Zwischen Leid und Auferstehung – Zum 80. Geburtstag des Malers Herbert Falken

Ein Selbstbildnis Herbert Falkens aus dem Bestand des Museums am Dom Würzburg. Foto: Museum

Ein Selbstbildnis Herbert Falkens aus dem Bestand des Museums am Dom Würzburg. Foto: Museum

Nein, mit „christlicher Kunst“, wie sie von frommen Vereinigungen betrieben wird, wollte Herbert Falken nichts zu tun haben. Von diesem Begriff hat er sich immer distanziert – obwohl er Priester der römisch-katholischen Kirche ist. Er malte auch wenig für Kirchen; die meisten seiner dunkel-grüblerischen, anspruchsvoll-anstößigen oder auch virtuos hingezeichneten Bilder und Grafiken hängen in Museen. Ein „Malerpriester?“ Nein. Aber ein Maler und ein Priester mit Herz und Seele. Zu beidem hat er sich berufen gefühlt, und darunter oft gelitten. Am 11. September wird Herbert Falken 80 Jahre alt.

1932 in Aachen geboren, kam Falken schon als Jugendlicher, dann über eine Lehre als Reklamemaler und über autodidaktische Studien zur Kunst. 1952 wurden Werke Falkens erstmals in einer Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen gezeigt. Die Teilnahme an der Documenta VI (1977) machte ihn überregional bekannt.

Anlässlich seines Geburtstags wird der Maler, Grafiker und Zeichner mit zahlreichen Ausstellungen geehrt. Er gehört zu den prominenten deutschen Vertretern einer christlich inspirierten Kunst. Im Mittelpunkt steht der Mensch, in seiner Abgründigkeit, Verletzlichkeit, Größe und Hinfälligkeit: Auf der einen Seite Abbild Christi, auf der anderen der Erlösung bedürftig.

Herbert Falken ist Priester (1964 geweiht) und war lange als Seelsorger tätig, zuletzt in der Pfarrei St. Josef in Stolberg-Schevenhütte. Die Pfarrkirche besitzt einen Kreuzweg aus seiner Hand (1985) – und einen Zyklus von Glasfenstern von Georg Meistermann, den Falken nach dessen Tod 1990 weitergeführt hat. Heute lebt der Künstler nahe des langjährigen Wohnsitzes seines Freundes Heinrich Böll in Kreuzau-Langenbroich. Aus gesundheitlichen Gründen ist er nicht mehr künstlerisch aktiv.

In der Katholischen Akademie in München zu sehen: Herbert Falken, "Ohne Titel" (2009). Foto TreitnerDesign/Katholische Akademie Bayern

In der Katholischen Akademie in München zu sehen: Herbert Falken, "Ohne Titel" (2009). Foto TreitnerDesign/Katholische Akademie Bayern

Am 11. September 2012 findet um 19 Uhr die Vernissage einer Ausstellung in der Katholischen Akademie Bayern statt. Bis 13. November sind im Kardinal Wendel Haus im Münchner Stadtteil Schwabing grafische Werke zu sehen. Parallel dazu eröffnet die Galerie der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst ihre neuen Galerieräume in der Münchner Türkenstraße – gegenüber der Pinakothek der Moderne – am 14. September mit einer Ausstellung „Herbert Falken. Malerei und Zeichnungen“.

Ab 15. September zeigt „Kolumba“, das Kunstmuseum des Erzbistums Köln, im Rahmen seiner 6. Jahresausstellung dreizehn großformatige Bilder aus 25 Schaffensjahren Falkens im zentralen Ausstellungsraum 13. Die neue Ausstellung „Art is Liturgy. Paul Thek und die Anderen“ widmet sich vor allem dem 1988 gestorbenen Amerikaner Paul Thek. Falkens Bilder sind eine der Werkgruppen, die sich im Dialog mit Theks Arbeiten dem Verhältnis von Liturgie und Kunst nähern. Andere gezeigte Künstler sind Rebecca Horn, Chris Newman und der Kölner Künstler Michael Buthe (1944 bis 1994).

Eine Studie Falkens zur unvollendeten "Pietá Rondanini" Michelangelos. Foto: Museum Kolumba Köln

Eine Studie Falkens zur unvollendeten "Pietá Rondanini" Michelangelos. Foto: Museum Kolumba Köln

Das Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen hat eine Reihe bedeutender Schöpfungen Falkens in seinem Bestand, unter anderem den 1968/69 entstandenen Zyklus „Scandalum Crucis“. Am 16. September gibt der Aachener Kunstverein im Kaminsaal des Museums einen Empfang zu Ehren des Jubilars. Das Bistum Aachen ehrt seinen ehemaligen Beauftragten für Kunst mit einer Ausstellung in der Bischöflichen Akademie in Aachen. Dort wird ab 4. November neben anderen Werken aus dem Besitz der Bildungseinrichtung der Zyklus „Apokalypse“ aus dem Jahr 1961 gezeigt. Er gilt als einer der Hauptwerke von Herbert Falken.

