Kunstszene am Rhein präsentiert sich: 50 Galerien beim „DC Open“ ab 6. September

Ein feines Kunst-Event, vor allem für Freunde zeitgenössischer Kunst, findet in diesem Jahr zum fünften Mal statt: Zum „DC Open“ schließen sich 50 Galerien aus Düsseldorf und Köln zusammen, um die Saison mit einem Wochenende zu eröffnen. Der Ausstellungs-Parcours soll die künstlerisch spannende Region vorstellen und knüpft an die Sammler- und Sammlungstradition im Rheinland an. Die Galerierundgänge, erleichtert durch einen Shuttle-Service zwischen den beiden Städten, beginnen am Freitag, 6. September, 18 Uhr.

Nach einem erfolgreichen Start im letzten Jahr bietet DC Open auch in diesem Jahr wieder ein breit angelegtes Programm an Kuratoren- und Sammlerführungen. Eingeladen sind 2013 die Museumsvereine der Umgebung, dazu Ausstellungsmacher, Kunsthistoriker und Sammler schwerpunktmäßig aus Warschau und Istanbul. Geplant ist der Besuch von Galerien, Künstler-Präsentationen und Privatsammlungen. Somit ist DC Open nicht nur ein Wochenende für Kunstinteressierte, sondern auch ein internationaler Treffpunkt für Profis aus der Kunstszene.

Einige Beispiele: Die Galerie Kaune, Posnik, Spohr in der Albertusstraße in Köln zeigt unter dem Titel „Excerpts from Silver Meadows“ Fotos des Amerikaners Todd Hido. Die Bilder, die bis 29. November zu sehen sind, beziehen sich auf eine reale Straße in Kent in Ohio, wo der Künstler seine Kindheit verbrachte.

Benedikt Hipp: "In der folgenden Betrachtung wird vorausgesetzt der Körper sei eindimensional". Bild: Courtesy Galerie Kadel Willborn

Benedikt Hipp: „In der folgenden Betrachtung wird vorausgesetzt der Körper sei eindimensional“. Bild: Courtesy Galerie Kadel Willborn

Hido hält jedoch nicht die – nicht mehr existierende – Vorstadtwelt der siebziger und achtziger Jahre fest, sondern fotografiert Orte, die ihn an diese nicht mehr betretbare Kindheitswelt erinnern. Entstanden sind sinnlich-expressive Bilder, geheimnisvolle Landschaften, ambivalente Porträts junger Frauen. Hido ist 1968 geboren, studierte an der „Boston School of the Museum of Fine Arts“ und der Tufts University. Seine Arbeiten werden weltweit gezeigt; der Künstler lebt in der San Francisco Bay Area.

In Düsseldorf zeigt Kadel Willborn an seinem Sitz in der Birkenstraße bis 12. Oktober Arbeiten von Benedikt Hipp: neue kleinformatige Gemälde in hellen Farbtönen und Zeichnungen mit Collagen-Einsprengseln sowie installative Arrangements aus Elementen wie Plastiken, Readymades und objets trouvés. Der 1977 in München geborene Künstler konnte sich seit 2004 in mehreren Einzelausstellungen vorstellen, ist aber für die Rhein-Ruhr-Region ein „Newcomer“.

Bei conrads in der Düsseldorfer Lindenstraße ist Kunst mit differenzierten Bezügen zu Politik, Kunst-, Architektur- und Mentalitätsgeschichte zu erleben: „Great Nature®“ zeigt Arbeiten von Blaise Drummond – etwa das Bild „When the Cathedrals were White“. Im Titel greift er eine Schrift des Architekten Le Corbusier auf, im Bild interpretiert er Camille Corots Gemälde „Chartres Cathedral“. Drummonds Bilder oszillieren – so die Galerie in ihrer Mitteilung – zwischen dem Scheitern der Ideale und dem Wunsch nach einem Neubeginn. Der Architektur stehe in den Bildern die Natur gegenüber – in einer fragmentarischen Repräsentation und auch als Element des Konflikts und des Widerspruchs. Die Ausstellung ist bis 19. Oktober zu sehen.

Matthias Danberg, Zahnrad, C-Print, 2013, courtesy Galerie Voss, Düsseldorf

Matthias Danberg, Zahnrad, C-Print, 2013, courtesy Galerie Voss, Düsseldorf

Die Galerie Voss, Mühlengasse, Düsseldorf, lässt sich mit Arbeiten von Matthias Danberg auf einen Künstler ein, der vor allem am Computer arbeitet. Danberg zielt auf Schichten historisch-kultureller Entwicklung, verarbeitet sie in einer narrativen, metaphorischen Bildsprache. „Seine künstlerische Strategie changiert dabei zwischen der kalten Simulationsästhetik des Virtuellen auf der einen Seite und der subjektivindividuellen Gestaltungskraft eines tendenziell anachronistischen und damit widerständigen Künstlerverständnisses auf der anderen“, heißt es in der Pressemitteilung der Galerie. Danberg hat in Dortmund und Münster Philosophie und Kunst studiert. Er lebt in Düsseldorf.

Fünf neue abstrakte Skulpturen des Mexikaners José Dávila zeigt die Galerie Figge von Rosen in der Aachener Straße in Köln unter dem Titel „Das muss der Ort sein“. Gezeigt werden auch einige seiner „cut-outs“, Fotodrucke, in die weiße Leerstellen geschnitten sind. Dávila, 1974 in Guadalajara geboren, hatte zahlreiche Einzelausstellungen weltweit. Schon 2011 zeigte die Galerie Figge von Rosen Arbeiten von ihm unter dem Titel „Nowhere Can Be Now Here”.

