Familienfreuden auf Reisen: Die Visitenkarte des Weihnachtsmannes

Ach ja, die Sonne scheint, ich sitze im T-Shirt vor dem Laptop, die Blumen blühen – da kann man schon mal in Weihnachtsstimmung geraten. Zumindest suggeriert mir das mal wieder unser Supermarkt um die Ecke, bei dem es schon Lebkuchen und Spekulatius gibt. Das zumindest passt hervorragend zu unserem Reiseabschluss – denn Fi ist dem Weihnachtsmann begegnet.

Der Weihnachtsmann - der Spannung halber hier anonymisiert.

Der Weihnachtsmann – der Spannung halber hier anonymisiert.

Wenn ich an den Weihnachtsmann denke, ist neben dem üblichen Bart und der roten Kleidung eigentlich immer auch irgendwo Schnee im Bild, auch Tannengrün und ein paar leuchtende Weihnachtsbaumkugeln gehören dazu.

Die Realität sah anders aus, ganz anders. Wir stießen die Tür unseres Campingwagens auf und da stand er: Santa Claus – und bändigte unser Grillfeuer! Mit einem Pusterohr, ganz entspannt. Auch sonst stimmte einiges nicht an dem Bild: Santa trug ein gemütliches Karohemd und Jeans. Und er war mit Freunden da, die allesamt nicht wie Kobolde aussahen. Das, was allerdings am meisten von meiner Vorstellung abwich, war die Tatsache, dass der Weihnachtsmann Harley Davidson fuhr.  Die stand da, blitzblank leuchtend, und war nicht einmal rot.

Trotzdem gab es keinen Zweifel, dass es sich bei dem Mann an unserem Grill um den echten Weihnachtsmann handelte. Fi muss das sofort gespürt haben, denn sie war mucksmäuschenstill und schaute den bärtigen Herrn nur mit großen Augen an und ließ sich sogar von ihm den Kopf streicheln. „Ich habe etwas für Eure Tochter“, sagte der Mann verschwörerisch, „und Ihr müsst mir versprechen, dass Ihr es so lange aufbewahrt, bis sie groß genug ist, um es selbst zu lesen.“ Wir nickten gespannt.

Er kramte in seiner Hemdtasche. Und zog etwas Kleines hervor.

Eine Visitenkarte! Vom Weihnachtsmann!

Damit war auch bei uns Erwachsenen jegliches Misstrauen weggepustet. Zumal auf der Karte auch eine Liste mit seinen Lieblingssachen stand, die ich Euch hier nicht vorenthalten will. Also:

Lieblingsgetränk: Milch
Lieblingsjahreszeit: Winter
Lieblingstier: Rentier
Lieblingshobby: Kunst und Handwerk
Lieblingsfarben: Rot und Braun

Informationen, die Gold wert sind!

Santa lächelte uns freundlich an. „Ich sage den Kindern immer: So lange Ihr an mich glaubt, komme ich auch zu Euch.“ Wir nickten und prägten uns jedes Wort für Fi ein. Trotzdem schaute er uns prüfend an und meinte seufzend: „Wisst Ihr, manchmal ist es so, dass man nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubt. Dann dauert es sehr lange, bis der Glaube zurückkehrt – meistens dann, wenn so ein Wunder geschieht, wie die Geburt eines Kindes.“

Wir schluckten und nickten erneut. Als er weg war, sahen wir noch lange in die glimmenden Kohlen.

Wir hatten den Weihnachtsmann wiedergefunden. Und Fi können wir eines Tages sogar seine Visitenkarte geben.




Familienfreuden auf Reisen: Wie wundersam!

Camping in Reih und Glied (Foto: Normen Ruhrus)

Camping in Reih und Glied (Foto: Normen Ruhrus)

Fünf Wochen verreisen! So viel Zeit, so viele wundervolle, herrlich schräge, freundlich skurrile Menschen – die sich besonders zwischen Zelten und Campern zu versammeln scheinen.  Und wenn man mit einem so süßen Baby wie Fiona auf dem Arm auf einem Campingplatz umherläuft, ist das fast eine Garantie, auch mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Da war zum Beispiel jene freundliche Frau in ihren Mittfünfzigern. Normen saß gerade spielend draußen mit Fiona auf der Picknickdecke, als sie ihn ansprach und schnell auch die Frage stellte, wo wir denn herkämen. Als Normen antwortete „Aus Deutschland“, überlegte sie kurz, um sich dann zu erkundigen, wo das denn genau sei. Die Auskunft „in Europa“ kommentierte sie mit einem „Oh, das hatte ich mir beinahe schon gedacht.“

Mülltonnen-Alarm!
Am Lake Tahoe war es, wo wir erstaunt beobachteten, dass plötzlich eine Armada von Ranger-Fahrzeugen mit Blaulicht und Martinshorn an uns vorbeiraste. Der Campingplatz war eigentlich extrem ruhig und dieser Ausbruch an Hektik machte uns neugierig: Ein kleiner Brand in einer Mülltonne war es, der den Alarm ausgelöst hatte. Als die gesamten Ranger von Lake Tahoe versammelt schienen, fehlte nur noch einer: Der „Host“, einer jener zumeist im Rentenalter befindlichen Herren und Damen, die bei freiem Logis Unbedarften Auskunft erteilen und Hilfestellung leisten. Dieser spezielle Host nun brauste (soweit möglich) in einer Art Golfcaddy an uns vorbei, mit bitterernster Miene, den Ort des Unglücks fest im Blick, die Amerika-Fahne eifrig flatternd. Und anscheinend war ihm sein Dasein auf dem Platz bislang allzu ruhig vorgekommen  – denn er hatte ein ganzes Bündel voller Holzscheite aufgeladen, vielleicht, um das Feuer noch ein wenig dramatischer zu gestalten.