Auch die Akademie Franz Hitze Haus in Münster zeigt Arbeiten von Herbert Falken in einer Ausstellung, die am 27. November, 20 Uhr, eröffnet wird. Sie zeigt Arbeiten auf Papier aus den letzten dreißig Jahren.

Bereits seit Juni ist im Leopold-Hoesch-Museum und Papiermuseum Düren eine Hommage an Herbert Falken zu sehen. Dort hatte er schon 2007 aus Anlass der Verleihung des Kunstpreises des Kreises Düren eine Einzelausstellung. Die künstlerischen, theologischen und autobiografischen Bedeutungslinien, die sich in Falkens Werk kreuzen, sind Thema eines „Museumsdialogs“ im Leopold-Hoesch-Museum am 8. November, 19 Uhr, mit Museumsdirektorin Renate Goldmann.




Chiffren der Leiblichkeit – Rosemarie Trockels Paare

Von Bernd Berke

Düren. „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei“, heißt es schon in der Bibel. Daß der junge Mann alsbald sein Elternhaus verlassen und „einem Weibe anhangen“ werde, ist gleichfalls in der Heiligen Schrift überliefert. Mit Freuden und Leiden der Paarwelt haben sich seitdem Heerscharen von Künstlern befaßt.

Letztgültige Auskunft ist auf diesem Gebiet natürlich nie zu erhoffen. Drum ist’s ja ein ewiges Thema. Mit ihrer Ausstellung „Paare“ reiht sich denn auch die 1952 in Schwerte geborene documenta-Teilnehmerin Rosemarie Trockel (die in Düren just den mit 25 000 DM dotierten Preis der Günther-Peill-Stiftung erhält), in die Phalanx der Fragenden ein. Doch sie fragt so nachdrücklich wie nur wenige.

Der Mensch als kuschelndes, kosendes Wesen

Die ausgestellten Fotografien und Zeichnungen sowie ein Videofilm zeigen immer wieder Paare, Paare, Paare; meist in der landläufigen Version weiblich – männlich, im Einzelfalle gleichgeschlechtlich. Auf den Fotos sind sie durchweg nackt und in mancherlei Positionen der Nähe und Umschlingung zu sehen. Der Mensch als kuschelndes, kosendes Wesen. Auf Gedeih und Verderb.

So illusionslos genau und an entscheidenden Punkten doch diskret ist der Blick, daß er jeden Voyeurismus weit hinter sich läßt. Genitalien bleiben verborgen. Es geht hier ja auch weniger um erotisches Verlangen, erst recht nicht um sexuelle Turnübungen, sondern vielmehr um das Aufspüren und Festhalten kostbarer Momente menschlicher Intimität überhaupt. Die drückt sich eben mit Haut und Haaren, Gesten und Gliedmaßen aus – und sie wirkt in der Summe wie eine Geheimschrift der Leiblichkeit. Es sind Chiffren einer Sprache, die uns zutiefst berührt.

Selig, zärtlich – und schon preisgegeben

Kostbare Momente allein? Das nun auch wieder nicht. Die geradezu schmerzhaft deutlich von einer konkreten Umgebung freigestellten, ins umgebende Weiß „ausgesetzten“ Leiber dürften, all ihrer innigen Zweisamkeit zum Trotz, auch gemeinsam vereinzelt oder gar gefährdet sein. Dabei hat doch Rosemarie Trockel, in deren Bildern sich Furcht und Hoffnung genau die Waage halten, nur frischverliebte Paare für ihre Studien ausgesucht. So selig, so zärtlich – und schon so preisgegeben.

In den Zeichnungen führt Rosemarie Trockel das Thema weiter. Seltsame Mutationen, Durchdringungen und Symbiosen sind zu besichtigen. Mann und Frau sind beispielsweise durch ein gemeinsames Ohr miteinander verbunden, oder sein Bartwuchs geht unmittelbar in ihren Haarschopf über. Beide wirken nicht liebend verdoppelt, sondern jeweils wie versehrt. Andere Männerfiguren tragen die Bildnisse ihrer Partnerinnen als unabweisbare Brandzeichen des Schicksals auf den Körpern – übermächtige Bindungskraft, die eine Art Resignation nach sich zieht.

Und die Alternative? Mindestens ebenso schmerzlich: „I am alone“ (Ich bin allein / einsam) lautet der Aufdruck auf dem T-Shirt eines Mannes mit leerem Blick. Kein selbstbewußter Single, fürwahr. Eine durch ein stilisiertes Schlüsselloch gesehene Frau hat derweil ihren Pulli vorn hochgekrempelt: „I love my…“ steht darauf – und gleich unter dem Schriftzug wogen ihre Brüste. Traurige, absurde Niederungen der Selbstanpreisung auf dem Liebesmarkt…

Rosemarie Trockel: „Paare“. Leopold-Hoesch-Museum. Düren, Hoeschplatz. Bis 30. Juli, Mi-So 10-13 und 14-17 Uhr, Di 10-13 und 14-21 Uhr.