Buchheim hält Gerichtstag ab – „Boot“-Autor drehte eigenen Dokumentarfilm über den U-Boot-Krieg

Von Bernd Berke

„Den einzelnen Kriegsteilnehmer glorifizieren, die Verführer aber dekuvrieren“ (aufdecken, entlarven) – dieses fürwahr zwiespältige Ziel hat sich Lothar-Günther Buchheim, derzeit wegen des „Boot“-Dreiteilers in aller Munde, gesetzt – für seine Dokumentation „Zu Tode gesiegt“ (WDF, 22.15 Uhr).

Buchheim gibt hier vor allem einer (Un-)Person die Schuld am Untergang der deutschen U-Boot Flotte und am Tod vieler tausend Soldaten im 2. Weltkrieg: Großadmiral Dönitz, dem Befehlshaber des Seekriegs. Sobald Buchheim, der zwischen den dokumentarischen Teilen immer wieder mal in Strickjacke an seinem Schreibtisch gezeigt wird, auf „den Totmacher“ Dönitz zu sprechen kommt, entlädt sich sein ganzer bebender Zorn. Vorbei ist es dann mit der scheinbaren Gemütlichkeit am Schreibtisch. Buchheim, im Innersten verwundet, hält Gerichtstag.

Die Dokumentation war fester Bestandteil des Vertrags zwischen Buchheim und der ARD. Wird das „Boot“ ausgestrahlt, so der Autor, dann darf eine ergänzende Recherche im historischen Umfeld nicht fehlen. An diesem Anspruch, um dessen Erfüllung sich Buchheim freilich nur zu später Stunde in den dritten Programmen bemühen kann, muß „Zu Tode gesiegt“ gemessen werden. Und da stellen sich bei mir Bedenken ein.

Immer wieder muß Buchheim während des Films Abbitte dafür leisten, daß die Bilder niemals den vollen Schrecken des Krieges wiedergeben können. In der Tat: Oft ist das schiere Gegenteil der Fall. Da dokumentarische Aufnahmen vom U-Boot-Krieg mangels Alternative meist aus propagandistisch vorgefiltertem Materiai stammen, gehorchen sie einer „Ästhetik“, die sich am blanken Stahl und dessen Zurichtung zu technischer Perfektion berauscht.

Man muß Buchheim zugute halten, daß er diese Schwächen selbst benennt und auch nicht mit dem Eingeständnis hinter dem Berg hält, heute noch seltsam fasziniert zu sein, wenn er Bilder vom U-Boot-Krieg sieht. Er hätte es allerdings kaum aussprechen müssen. Beredt nämlich ist, was er da ins Unreine spricht. Ungebrochen verwendet er den Begriff des „Helden“, der so manche Geleitzugschlacht geschlagen habe. Wie von einer Obsession geleitet, spricht er von „Prankenschlägen“, die die See austeile, spricht er gar von der „Natur“ eines Waffensystems und nennt einen altgedienten U-Boot-Kommandanten „einen alten Barsch“. Der Krieg ein Naturereignis, gesteigertes Lebensgefühl in der Hölle?

Buchheim, so zeigt sich, ist immer noch zutiefst betroffen und ‚besessen von „seinem“ Thema. Daher ist „Zu Tode gesiegt“ nicht so sehr Dokumentation als bewegendes, grundehrliches Bekenntnis. Ungeglättet wie die rauhe See, läßt der Film aber wenig Raum für gedankliche Distanz und Klärung.




Buchheim schimpft über ARD: Petersens „Boot“-Mehrteiler ist wie „Krieg zum Knabbergebäck“

Von Bernd Berke

Köln. Lothar-Günther Buchheim, Hansdampf in allen Gassen des Medien- und Kulturbetriebs und bekanntermaßen streitbarer Geist, macht wieder einmal lautstark von sich reden. Bei Gelegenheit der gestrigen Pressevorführung seiner Dokumentation über die U-Boot-Schlachten im Zweiten Weltkrieg (Titel: „Zu Tode gesiegt“), polterte Buchheim los: „Man hat es wieder einmal fertiggebracht, eine wichtige Sendungin die Spätschiene der Dritten Programme zu verbannen. Zu diesen Sendezeiten gucken doch nur noch ein paar verrückte Intellektuelle zu.“

Buchheim hat seine 90minütige Dokumentation als „Gegengewicht“ zur Ausstrahlung des Dreiteilers „Das Boot“ (ARD, ab 24. Februar; von Wolfgang Petersen nach dem gleichnamigen Buchheim-Roman gedreht) gedacht. Nun fürchtet er, daß der Spielfilm einem Millionenpublikum „den Krieg frei Haus liefert, zum Knabbergebäck“, während die historischen Hintergründe nur einer verschwindenden Minderheit nahegebracht würden.

Mutmaßte Buchheim: Es gebe bestimmt massive Interessen, das Programm so zu gestalten, denn schließlich werde auch heute mit dem U-BootBau Geld verdient. Einer solchen „Verschwörungstheorie“ widersprach unter anderem Günther Witte, Leiter der WDR-Fernsehspielredaktion, entschieden: Die Dokumentation laufe auf dem üblichen Fernsehspiel-Termin des 3. Programms.

Buchheim hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, daß er die Petersen-Verfilmung für wenig gelungen ansieht. Insgesamt halte er die Femsehfassung aber für besser als den Kinofilm, gestand er zu. Buchheims Dokumentation „Zu Tode gesiegt“ (am 4. März um 22.15 Uhr im WDF) ist eine sehr beeindruckende, persönlich geratene Abrechnung mit den grausamen Praktiken des U-Boot-Kriegs und besonders mit dessen Befehlshaber, Admiral Dönitz.