Toilettenteppiche
Campen, zumal dauerhaftes, scheint zudem wie unter einem Brennglas persönliche Marotten zu offenbaren: Bei einer Zwischenübernachtung trafen wir auf einen Campingplatz, bei dem doch tatsächlich Teppiche vor den öffentlichen Toiletten lagen – mitsamt Bordüre an der Wand und kleinen Vorhängen vor den Fenstern. Dass der Besitzer außerdem gern abends seine Gäste mit einer Lok umherfuhr – wen wundert’s. Als ich dieses besondere Vergnügen für Fiona in Betracht zog und fragte, was es denn bei der Lokfahrt so zu sehen gebe, schaute er mich erstaunt an und meinte: „Na, den Campingplatz!“

An einem anderen Ort trafen wir auf eine Art Pleasantville des Campers, wo Bingo & Bibelstunde zum wöchentlichen Vergnügen gehörten. Und morgens, pünktlich um neun Uhr, wurde die CD für die Wassergymnastik eingeschaltet, die am Ende der Stunde auch brav plärrte: „Hope we’ll see us again!“

Klopf, klopf machte es derweil eines nachmittags: Ein freundlicher älterer Herr stand vor uns, Milch und Kakao in der Hand. Er wolle jetzt mit seiner Frau nach Alaska fahren, da habe er dafür keine Verwendung mehr – ob wir nicht…?

Ein wenig unheimlich wurde es uns allerdings, als wir in der Nähe des Olympic National Park an einem äußerst gepflegten Campingplatz eintrafen: Hier war alles picobello, der Rasen frisch gemäht, die Linien auf dem Parkplatz noch glänzend weiß und alles so ordentlich, wie sonst nur in Doris Day-Filmen. Der Ranger, nachdem er gemerkt hatte, dass ich keine Amerikanerin bin, sprach äußerst langsam mit mir, unterstrich die Erklärung des Reservierungsvorgangs, indem er mir einen Zettel mit dem Wort „Reserved“ vor die Nase hielt und verzog bei all dem keine Miene. Dass sein Name auch noch dem des Mannes ähnelte, der damals Polanskis Frau Sharon Tate ermordete, ließ uns regelrecht frösteln. Als er am nächsten Tag erneut sorgsam den Rasen auf seiner Mähmaschine trimmte, versteckten wir Fiona vorsichtshalber vor seinen Blicken.

Fernsehen wird draußen erst schön
Die Tendenz zu Größenrekorden gibt es auch bei Campern: Unsere siebeneinhalb Meter halten zwar trefflich als Fionas Abenteuerspielplatz her, sind aber regelrecht lächerlich im Vergleich zu den Gefährten, mit denen viele  Amerikaner anrücken und die an Tourbusse von Rockbands erinnern. Mit diesen Ungeheuern passen sie natürlich in keinen kleinen Naturpark, sondern nur auf jene teuren privaten Plätze, die zwar eher unattraktiv, dafür aber mit jeglichem Komfort ausgestattet sind. So sahen wir eine Familie die, umgeben von Wald, Spielplatz und Swimmingpool, all dies missachtete, zwar ein Feuer anzündete (unerlässlich!) – dafür aber lieber einträchtig von draußen auf den Flachbildfernseher sah, den man selbstverständlich aus dem Camper herausfahren konnte.

Herrlich skurril mögen es einige Hundebesitzer. Freundlichst unterhielten wir uns mit unseren Nachbarn auf einem idyllischen Campingplatz in Washington (nicht DC), ein älteres Ehepaar, das schon 48 von 50 US-Staaten bereist hatte. Doch eben jene Leute, die gerade noch interessante Details zum amerikanischen Bildungssystem preisgegeben hatten, ließen uns an jener seltsamen Szene teilhaben: Der Mann sagte zu seiner Frau, er mache noch einen kleinen Spaziergang und ging los. Die beiden Dackel aber, die sie dabei hatten, durften nur zusehen – von einem kleinen Gitterparcours aus, der extra für sie errichtet wurde.

Heute haben wir diese Liebe zur Eingrenzung dann in puristischer Reinform erlebt: Wir fuhren umher, einen Stellplatz suchend. Dabei sahen wir eine Frau und einen Mann. Sie lächelten uns freundlich an, das Feuer knisterte neben ihnen fröhlich. Um sie herum aber, da glänzte, recht  eng gefasst  – ein hüfthoher Stahlzaun. Ohne Hund wohlgemerkt.

Ach ja, vielleicht, wer weiß, ist es neben der Naturnähe genau das, was Campen ausmacht: Diese wundersamen, herrlichen Begegnungen.