violetta). Foto: Hans Jörg Michel

„Als Zeugen rufe ich euch – hier habe ich sie bezahlt!“ Jussi Myllys (Alfredo) und Brigitta Kele (Violetta). Foto: Hans Jörg Michel

Der Alfredo des Abends, der Finne Jussi Myllys, kämpft sich durch die Partie, dass man Erbarmen haben möchte. Schon im ersten Duett mit Violetta wird der dünne, jammernde Klang seines Tenors abgeschlagen. In „De‘ miei bollenti spriti“ zu Beginn des zweiten Akts zwingt er die Phrasen vergeblich auf den Atem, verliert an den heiklen hohen Stellen den Kontakt mit der Stütze und bildet fragil-heisere Töne. Für Verdi hat diese Stimme keine Fülle, keinen Kern, keine expansive Kraft und keine Reserve – von Farben oder stilistischen Finessen ganz zu schweigen. Wer ist für eine solche Besetzung verantwortlich?

Und Brigitta Kele ist vor allem eine Besetzung für’s Auge. Eine glanzvolle Erscheinung, wie sie im Vorspiel schlank, hochgewachsen und schön, in der edlen weißen Robe der Kostümbildnerin Gabriele Jaenecke alleine mit ihren Juwelen auf der Bühne wartet. Nervosität beim Debüt in einer so prominenten Rolle ist natürlich; so muss nicht jeder Ton auf der Goldwaage gewichtet werden. Aber wenn in der großen Szene „È strano ….“ die Stimme immer wieder nach hinten rutscht, wenn die Koloraturen mit aufgerissener, gerade noch erreichter Höhe unschön erzwungen werden, die Töne merklich gezwungen klingen, muss doch ein Fragezeichen gesetzt werden.

Der zweite und dritte Akt kommen Kele merklich entgegen; im Duett mit dem fordernd, fast aggressiv auftretenden Germont kann sie mit damenhafter Noblesse, aber auch todesbewusster Resignation überzeugen. Nur wenn sie im dritten Akt immer wieder gaumige Töne produziert, zeigt sich, dass an der Partie technisch noch einiges zu arbeiten wäre. Vom Chor der Deutschen Oper am Rhein hört man zuverlässige Solidität, von den Duisburger Philharmonikern viel Willen zur Gestaltung und zur Formung expressiver Details, aber auch unschön schrille Violinen und grob-lautstarke Momente.

Lukas Beikircher sucht nicht nur die ätherische Schönheit der Verdi’schen Kantilenen und die sanfte Pianissimo-Verzauberung, sondern will die Musik am dramatischen Geschehen orientieren und folgt damit Verdis Intentionen. Das Legato bekommt bei ihm Gewicht, die Phrasierung wird beredt. Das Tempo unterstreicht die untergründige Spannung, das Getriebensein der Menschen auf der Bühne. Auch wenn der Dirigent damit manchmal den großen Bogen opfert: sein Konzept hat gute Argumente für sich. Das alles ändert nichts daran, dass diese „Traviata“ als Beitrag zum Verdi-Gedenkjahr und als Ergänzung des Rheinopern-Repertoires verzichtbar ist.