Jeff Cowens fotografisches Werk bewegt sich zwischen abstrakten, malerischen Kompositionen, Motivcollagen und subtil verfremdeter Porträtfotografie. Der 1966 in New York geborene Künstler wurde bereits 2012 vom Kunsthandel Michael Werner präsentiert. Zum DC Open sind nun neueste Arbeiten Cowens in der Kölner Gertrudenstraße ausgestellt. Zu der Schau erscheint ein Katalog. Bis 26. Oktober sind die Werke zu sehen, die das weite Feld bildnerischen Arbeitens in der Fotografie ausmessen.

Ganz „klassisch“ dagegen präsentiert sich die Galerie Boisserée in der Kölner Drususgasse: Sie zeigt bis 2. November Skulpturen, Radierungen, Lithografien und Arbeiten auf Papier des in Brühl geborenen Max Ernst (1891 bis 1976). Zu dieser Ausstellung erscheint ein 160seitiger Katalog mit einem Text von Jürgen Pech, wissenschaftlicher Leiter des Max Ernst Museums Brühl. Er ist zum Preis von 20 Euro auch per Postversand von der Galerie erhältlich.

Die DC Open 2013 findet vom 6. bis 8. September statt. Die beteiligten Galerien sind am Freitag, 6. September, ab 18 bis 22 Uhr geöffnet, am Samstag von 12 bis 20 Uhr, am Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Am Samstag, 7. September verkehrt ein Shuttle-Bus zwischen Köln (Rudolfplatz/Barcelò Hotel) und Düsseldorf (Grabbeplatz/Hermannplatz). Er verlässt Köln um 13, 16, 19 Uhr und Düsseldorf um 12, 15, 18 Uhr. Information: www.dc-open.de




Bis an die Grenzen der Sichtbarkeit – Bilder und Neon-Arbeiten von Günter Dohr in Lüdenscheid, Wilnsdorf (und Dortmund)

Von Bernd Berke

Lüdenscheid/Wilnsdorf. „Es werde Licht!“ dachte Günter Dohr, als er 1969 mit zehn Kollegen den gesamten „Ruhrschnellweg“ zwischen Duisburg und Dortmund künstlerisch markieren wollte. Doch der Neon-Künstler und all die anderen kamen damals nicht zum Zuge. Das weltweit einmalige Projekt wurde, aus Gründen der Verkehrssicherheit, politisch gebremst.

Der in Duisburg lebende Dohr (56) indessen ist dem flüchtigen Wesen des Lichts treu geblieben. In der Stadtgalerie Lüdenscheid wird jetzt ein Ausschnitt aus seiner neuesten Produktion gezeigt: Licht-Malerei, die aufs Innigste mit seinen Neon-Objekten zu tun hat.

Mit Acrylfarbe in den Tönen „Lascaux Oxidschwarz“ und „Titanweiß“ erzielt Dohr eine Vielfalt von Wirkungen, die sich keinesfalls in buchstäblichem Schwarz-Weiß erschöpfen. Die lichten Erscheinungen, mit Wasser schlierenhaft aufgehellt, schimmern zuweilen nicht nur in allen Graustufen, sondern auch bräunlich oder bläulich. Es ist. als entstiegen diese Farben dem puren Nichts.

Bekanntlich sind weder Schwarz noch Weiß veritable Farben, sondern eigentlich Rand- und Grenzphänomene der Sichtbarkeit. Genau da liegt ein geheimes Zentrum dieser Bildwelt, die sich dem Blick zugleich anbietet und sanft entzieht. Sehen oder Nichtsehen – das ist hier die Frage! Freilich: Nicht als Entscheidung pro oder kontra, sondern als gleitender Prozeß mit Zwischentönen.

Dohrs Bilder entstehen spontan, gleichsam in einem Anlauf. Da muß man vorher ziemlich genau wissen, was man will. Kalkül (und technisches Know-how) stecken noch deutlicher in Dohrs Neon-Objekten. Die ambitionierte Jordan Galerie in Wilnsdorf (bei Siegen) wirkt seit Mitte des Jahres in der Diaspora, fernab von allen Kunstzentren. Hier wird ein kleiner Querschnitt durch Dohrs Arbeiten der letzten Jahre gezeigt – willkommene Ergänzung zur Lüdenscheider Schau. Beispiel: Eine Neon-Installation im Gartenhaus bietet sich dem Betrachter immer wieder anders dar – von außen als einheitliche Farbfläche, von innen als Energiefeld im Widerstreit.

Überhaupt war es das Jahr des Günter Dohr. Gelsenkirchens Museum hat ihm eine Retrospektive ausgerichtet. Derzeit sind auch an zwei Dortmunder Stätten Dohr-Arheiten zu sehen: im Technologiezentrum und in der Galerie Voss (jeweils bis 20. Dezember).

Günter Dohr. Bilder 1992 – Städtische Galerie Lüdenscheid (Alte Rathausstraße). Ab sofort bis 17. Januar 1993, tägl. außer Mo. 11-18, Do. 11-20 Uhr // Günter Dohr: „Licht“, Jordan Galerie, Wilnsdorf/Siegerland (Breitenbachsfeld 7). Ab sofort bis 24. Januar 1993. Mi-Fr 12-18, So 10-13 Uhr.