Viel Porto fürs Schneckentempo: Wie die Deutsche Post Bücher befördert

Immer nur auf der Deutschen Bahn herumzuhacken, das ist doch öde. Zwischendurch muss man auch mal auf die Telekom oder auf die Deutsche Post einsticheln. Wohlan denn!

Da habe ich doch vorhin eine Büchersendung zum Postamt gebracht. Aufregend, nicht wahr? Was ich freilich bisher nicht gewusst habe: Wenn man auf die Büchersendung auch „Büchersendung“ draufschreibt (Voraussetzung: Sie muss dann mit einem schnellen Griff zu öffnen sein – Gibt’s da etwa Stichproben auf den Inhalt?) und redlich sein ermäßigtes Porto bezahlt, verwirkt man damit die Aussicht auf normale Beförderung.

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Vollends abstrus wird der Vorgang, weil – wie man mir am Schalter erläuterte – der Postbote am Zielort die Sachen herausfischt, die mit ermäßigtem Porto versehen sind, um sie für den nächsten oder übernächsten Tag beiseite zu legen.

Das heißt, der Zusteller macht sich eigens Sortierarbeit, um hernach etwas n i c h t gleich weiterzubefördern. Nach dem Verständnis der Post (offiziell ein Dax-Unternehmen, im Wesenskern noch immer eine Behörde) handelt es sich bei Büchersendungen quasi um unterbezahlte Fracht. Die wird nur dann einigermaßen zügig zugestellt, wenn im Bezirk sonst nicht viel anliegt.

Aus dem Tagebuch einer Schnecke: Während sich die Post seit Jahr und Tag viel auf ihre Formel „E plus 1“ (Sendung soll einen Tag nach Einlieferung am Bestimmungsort ausgehändigt werden) zugutehält, können solche Büchersendungen in Deutschland bis zu vier (!) Werktage unterwegs sein oder genauer gesagt: vor allem herumliegen.

So ist das also, wenn die Post einem die Gnade einer Ermäßigung gewährt. Dann signalisiert sie einem: Du verschickst ja nur Bücher. Ist doch zweitrangig, wann die ankommen.

Nachtrag am 27. August 2013 / Helvetische Episode

Als ich die vorherigen Absätze geschrieben habe, wusste ich noch gar nicht, was wirklich teuer und langwierig ist.

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Heute habe ich ein Buch in die Schweiz versendet. Die Adressatin hatte per Überweisung 10 Euro fürs Porto vorgelegt, was ich überreichlich fand. Bei der Post wurde ich eines Schlechteren belehrt. Dort wollte man mir für das knapp über 1 Kilogramm schwere Päckchen 15,90 Euro (!) abknöpfen. Nach langem Hin und Her schlugen sie in ihren Bestimmungen nach und boten an, eine internationale Büchersendung für 11 Euro auf den Weg zu bringen – allerdings wiederum mit der Maßgabe, dass dies ja eigentlich „unterbezahlt“ sei und daher eventuell langsamer ausgeliefert werde.

Und jetzt ratet, wie lange eine solche Sendung ins Nachbarland Schweiz unterwegs sein kann. 3 Tage? 5 Tage? 7 Tage? 10 Tage?

Alles falsch. Bis zu 14 Tage! Und dafür wollen sie 11 Euro haben.

Halten zu Gnaden, aber: Die spinnen, die Postler!




„Unaufgeregteste Großstadt“ der Republik oder etwa doch ein Provinznest?

Abseits des Fußballs gibt es immer wieder Anlässe, sich über Verhältnisse in Dortmund aufzuregen.

Stichwort neonazistische Umtriebe. Stichwort Verwahrlosung und Laden-Leerstände bis in die Innenstadt hinein. Stichwort desolate Zustände in Teilen der Nordstadt. Ach, ich werde des Aufzählens müde.

Da können Lokalpolitiker und harmoniegeneigte Lokalpresse (also praktisch nur noch die Ruhr Nachrichten) noch so jubeln oder beschwichtigen: Diese finanziell gebeutelte Kommune droht in vielen Bereichen dauerhaft auf den absteigenden Ast zu geraten.

Abriss des ehemaligen Gymnasiums an der Dortmunder Lindemannstraße (Foto: Bernd Berke)

Abriss des ehemaligen Gymnasiums an der Dortmunder Lindemannstraße (Foto: Bernd Berke)

Nicht nur Lokalpatrioten widerstrebt überdies jedes Ranking, bei dem Dortmund schlecht abschneidet – und das kommt oft genug vor, sei’s bei Statistiken aus dem Bildungsbereich, bei Einkommenstabellen oder Arbeitslosenzahlen.

Ein neueres Beispiel einer solchen Liste kommt von der Job- und Karriere-Plattform „Xing“, die unter ihren Mitgliedern eine (freilich alles andere als repräsentative) Umfrage veranstaltet hat.

Gerade mal 845 Nutzer haben daran teilgenommen. Piepegal. Daraus lassen sich trotzdem knackige Ergebnisse filtern und dann kraftvoll ausposaunen. Man nehme also die zwölf einwohnerstärksten Städte Deutschlands und frage, in welchem Ort der Xingler (oder Xingling, Xingle?) gern bzw. ungern arbeiten würde. Und welche Weltsensation kommt heraus? In Front liegt Hamburg (hier wollen 42% gern arbeiten) vor München, Berlin, Köln und Stuttgart; am schäbigen Ende rangiert Essen (48 Prozent winken ab) vor Dortmund, Leipzig, Dresden und Frankfurt. Na klar. Immer mal wieder feste druff auf Ruhris und Ossis.

Zuweilen glaubt man allerdings tatsächlich, dass Dortmund mit seinen rund 580 000 Einwohnern Züge eines Provinznestes hat. Wollte man’s positiv wenden, so kramte man die gute alte Formulierung aus der Wochenzeitung „Die Zeit“ hervor: Dortmund sei die „unaufgeregteste Großstadt der Republik“, hieß es dort mal vor Jahr und Tag. Der Satz gilt, mit einer Prise Ironie gesprochen, heute noch.

Und wo hätte ich nun neuerdings Kennzeichen der Provinzialität entdeckt? Dazu zwei vermeintlich unscheinbare, doch kennzeichnende Beispiele.

Beispiel 1: In der ganzen großen Stadt findet sich freitags kein einziger Briefkasten, der noch nach 19 Uhr geleert würde – auch nicht an der Hauptpost. Man muss statt dessen in sehr entlegene Ecken von Hagen oder Essen (exotischer Ortsteil Vogelheim) fahren, um dann noch dringliche Post loszuwerden. Eine Angelegenheit der Deutschen Post, gewiss. Und nicht ganz so ärgerlich wie der schlampige Umgang der Deutschen Bahn mit dem Dortmunder Hauptbahnhof. Aber immerhin.

Briefkasten mit freitäglicher Abendleerung - weit draußen in Hagen. (Foto: Bernd Berke)

Briefkasten mit freitäglicher Spätabendleerung – weit draußen in Hagen. (Foto: Bernd Berke)

Beispiel 2: Am allzeit defizitären Dortmunder Flughafen, der vor allem Billigflieger-Verbindungen nach Osteuropa offeriert, sich als internationaler Airport versteht und derzeit versucht, das Nachtflugverbot aufzuweichen, leistet man sich einen geradezu lächerlichen Service-Mangel. Auf der Besucherterrasse, die viele Menschen mit ihren Kindern aufsuchen, ist kein einziges Kindergericht erhältlich. Ja, die Betreiber sehen sich nicht einmal in der Lage, einfach mal kleinere Portionen für kleinere Leute zu servieren. Das ist eine ähnliche Negativwerbung wie hie und da im Westfalenpark, wo an bestimmten Punkten oft die geringsten Bedienungsstandards missachtet werden. Genau dort, wo die meisten Gäste von außerhalb auftauchen, zeigt man sich besonders unwillig.

Wenn wir schon mal beim Querulieren sind, sei nun auch noch dies angemerkt: Dortmund ist nicht grade reich an historischem Baubestand. Da wiegt es schon doppelt schwer, dass jetzt an der Lindemannstraße das einstige Königliche Gymnasium (später Kaserne, Staatliches Gymnasium, Lehrerseminar) aus dem Jahr 1907 kurzerhand abgerissen wurde, um einem ein ziemlich gesichtslosen Wohn- und Geschäftshaus mit dem superschicken Namen „Four Windows“ Platz zu machen. Die lokal leider konkurrenzlosen Ruhr Nachrichten vermelden den baulichen Verlust ohne kritischen Unterton. Man wird doch keine Investoren verschrecken wollen…

Ja, ich gebe zu, dass ich mich mit dem Bauwerk auch persönlich verbunden fühle. Ich bin in der parallel laufenden Arneckestraße aufgewachsen. Der Balkonblick über den begrünten Hinterhof fiel auf den mächtigen Giebel und den klassisch gegliederten Baukörper des damaligen Gymnasiums. Damit verschwindet also auch wieder ein Stück der Kindheit. Als ich jetzt dort Fotos vom Abriss gemacht habe, kam gleich jemand auf mich zu und sagte: „Das da tut mir in der Seele weh. Hier bin ich zur Schule gegangen.“ Worauf ein längeres, recht einvernehmliches Gespräch über Dortmunder Defizite folgte.

Unabhängig davon frage ich mich, ob die Denkmalschützer hier nichts Erhaltenswertes gesehen haben und warum ausgerechnet die Bewohner des umliegenden, linksliberal und grün-alternativ geprägten Kreuzviertels (mit Abstrichen: Dortmunds „Prenzlauer Berg“) in dieser Angelegenheit still und stumm geblieben sind.

Warum wohl trifft es viele so hart, wenn einer wie Mario Götze den Lockungen aus München folgt? Weil es hier manchmal doch etwas trist wäre, wenn wir den Fußball und den jetzt so grandiosen BVB nicht hätten! Na gut: Und noch ein paar andere herrliche Sachen.